Sturmbote
die Männer noch lange nicht für den Kampf bereit sind. Ein Oberst hat zugegeben, dass es nützlich sein könnte, Söldner in unsere Reihen aufzunehmen.«
»Und die anderen?«
Haipar grinste. »Die anderen schimpfen natürlich immer noch deswegen – ich glaube, ich habe einige Male die Worte ›Beleidigung unserer Ehre‹ gehört.«
»Meine Dame«, unterbrach Aras und war so aufgebracht, dass er beinahe stotterte. »Eure Befehle sind für einen Mann des Heeres äußerst beleidigend. Ihr zwingt die Edelsten der Stadt neben einfachen Söldnern zu stehen, Männern, die ihr Schwert dem höchsten Bieter verdingen, ohne über Recht oder Unrecht nachzudenken. Und Ihr bringt Wilde in den Kommandostab, wo sie Adligen Befehle erteilen.«
»Ah, ja, wie machen sich die Raylin in ihrer neuen Stellung?« Während dieser Worte ließ Zhia etwas Magie aus ihren Fingern sickern, um zu prüfen, ob der Zauber noch hielt, dem der Graf unterlag. Es gab hier so viele Magier und Getreue, dass es närrisch gewesen wäre, einfach darauf zu vertrauen – und Zhia Vukotic war keine Närrin.
Haipar kicherte. »Das hängt davon ab, mit wem man spricht. Meine Kumpanen haben viel Spaß daran – Tachos Eisenhaut war ohnehin einstmals ein Soldat mit Befehlsgewalt in der Chetsearmee und mein Freund Matak Schlangenzahn hat seine Griesgrämigkeit abgelegt und wurde zu einem vollendeten General. Bei
den anderen sieht es weniger gut aus. Verens Stab sorgt für Chaos, weil er den Männern das Befolgen jedes religiösen Gebots aufzwingt, das ihm einfällt. Offenbar hat er gestern eine Gefechtsübung unterbrochen und viertausend Mann dazu gebracht, eine Andacht zu halten.«
Haipar brach in lautes Gelächter aus, als sie Zhias Gesichtsausdruck sah.
Legana setzte verärgert hinzu: »Der Fluch hat unsere Befehle noch immer nicht verstanden. Er ist bei der zweiten Armee, läuft aber den ganzen Tag wie in Trance durch das Lager. Seine einzige Leistung war die Hinrichtung eines Soldaten, den er für einen Vampir hielt. Auf dem Übungshof. Mittags. Bei strahlendem Sonnenschein.«
»Unterschätzt keinen von ihnen«, sagte Zhia leise. »Sie sind beide verrückt, aber ihr Nutzen auf dem Schlachtfeld wird groß sein. Eisenhaut ist mit der Ausbildung zufrieden, nehme ich an?«
»Ha, Eisenhaut schon«, sagte Legana grimmig. »Der Oberst, unter dessen Befehl er steht, hingegen weniger. Offenbar hat er die ganze Armee nach Chetse-Art umgebaut … ohne dies seinem Kommandanten gegenüber zu erwähnen. Bisher spricht man nicht von Duellen, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass man nach Wegen sucht, ihn umzubringen. Soll ich das unterbinden?« Leganas Stellung im Heer war unbestimmt, aber sie konnte ein Mitglied des Zirkels werden – und Ostias Gehilfin. Darum würden die Offiziere sie als Sialas Sprecherin betrachten und ihre Befehle ohne Fragen befolgen.
»Nein, Tachos Eisenhaut kennt den Krieg besser als sonst jemand, in dieser Stadt und darüber hinaus. Also kann er tun, was er für richtig hält. Eine Phalanx erfordert ausgiebige Ausbildung, und wenn er diese binnen weniger Wochen leisten kann, freue ich mich sehr darüber.« Zhia lächelte. »Ich glaube ohnehin nicht, dass sie in der Lage sind, ihn zu töten – und dann ist es gut
für einen Raylin, wenn er auf der Hut bleiben muss. Sie sind eine streitbare Truppe, und eine ordentliche Verschwörung wird ihn davon abhalten, anderweitig Streit zu suchen. Wenn du jemanden findest, der in dieser Angelegenheit Wetten annimmt, dann setze bitte in meinem Namen auf ihn.«
»Die anderen sind nach Raylin-Maßstab zufrieden und machen bisher keine wirklichen Schwierigkeiten. Zur Dritten Armee«, fuhr Legana fort, »kann ich wenig sagen. Man hält uns von dort fern. Siala hält die Fysthrall-Truppen unter ihrem Kommando und hat in den letzten Tagen weitere in die Stadt geholt.«
Das überraschte Zhia nicht. »Sie weiß, dass ich nun die Stadtwache beherrsche. Ich habe damit gerechnet, dass sie ihre Truppen innerhalb der Stadt verstärken würde. Sie will ihre Herrschaft demonstrieren, stell also sicher, dass die Wachen die Fysthrall nicht verärgern und sich in keine Auseinandersetzung ziehen lassen. Wer nicht gehorcht, wird ausgepeitscht.«
»Sie hat panische Angst vor Meuchlern«, fügte Legana hinzu. »Aus irgendeinem Grund glaubt sie, dass es in der Stadt vor ausländischen Getreuen nur so wimmelt, die alle darauf aus sind, sie zu töten.«
Zhia warf der Farlan-Meuchlerin einen ernsten Blick zu.
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