Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
Vom Netzwerk:
dass Profitgier den Hochaltar besudelt. Ich kann solche Taten nicht gutheißen, aber Ihr missachtet den Willen des Volkes auf eigene Gefahr. Dieser moralische Verfall muss aufgehalten werden, sonst sind die Götter selbst gezwungen, ihrem Zorn Gestalt zu verleihen.«
    »Und wie soll das geschehen?«
    »Ich habe hier ein Dokument vorbereitet, mein Lord, das Ihr genehmigen mögt.« Echer funkelte zu Isak hoch, als wolle er das Weißauge herausfordern, ihm das Verlangte zu verweigern. »Dieses Dokument wurde von den Lordprotektoren eingesehen, die heute hier sind, und Abschriften sollen in jedem Tempel in Tirah ausgehängt werden.«
    »Ihr steht auf dünnem Eis, Oberster Kardinal«, sagte Lesarl leise. Sein Gesicht war jetzt hart, eisig und konzentriert. »Im selben Atemzug Forderungen zu stellen, in dem Ihr auch Eure militärische Stärke vorführt, könnte man gefährlich leicht für eine beginnende Auflehnung halten.«
    »Meine Pönitenten bilden nur im Glauben eine Armee«, sagte Echer mit einem sanften Lächeln, bei dem es Isak übel wurde. »Wir sind keine Krieger, nur Männer und Frauen, die es danach drängt, die Glorie der Götter zu erhalten.«
    Lesarls Geringschätzung war offensichtlich, als er sagte: »Leute auf offener Straße totzuschlagen, das hat doch nicht das Geringste mit göttlicher Glorie zu tun. Adligen und Magistraten am Gebetstag bewaffnete ›Eskorten‹ an die Seite zu stellen, um sie in
die Tempel zu bringen, sie dort stundenlang gefangen zu halten, während unrechtmäßig Gerichte gehalten werden …«
    »Nur ein Ungläubiger würde unsere Frömmigkeit herabwürdigen, indem er sie so beschreibt«, unterbrach Echer zornig.
    Isak beschloss, dass Lesarl das Feuer nun lang genug geschürt hatte, und hob eine Hand, um den Austausch von nun an zu unterbinden. »Ich dulde hier einen solchen Streit nicht. Euer Schriftstück wird uns viel geben, worüber wir nachdenken können, Euer Eminenz. Ich verstehe, dass Ihr Sorgen habt, und es wird sich auch einiges ändern, aber die Gesetzsprechung obliegt mir – und zwar mir allein. Jeder Priester oder Kardinal, der wie auch immer zu Gericht sitzt – jeder, der nicht ein anerkannter Magistrat ist –, wird verhaftet. Habt Ihr verstanden?«
    Echer zögerte, von der Bereitschaft des Weißauges, einen Kompromiss zu schließen, sichtlich aus der Bahn geworfen. »Natürlich, mein Lord, das Gesetz des Landes soll nicht getrübt werden«, sagte er schließlich. »Wenn es neue Gesetze gibt, durch die das Volk wieder auf den rechten Weg des Glaubens geführt wird, wie sollte ich mich dann darüber beschweren, wer sie durchsetzt? Aber handelt rasch. Ihr werdet mir erlauben, innerhalb der Kulte der Farlan meine Autorität zu nutzen, wie es mein Recht als Leiter der Synode ist. Und, davon gehe ich aus, Ihr seid sicher ebenfalls der Meinung, dass sich diese Befehlsgewalt auch auf alle angeschlossenen Organisationen erstreckt?«
    »Ihr sprecht von den Dunklen Mönchen – der Bruderschaft der heiligen Lehre?«
    »Unter anderem. Wir werden uns nicht mit geheimen Verbindungen abfinden, die vorgeben, fromm zu sein, sich aber keiner Autorität beugen.«
    »Oberster Kardinal«, sagte Isak in ruhigem Tonfall, »unter den Männern des Nartis sind solche Warnungen überflüssig. Bitte bedenkt, dass Ihr über diejenigen wacht, die die Weihe erhalten
haben. Ich hingegen bin der Hirte der frommen Masse, und ich werde meine Pflicht mit großer Sorgfalt erfüllen.«
    Das Ganze widerte Isak an, vor allem die selbstgerechte Art, mit der hier die Macht missbraucht wurde. Lesarl und er hatten dieses Gespräch vorher geprobt, und beim ersten Mal war Isak in Wut geraten, weil der Haushofmeister die Rolle des Obersten Kardinals etwas zu überzeugend gespielt hatte, indem er Komplimente so verdreht hatte, dass sie zu Beleidigungen wurden. Brutale Taten waren als »väterliche Tadel« bezeichnet worden.
    Jetzt fuhr er fort: »Ich werde mein Gebet am Morgen öffentlich verrichten, um damit ein Beispiel für den ganzen Stamm zu geben. Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mir für das Gebet zur Dämmerung im Tempel des Nartis Gesellschaft leisten würdet. Was Gruppierungen wie die Bruderschaft der heiligen Lehre angeht, so habe ich bereits entsprechende Befehle erteilt – ich dulde auch nicht, dass man meine Autorität anzweifelt, genauso wenig wie ich ein fehlgeleitetes Volk dulden werde, das den Willen der Götter in die eigene Hand nimmt.«
    Der Oberste Kardinal senkte den Kopf, aber

Weitere Kostenlose Bücher