Sturmauge
weiterführen, mein Lord, denn der Herzog erwartet Euch.«
Drei weitere Männer waren nun in den Stall getreten. Sie wirkten nervös und hatten die Hand am Schwert. Der Herzog von Perlir wurde von zwei stämmigen Leibwachen flankiert, die schlichte Wämser trugen. Isak schätzte sie als eingeschworene Soldaten ein, die für ihre Dienste den Ritterschlag erhalten hatten. Er bemerkte ein blaues, verschlungenes Hautbild am Hals eines dieser Männer. Der Herzog war das genaue Gegenteil seiner Wachen: ein schlanker Mann mit gewichstem Schnurrbart, dessen Kleidung in Rot, Braun und Gold fein genug für einen öffentlichen
Ball erschien. Nachdem er sich einen Augenblick im Stall umgesehen hatte, gab er seinen Wachen ein Zeichen und alle drei nahmen ihre Scheiden ab und knieten zum formellen Gruß vor Isak, wobei die Schwertgriffe auf ihn wiesen.
»Herzog Sempes«, sagte Isak möglichst freundlich. »Danke, dass Ihr gekommen seid. Bitte, erhebt Euch.« Statt ihm die offenen Hände hinzustrecken, umfasste Isak den Unterarm des Herzogs zum Gruß, wofür er einen etwas verwunderten, aber dankbaren Blick erntete.
»Ich danke Euch, mein Lord. Ganz Perlir trauert um Lord Bahl. Er war ein größerer Mann, als manch einer gelten lassen will.«
»Ich trete in große Fußstapfen, das ist sicher«, sagte Isak, verstummte aber, als ein weiteres Trio hereinkam, das von einem Weißauge angeführt wurde, das größer als General Lahk war. Eine missgünstig dreinschauende, rothaarige Frau folgte. Sie war eine Geweihte der Dame, erkannte Isak, als nun der Herzog von Merlat hinter ihr hereinschlüpfte und sich nervös umsah.
Herzog Shorin Lokan wirkte etwas älter als sein Gegenstück aus Perlir und schien ganz anders gebaut. Er war eine watschelnde, ziemlich fette, kränkelnde Kreatur und kämmte sich das spärliche Haar über den Kopf. Haushofmeister Lesarl hatte Isak zwar stets daran erinnert, dass der Mann keineswegs ein Narr war, aber in Isaks Augen sah er so klug aus wie eine Kröte in einem blauen Mantel.
»Herzog Lokan, welche Freude«, sagte er und versuchte dieses Bild aus seinem Kopf zu bekommen.
Der Herzog schaffte es, so weit in die Hocke zu gehen, dass er mehr oder weniger kniete, und hielt nun sein Rapier – das offensichtlich nur der Zier galt – grob in Isaks Richtung.
»Jede Fingerbreit ein Lord«, murmelte Lokan nervös, ließ sich von einer Leibwache aufhelfen und taumelte dabei rückwärts.
»Ihr wirkt wie Lord Bahl, was bei einem so jungen Lord sehr beruhigend ist.«
»Ich danke Euch. Nun, meine Lords, dort drüben gibt es ein Hinterzimmer, in dem wir uns zusammensetzen und einen Becher Wein trinken können. Ich gestehe, dass die Umgebung kaum Eurem Rang angemessen ist, aber der Wein, das kann ich Euch versichern, ist ausgezeichnet.«
Ohne auf eine Antwort zu warten führte er sie an den Kuhställen vorbei zu einer Tür in der Rückwand. Ein Paar großer Öllampen ließ ihr Licht von der anderen Seite durch die Spalte in der Tür scheinen. Ein ganz schlichter Eichentisch, von vier Stühlen umgeben, stand in der Mitte des Raumes. Tila wartete an einer Seite mit einem großen Krug in den Händen.
»Demnach müsst Ihr die Dame Tila sein«, sagte Lokan, der dem Herzog von Perlir in den Raum folgte.
»Das stimmt, mein Lord«, sagte Tila mit erschrockenem Blick und einem Knicks.
»Das habe ich mir gedacht.« Lokan schnaufte tief und ließ sich auf den Stuhl sinken, den Isak für ihn bestimmt hatte. »Meine Frau hat Euren Namen erst heute Morgen verflucht.«
»Eure Frau, mein Lord? Aber ich glaube, ich hatte bisher noch nicht die Ehre, sie …«
»Interessant, nicht wahr? Es war, als hättet Ihr sie irgendwie verärgert, aber da Ihr sie nie zuvor getroffen habt, wüsste ich nicht, wie das geschehen sein kann«, sagte Lokan fröhlich und mit der Andeutung eines Lächelns. »Natürlich ist sie jünger als ich und vor zehn Jahren noch hat man sie als einen guten Fang betrachtet – eine der schönsten Frauen des ganzen Stammes, wisst Ihr? Es liegt ja sicher nur daran, dass Eure Schönheit Ihr diesen Titel abspenstig macht, mehr wird es schon nicht sein. Immerhin habt Ihr sie nicht in irgendeinem Wettbewerb besiegt, oder etwa doch?«
Tila blickte unwillkürlich zu Graf Vesna hinüber, der gerade an der Tür stand und jetzt seine Füße in Augenschein nahm.
»Oh, nun, nein, natürlich nicht«, stammelte sie und knickste erneut, um dann den Becher zu füllen, den ihr Lokan hinhielt. »Ich danke Euch für das
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