Sturmbote
bemerkt haben. Die Nahrung wird knapp, Sialas Beschränkungen werden zu weiteren Engpässen führen und diese verflixte Hitze lässt die Leute unruhig werden. Die Ordnung in der Stadt steht auf Messers Schneide und wie viele Soldaten sich auch in den Straßen tummeln, sie werden die Bürger Screes doch nicht aufhalten können, wenn sie sich erheben.«
Sie wandte sich zu Haipar um, sah dann wieder Doranei an, ergriff seine Hand und sagte: »So seltsam es dir auch erscheinen mag, wir sollten vielleicht doch versuchen, einander zu vertrauen. In diesem Spiel werden genug Blätter gegeben, dass man das Endergebnis nur mit vereinten Kräften beeinflussen kann.«
Doranei zuckte mit den Schultern. »Ich werde es dem König mitteilen.«
Zhia las in seinem Gesicht und ließ die Sache vorerst auf sich beruhen, aber Haipar besaß dieses Feingefühl nicht.
»Er kann kaum aus politischen Gründen hier sein«, sagte sie zu Zhia. »Wenn der König hier wäre, um mit dem Weißen Zirkel abzurechnen, hätte er ein Heer mitgebracht. Wenn es um einen Meuchelmord ginge – gleich welcher Art – wäre er nicht selbst gekommen. Er sucht hier etwas, vielleicht auch jemanden. Wäre er ein Magier, ich würde auf ein Artefakt tippen. Aber da er das nicht ist, mag es eine Waffe sein.«
Sie schloss kurz die Augen, vielleicht, um ihre eigenen Schlüsse besser nachvollziehen zu können, und sagte dann leise vor sich hin: »Vielleicht ist es Aenaris, aber Ostia hätte bemerkt, wenn es sich in der Stadt befände. Also muss es eine Person sein – und wer? Ein Getreuer? Ein Abtrünniger?«
»Interessante Gedanken«, sagte eine akzentschwere Stimme vor dem Vorhang. »Aber leider fehlerhaft. Nicht einmal die sagenhafte Ostia könnte Aenaris spüren, solange es nicht benutzt wird.«
Haipar sprang auf. Das Scharren ihres Rapiers, das sie halb zog, wurde vom Scharren des Stuhls nicht ganz übertönt.
Zhia schüttelte den Kopf, da huschte auch schon eine schlanke Gestalt in die Loge. Noch bevor jemand begriff, was eigentlich geschah, wurde Haipars Hand aufgehalten und dann rammten bleiche Hände die Waffe wieder zurück in die Scheide.
»Wir wollen doch nicht grob werden«, murmelte der Mann und legte Haipar eine Hand auf die Schulter, um sie wieder zu ihrem Sitz zu geleiten. Die Gestaltwandlerin war bleich geworden, konnte dem merkwürdigen Mann aber nichts entgegensetzen, was jedoch nicht an seiner Kraft lag, sondern an einem weniger auffälligen Zwang.
Zhia sah Doranei an, der seinerseits den Neuankömmling musterte. Er erkannte die Art des Mannes, sich zu kleiden, offensichtlich nicht wieder, hatte aber dessen pechschwarzes Haar und die ungewöhnlich dunklen, blauen Augen bemerkt. In dieser Gegend gab es wenige Menschen mit solchen Augen. Doranei warf ihr einen Blick zu, dann sah er wieder den Mann an.
Mein lieber Doranei , dachte Zhia mit Genugtuung, ich glaube nicht, dass du seine Augen in diesem Licht bemerkt hättest, wärst du nicht wie der Schmetterling, der die Nadel anstarrt, wann immer ich dir begegne.
»Ich schlage vor, ihr bleibt still und leise wie die Mäuschen«, riet der Eindringling.
Zhia war sicher, dass Doranei bewusst war, wie chancenlos er gegen diesen Mann wäre, wer immer er auch sein mochte. Um in diesen Kreisen zu überleben, musste man wissen, wann der Gegner übermächtig war.
»Was für eine seltene Ehre«, sagte sie kühl und ging über Doraneis braven Gehorsam dem Mann gegenüber hinweg. Koezh, ihr älterer Bruder, spielte nicht gern, aber es war trotzdem nicht nötig, dass sie den Jungen als etwas anderes als einen einfachen Gehilfen offenbarte.
Koezh musterte Doranei und Haipar, beschloss, dass keiner der beiden eine Gefahr für ihn darstellte, und entspannte sich schließlich, nahm einen Becher entgegen, den Zhia ihm hinhielt. »Spielst du mal wieder die Hausherrin?« Er prostete ihr zu.
Zhia lächelte. »In diese Stellung wurde ich immerhin hineingeboren, also beschreibt spielen es wohl nicht ganz richtig.«
»Während du aufwuchsest, dachtest du anders – beständig mussten wir dich aus dem Stall holen oder verhindern, dass du dem Falkner wie ein liebestrunkenes Hündchen hinterherliefst.«
»Oh, aber jetzt bin ich erwachsen, wie du siehst«, sagte Zhia, »und seitdem sind einige Jahre vergangen, und noch mehr, seit du das letzte Mal in dieser Gegend warst. Was bringt uns die Gnade deiner Anwesenheit, mein lieber Bruder?«
Haipar saß steif da, ihr Blick wurde von dem Breitschwert mit dem
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