Sturmbote
schwarzem Heft angezogen, das an Koezhs Seite hing. Die große Waffe unterschied sich sichtlich von den schlanken Rapieren, die für die meisten Männer die angemessene Wahl für das Theater war.
Auch Zhia hatte das Schwert bemerkt. Sie musste sich nicht einmal öffnen, um die wilde Kraft zu spüren, die Bariaeth bis zum Bersten anfüllte. Der letzte König hatte all seine Trauer und seinen Hass in diese Klinge fließen lassen und selbst jetzt noch umgab es eine Aura von erdrückender Traurigkeit und Leid. O mein lieber Bruder, der Fluch der Götter, der auf uns liegt, ist doch genug Leid für einen allein – aber du konntest weitere Bürden nie ablehnen, nicht wahr? Sie musste ihre Ängste nicht aussprechen, ihr Bruder wusste genau, welcher Gefahr er sich aussetzte.
»Die Ereignisse schreiten schnell voran«, sagte Koezh. »Aracnan sagte mir, dass ein Erlöser aufgetaucht ist, itzo entschloss ich mich, mich einmal mehr auf diese Bühne zu wagen.«
Zhia beachtete den kläglichen Versuch, komisch zu sein, gar nicht. Koezh war immer schon ein ernster und verdrießlicher Mann gewesen. Es passte nicht zu ihm zu scherzen.
»Der Farlan-Bursche?«, fragte sie. »Wie kann Aracnan da so sicher sein? Noch vor kurzem warst du überzeugt, Kastan Styrax sei der Erlöser.«
»Er glaubt es.« Koezh hob den Becher an die Lippen, benetzte sie aber nur. »Aracnan ist mit Sicherheit ein Halbgott, also kann man seinen Instinkten vermutlich vertrauen – zumindest mehr als du meinen«, fügte er mit einem bitteren Lächeln hinzu.
»Ist Aracnan hier?«
»Irgendwo hier, ja. Wir schlugen unser Lager vor der Stadt auf und er verschwand in der Nacht, um seinen eigenen Zielen zu folgen.«
»Ihr schlugt das Lager auf?« Zhia ahnte Schlimmes. »Kamst du nicht allein?«
Ihr Bruder blickte sorgenvoll. »Nein, ist das ein Problem?«
»Scree erlebt eine Zusammenkunft unbekannter Art«, sagte Zhia. »Empfindest du Freude dabei?«
Koezh nickte knapp.
Doranei schnappte nach Luft. Er hatte vorgegeben, nichts mitzubekommen, dem Gespräch in Wahrheit aber genau gelauscht. Freude war der Kristallschädel, den Koezh von seinem Vater geerbt hatte.
Zhia lächelte in sich hinein. Die wenigsten Leute würden Freude bei ihrem Bruder vermuten. Manchmal kam es ihr so vor, als habe sich Aryn Bwr bei der Benennung dieses Kristallschädels einen Spaß erlaubt. »Dann hat die Legion der Verdammten ihr Lager
ebenfalls vor der Stadt aufgeschlagen? Das hätte ich wohl voraussehen sollen.« Ihre Gedanken rasten.
»Was ist die Legion der Verdammten?«, musste Doranei einfach fragen.
Zhia warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, der ihn davor warnen sollte, sich einzumischen. Doch dann wurde ihr Blick sanfter, denn seine Unschuld in solchen Dingen rührte sie an. Irgendwie fand sie ihn niedlich. Es gab nicht viele Männer, die sie die Jahrhunderte vergessen ließen, die sie trennten.
»Die Legion der Verdammten trägt ihren Namen zu Recht«, erklärte sie ihm. »Es ist ein Heer aus Söldnern. Mein jüngerer Bruder, Vorizh, beging vor einigen hundert Jahren den Fehler, einen Nekromanten zum Vampir zu machen. Diese Kombination hat sich als, hm, schwierig erwiesen.« Sie verzog leicht das Gesicht. »In diesem Fall hat der Nekromant Söldner angeheuert, um ihn und sein Land zu schützen – und in einem seiner erfolgreichsten Experimente hat er ihre Lebenskraft durch Magie ersetzt. Sie haben sich nicht eben darüber gefreut, auch wenn sie nun ausgesprochen stark sind und vom Lauf der Zeit unangetastet bleiben. Stell dir die Verdammten als eine Art geringe Raylin vor, und du wirst die Gefahr erkennen.«
Sie wandte sich wieder ihrem Bruder zu. »Etwas zieht Mächtige aller Art in diese Stadt: eine ganze Reihe von Raylin, die verbliebenen Magier des Weißen Zirkels, den König von Narkang und einen Nekromanten, der wohl zu keiner der Fraktionen gehört. Jetzt kommt auch noch Aracnan dazu, was die mehr als fünfzehn Raylin, die ich anheuerte, in den Schatten stellt, zwei Mitglieder der Vukotic-Familie und mindestens zwei Schädel. Außerdem steht ein Angriff auf Scree kurz bevor, entweder durch die Farlan oder die Ritter der Tempel – oder sogar beide.
»Ich weiß nicht, ob es noch weitere, unentdeckte Mächte gibt.
Der Farlan-Lord besitzt zwei Schädel, und der Barde, der diese Schauspielertruppe befehligt, trägt eine Omenkette.«
Neben ihr schrie Doranei entsetzt auf und rief: »Was? Nein!« Dann fand er die Beherrschung wieder und flüsterte: »O ihr
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