Sturmbote
nachfühlen kann. Wohl wahr, die Lage ist angespannt, umso mehr geht Ihr mit Eurer Anwesenheit ein erhebliches Risiko ein.«
Der Ausdruck des Königs blieb bei seiner Antwort höflich unbestimmt und undurchsichtig: »Jedoch ein notwendiges, edle Dame. Ich habe einige Vorkehrungen für den Fall getroffen, dass der Zirkel mich erkennen sollte, Euch eingeschlossen, aber ich bin nicht hier, um diesen Kampf weiterzuführen. Ich habe Angelegenheiten zu regeln, die keinen Aufschub dulden.«
Zhia musterte ihn einen Augenblick lang, dann legte sie den Kopf schief, als denke sie über ihre nächsten Worte nach. Schließlich seufzte sie und sagte: »Seht Euch besser vor. Etwas geschieht in dieser Stadt, es kommt zu einer Art Zusammenkunft. Eure Anwesenheit erhöht den Einsatz noch weiter.«
Emin nickte. »Das war vorhersehbar«, sagte er geheimnisvoll. Dann wandte er sich dem geschmückten Theatertor zu. »Seht nur, die Vorstellung beginnt gleich. Wir sollten hineingehen.«
»Eine meiner Gefährtinnen musste Siala begleiten, somit wird meine Loge schrecklich leer sein. Doranei, gewährt Ihr mir die Freude, mir Gesellschaft zu leisten?«, fragte Zhia mit einem Lächeln auf den bebenden Lippen. »Haipar mag das Theater nicht sonderlich und grummelt beständig vor sich hin.«
»Haipar? Die Gestaltwandlerin?«, fragte Emin scharf, woraufhin Haipar nickte.
»Und sie ist nicht die einzige Raylin in der Stadt«, setzte Zhia hinzu, während sie Doranei den Arm anbot. Er trat vor und errötete,
als sie ihn anstrahlte und seinen Arm mit mädchenhafter Bewunderung streichelte.
Sie wandte sich noch einmal dem König zu und verabschiedete sich. »Es war wie immer eine Freude. Ich hoffe, dass diese zufällige Begegnung nur die erste von vielen gewesen ist. Es wäre eine große Ehre, wenn Ihr einmal mit mir zusammen zu Abend essen würdet.« Sie grinste. »Der Zirkel ist, bei all seinen Vorteilen, nicht dafür berühmt, dass seine Mitglieder ein anregendes Gespräch führen können.«
»Natürlich, meine Dame«, sagte Emin begeistert. »Und bitte bringt mir Doranei in einem Stück zurück, er ist recht zart.«
Ohne den sanften Spott von Doraneis Freunden zu beachten, lächelte Zhia in die Runde und verschwand dann durch das Tor, mit Doranei im Schlepptau und Haipar auf den Fersen.
Zhia hatte sich eine der besten Logen im neu aufgesetzten zweiten Rang gesichert. Die Dunkelheit im Gang wurde nur von dünnen Lichtfäden durchbrochen, die durch die dicken Zelttuchvorhänge in den schmalen Zugängen fielen. Dahinter hörten sie gedämpfte Stimmen und das Scharren von Stühlen, die darauf hindeuteten, dass die anderen Besucher es sich für die abendliche Unterhaltung bequem machten.
Zhia war sehr überrascht, als sie in ihrer persönlichen Loge bereits jemanden vorfand. Als Doranei ihr höflich den Vorhang aufhielt, offenbarte das Licht der Öllampe im Innern eine Person – einen Mann, wie sie schnell bemerkte, der mit dem Rücken zur Bühne saß. Er sah auf, und Zhia konnte Hautbilder erkennen: schwarze Federn auf beiden Wangen und eine hässliche rote Narbe, die über einer Gesichtshälfte verlief. Obwohl allein die Hautbilder ihn schon als etwas anderes auswiesen, trug er seltsamerweise das Hemd und die kurzen Hosen eines Arbeiters.
»Dem Jungen, der uns gestern bediente, fehlte zwar etwas vom gesunden Menschenverstand«, sagte sie und trat in die Loge, »aber dennoch gebe ich zu, überrascht zu sein, dass er durch einen Mönch ersetzt wurde … wenn auch durch einen mit ungewöhnlichen Angewohnheiten.«
»Ein ehemaliger Mönch«, antwortete der Mann. Sein scharf geschnittenes Gesicht wirkte unsicher, geradezu misstrauisch. »Vellern und ich haben uns getrennt.«
»Und stattdessen leistet Ihr nun mir Gesellschaft. Stellt man mich über die Götter?« Sie wandte sich Doranei zu, der den Fremden musterte, und sagte ruhig: »Entschuldigt uns bitte einen Augenblick.«
Der Mann des Königs grunzte und warf dem ehemaligen Mönch einen grimmigen Blick zu, bevor er sich zurückzog.
»Ich bin nicht hier, um über die Götter zu sprechen«, antwortete der Mann missmutig. »Der Barde wies mich an, mit Euch zu sprechen. Es ist nicht unbemerkt geblieben, dass Ihr ein Interesse an uns hegt.«
»Und Ihr seid hier, um mich zu warnen?«, fragte Zhia ruhig, jedoch mit anklingender Verachtung.
»Ich bin hier, um Euch mitzuteilen, dass wir Eure Getreuen nicht länger dulden werden.«
Zhia beugte sich vor, um dem Mann ins Gesicht zu
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