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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Schlaf wollte sich nicht einstellen. Jedes Mal, wenn ihm in der schläfrig machenden Schwüle des Tages die Augen zufielen, erwachte sein Körper mit einem Zucken.
    »Ich hasse diese Stadt«, murmelte er erregt. »Wenn ich die Augen schließe, komme ich mir geradezu wie am Finsteren Ort vor.«
    »Dann lasst die Augen eben offen«, grummelte Bernstein neben ihm.
    Mikiss seufzte niedergeschlagen und starrte an die schmutzigen Deckenbalken, bis ihm etwas auffiel. Er erhob sich stöhnend
ruckartig, wobei sich sein nasser Rücken nur zögernd von der Bank löste. Ihm brummte der Schädel und er musste sich das Gesicht reiben, um einigermaßen zu sich zu kommen. »Unsere Freunde sind nicht mehr da«, sagte er.
    »Sind vor einer Stunde verschwunden«, gab Shart knapp zurück. Sogar seine angeborene Geschwätzigkeit hatte vor der Hitze die Waffen gestreckt.
    »Ich habe sie nicht gehen hören.«
    »Na und?«, fragte Bernstein, der noch immer mit geschlossenen Augen auf der Bank lag.
    »Ich finde es nur erstaunlich, dass sie mitten in dieser Hitze aufbrachen.«
    »Es wird kühler.« Keneg überraschte sie mit dieser Aussage.
    »Woher weißt du das?«
    »Die Geräusche draußen verändern sich. Die Leute machen sich wieder für ihr Tagwerk bereit. Vermutlich bringen die Bauern ihre Waren zum Verkauf.«
    Schritte auf den Stufen zur Tür beendeten ihre Überlegungen. Der Oberst hob den Kopf und blinzelte mehrmals.
    Eine lächerliche Gestalt mit sandfarbenem, schweißnassem Haar und einem dicken Bauch stand im Rahmen und spähte in das Halbdunkel zu ihnen hinüber. Seine Arme waren zu groß für den Rest des Körpers und baumelten an seiner Seite. Er trug ein einfaches Hemd und die kurzen Hosen eines Dieners. Die Kleidung wirkte an diesem Ort voller Staub und Schweiß unpassend, weil sie von beidem unangetastet geblieben war – jedoch Spuren seiner letzten Mahlzeit trug. Er ging barfuß, darum fiel Mikiss rasch auf, dass seine Füße sehr unterschiedlich waren. Der eine wirkte bis auf die Schwimmhäute zwischen den Zehen einigermaßen normal, aber der andere war dick und nur so groß wie ein Kinderfuß, ein unförmiger Klumpen, aus dem kleine Zehen hervorragten und sich in den Boden gruben. Die seltsame Form seiner
Füße schien den Mann jedoch nicht zu behindern, denn er ging schnell in die Bar hinein, wobei seine dicken Arme vor- und zurückschwangen.
    Der Wirt nickte dem Neuankömmling verhalten zu und wies auf den Oberst, bevor er in die Küche ging. Der merkwürdige Mann wandte sich ihnen zu, musterte sie und sah dann Bernstein nachdenklich an. Mikiss erkannte, dass sich der Oberst für ihn ausgegeben haben musste, für den Fall, dass sie eine böse Überraschung erwartet hätte.
    »Edler Herr Mikiss?«, fragte der Mann und kam einige Schritte auf sie zu. Sein Tonfall war trotz der offensichtlichen Vorsicht freundlich und einladend.
    »Das kommt darauf an, wer Ihr seid.«
    Der seltsame Mann schwieg eine Weile. Schließlich zuckte er die Achseln und sagte: »Mein Name ist Nai, ich bin der Diener Isherin Purns. Seid Ihr der edle Herr Mikiss?«
    Mikiss stand auf. »Ich bin Koden Mikiss«, sagte er.
    Ein breites Lächeln erfüllte das Gesicht des Mannes. »Aber natürlich seid Ihr das.« Sein Menin war tadellos, ohne jeden Akzent. Als Nai lächelte, erkannte Mikiss, dass sie im gleichen Alter waren und nur das wettergegerbte Gesicht des Dieners ihn älter erscheinen ließ. »Meine Herren, wir haben Euch erwartet«, fuhr Nai fort. »Ich hoffe, Eure Reise war angenehm?«
    »Sie war lang, dreckig und anstrengend«, mischte sich Bernstein ein. »Also genug der Höflichkeiten.«
    »Sehr wohl, Herr«, antwortete Nai, der sich vom barschen Ton des Obersten nicht aus der Fassung bringen ließ. »Wenn Ihr dann die Güte hättet, mir zu folgen …«
    Der Wirt brachte Nai eine abgedeckte Schüssel, die dieser in eine Hand nahm, um dann wieder auf die Tür zuzueilen. Mikiss stöhnte auf, als er sein Bündel erneut auf die Schultern lud, dann folgte er den Soldaten in den gleißend hellen Nachmittag. Die
Sonne stand nun zwar tiefer, warf aber noch immer grelles Licht auf das Kopfsteinpflaster. Und es war noch immer heiß genug, um die Luft dünn und unzureichend wirken zu lassen. Schon nach einigen Schritten fingen seine Knie zu zittern an.
    »Hier, ich nehme das«, bot Shart an. Mikiss blickte auf die Hand, die ihm der Mann hinstreckte und schüttelte den Kopf. Shart war sicher stärker und besser in Form, aber das schweißgetränkte Hemd

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