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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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mit den Trümmern in einer Staubwolke zu Boden, hielten einander aber noch immer umschlungen. Er konnte die Wolken spüren, die sich über ihnen zusammenzogen, dichter
und kräftiger wurden. Ihre Stärke erfüllte seine Arme, und er umfasste die Handgelenke der Kreatur, fühlte etwas unter seinem Griff brechen. Sein Daumen drang tief in das vertrocknete Fleisch seines Feindes ein.
    Die Kreatur heulte auf und ließ ihn los, versuchte zu fliehen, konnte seinen Faustschlägen aber nicht entkommen. Er traf, sah die Brust aufbrechen und wie getrockneten Putz, der von einem Hammer getroffen wurde, zerbröckeln. Er trat das Wesen zu Boden und nutzte dann sein großes Gewicht, um es auch dort zu halten.
    Als sich seine Finger um die papierne Haut der Kehle legten und er zudrückte, fester und fester, heulte er im Triumph auf. Es versuchte vergebens, sich zu wehren, schlug ohne Wirkung auf seine breiten Schultern ein und wimmerte heiser vor Angst.
    Seine Hände pressten weiter, brachen Knochen und drückten die Luftröhre ein, bis die Kreatur sich nicht mehr rührte – erst dann erkannte er die Angst in ihren Augen. Nun erst sah er ihr ins Gesicht und erkannte, dass es während des Kampfes zu seinem eigenen Gesicht geworden war, entsetzt und ängstlich, sogar im Tod noch. Er ließ los, wich taumelnd vor Schrecken von der gepanzerten Leiche weg. Dann fiel er, aber kein Boden erwartete ihn, nur Klippen, die zu beiden Seiten neben ihm vorbeirasten, während er immer weiter fiel. Das Licht der Feuer wurde schwächer, während er in die Dunkelheit des Grabes stürzte.
     
    Isaks Herz raste. Der Traum, der ihn an diesem Nachmittag den Schlaf gekostet hatte, während er im Keller des bezogenen Hauses Schutz vor der gnadenlosen Sonne gesucht hatte, war neu. Er hing ihm sogar jetzt noch, einige Stunden nach Sonnenuntergang, nach. Er schmeckte die Angst auf der Zunge, erinnerte sich an die deutlichen Bilder in seinem Geist und verspürte den Nachhall von Berührungen an seinen Fingerspitzen. Dies war
kein gewöhnlicher Traum. Die Ähnlichkeit zu seinem Traum von Lord Bahls Tod, den er wieder und wieder gehabt hatte, war zu offensichtlich. Er fragte sich, ob auch der neue Traum prophetisch sein mochte.
    »Aber was bedeutet er?«, flüsterte er in die Nacht. »Wie könnte ich mich selbst bekämpfen? Ich starb, aber der schwarze Ritter war nicht zu sehen. Steht noch irgendetwas fest, oder hat mich mein verdorbenes Schicksal nun sogar davon abgebracht?«
    Er wischte sich über die Stirn und spürte die Schweißschicht darauf. Sie waren erst einen Tag in dieser Stadt und schon hasste er sie. Sogar auf den Chetse-Ebenen hatte es keine solche Hitze gegeben. Er musste nicht auf den Kristallschädel zurückgreifen, um zu wissen, dass dies nicht natürlich war. Jede Faser seines Seins sagte es ihm. Magie lag in der Luft. Sie lag wie ein schmutziges, grausiges Leichentuch über der Stadt und verursachte ihm Kopfschmerzen. Er fühlte sich zugleich benebelt und körperlos, dabei aber auch von der Last des Landes niedergedrückt. Es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, seine Laune verschlechterte sich immer weiter.
    Er hatte Tila angeblafft, allein aus dem Grund, weil sie ihn fragte, was los war – und er hatte es dann nicht über sich gebracht, sie dafür um Verzeihung zu bitten – was er als Entschuldigung begonnen hatte, endete damit, dass sie unter Tränen davoneilte. Vesna war ihr mit finsterem Gesicht nachgelaufen. Nur der verzweifelte Ausdruck auf Oberst Jachens Gesicht hatte ihn dazu gebracht, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.
    Das Schlurfen von Schritten drang durch seine Gedanken. Jemand regte sich im Schatten, genau unter seinem Aufenthaltsort auf einem Steinsteg, der vielleicht einmal Teil der Stadtmauer gewesen war. Isak legte die Finger um den unvertraut wirkenden Griff des Streitkolbens, den er nun trug. Eolis ruhte in Tuch eingeschlagen sicher auf seinem Rücken. Er konnte nicht riskieren,
erkannt zu werden und ein Söldner, wie Isak vorgab zu sein, besäße keine so edle Klinge.
    Er glitt vorwärts und lehnte sich über die Kante der Mauer. Die Stille war in dieser Gegend angespannt. Isak kam es so vor, als wäre den Bürgern bewusst, dass etwas geschehen würde, und er glaubte nicht, dass er sich dies nur einbildete. Die Person, die unter ihm stand, war die einzige, die Isak die ganze Nacht über gesehen hatte, von Soldaten und den beiden Mitgliedern der Bruderschaft abgesehen, die ihm König Emins Plan

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