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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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entkam, aber heute Nacht war es anders. Er überprüfte das Bündel auf seinem Rücken und fand alles sicher verschnürt vor, auch seine beiden Schwerter in ihren Scheiden.
    Er konnte weiterlaufen und ging zu dem Teich, löste einen der Töpfe vom unteren Teil der Wand und ließ ihn auf die Pflastersteine fallen. Der Mann des Königs wollte nicht länger lauschen. Er sprang an einen in die Wand eingelassenen Eisenhaken und zog sich daran hoch, nutzte die Löcher in der nur grob verputzten Steinwand, um drei Stockwerke zu erklimmen und so das Dach zu erreichen. Dort hielt er inne und wartete auf die Verfolger, wobei sich seine Gestalt vor dem Jägermond abzeichnete.
    »Verdammte Zauberer.« Er blickte auf die Straßen hinab. »Du bist ein guter Läufer, Doranei, hat er gesagt. Du wirst eine gute Ablenkung darstellen, hat er gesagt. Aber er hat mir nicht gesagt, dass die verdammten Wachen vollkommen blind sind.«
    Endlich hörte er verwirrte, aufgeregte Stimmen aus den gewundenen Straßen und sah hier und da Fackeln, als sich die Stadtwachen auf die Straßen unter ihm verteilten. Kein Wind ging und die Nacht war ungewöhnlich ruhig. Doranei konnte die Wachen gut hören.
    Er spähte umher, nämlich in dem Versuch herauzufinden, wo er sich befand. Die Kuppel eines großen Gebäudes etwa fünfhundert Schritt südlich war die auffälligste Landmarke. Das musste der Tempel Tods sein, umgeben von den fünf großen Tempeln von Nartis, Belarannar, Vellern, Krakarn und Vasle. Darum lagen wiederum die Schreine aller anderen Götter und Aspekte, die dem guten Volk von Scree eingefallen sind.

    Im Dunkeln war er weiter gelaufen, als er vorgehabt hatte und befand sich nun mitten im Viertel, das sich nördlich der Sechs Tempel befand, wo einige der ältesten und prächtigsten Häuser Screes lagen. Hier gab es regelmäßige Patrouillen, aber die alteingesessenen reichen Familien sparten sich oft die Kosten des Personals, wenn sie in ihre Sommerresidenzen auf dem Land zogen, wie es die meisten Adligen Screes getan hatten.
    Hinter ihm erklang ein Ruf, der von anderen Stimmen aufgenommen wurde, die Doranei näher waren, als ihm lieb war. »Na bitte«, sagte er in die Nacht hinein. »Und jetzt bleibt dran, ihr Bastarde  – zumindest für eine Weile. Ich bringe euch in Schwung, das habt ihr nötig.«
    Er hatte die Straßen gemustert und nach dem besten Fluchtweg gesucht. Aber er hatte einen schlechten Ausgangspunkt gewählt  – hier gab es nicht allzu viel Auswahl. Eine hell erleuchtete, breite Straße führte auf den Jägermond zu. Sie war für seine Zwecke natürlich nicht zu gebrauchen, denn die Wachen würden sie erreichen, bevor er heruntergeklettert war und sich aus dem Staub machen konnte. Er lief auf dem Dachgiebel entlang und übersprang die Lücke zum nächsten Gebäude und wiederholte dies, bis er ein hohes Bauwerk erreicht hatte, das auf die Straße hinausragte. Zusammen mit einem kleineren Haus auf der Gegenseite bildete sich so eine Engstelle.
    Die kam Doranei gerade recht, denn so konnte er die Straße rasch überqueren und den Wachen entkommen. Die Leute auf der Straße blickten selten nach oben, vor allem wenn die Straßen eng waren, mit überhängenden Gebäuden.
    Er hockte sich in den Schatten eines Kamins und schätzte den Sprung ab. Da erklang mit einem Mal das Krachen splitternden Holzes – es kam von dem ersten Haus hinter ihm. Die Stadtwache hatte sich einen Weg hinein gebahnt und glaubte, er sei darin gefangen. Im Augenblick sah er keine Bewegung
auf der Straße unter sich. Das war vermutlich die beste Gelegenheit.
    »Ich glaube, ich mache hier einen schrecklichen Fehler«, murmelte Doranei und wühlte in seiner Tasche. Er zog zwei breite Lederbänder hervor, an denen je ein eiserner Griff und ein Haken angebracht waren. Dann schlang er die Bänder über seine Handgelenke und zog sie stramm. Schließlich schob er sich so leise wie möglich auf die dunkle Seite des schrägen Daches.
    Die Haken lagen kalt und rau in seiner Hand. Sie bestanden offenbar aus billigem Eisen und schienen für ihren Verwendungszweck genau das Richtige zu sein. Mit etwas Glück würde er sie nicht benötigen, aber es war ein weiter Sprung und er hatte miterlebt, wie das für Leute ausgehen konnte, die sich nicht vorbereiteten. Es war schon schwer genug, sicheren Halt zu finden, wenn der Körper gegen die Seite eines Hauses krachte, aber praktisch unmöglich, wenn man sich die Handflächen an der Steinkante aufgerissen hatte. Eine

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