Sturmbote
gerade dabei, sie zu befragen, um den neuen Aufenthaltsort des Nekromanten zu erfahren.«
Siala machte eine wegwerfende Geste. »Spart Euch die Mühe, ich habe ihn bereits in Gewahrsam.«
»Was? Wie habt Ihr ihn gefangen nehmen können?« Zu Sialas offensichtlichem Vergnügen verlor Zhia für einen Moment ihre übliche Ruhe.
»Er kam gestern Nacht in den Roten Palast und bat um Schutz – vor Euch, um genau zu sein. Er berichtete mir, dass Eure Fähigkeiten als Magierin weiter gehen, als Ihr mich glauben machen wollt. Und dass ihr beide euch schon einmal begegnet seid. Das bringt mich zu der Frage, was Ihr mir sonst noch verschwiegen habt.« Siala musterte Mikiss, verlor dann das Interesse und wandte sich wieder Zhia zu.
Die Gedanken der Vampirin rasten. Der Nekromant hatte ihre wahre Identität noch nicht offenbart, das würde er sich für spätere Gelegenheiten aufsparen. Darum war es sinnvoll zu behaupten, er sei ihr schon früher begegnet. Jetzt musste sie herausfinden, was genau er Siala berichtet hatte, und welche Gefahr sie nach Meinung des verdammten Weibs nun für sie darstellte.
Nach einigen Augenblicken sagte sie: »Er muss mich verwechselt haben. Vielleicht habe ich den Mann überschätzt. Ich wollte vorschlagen, dass wir ihn in Eure Dienste zwingen, aber
wenn er so wenig mächtig ist, dass er vor mir Angst hat, ist es wohl die Mühe nicht wert.«
»Vielleicht«, bestätigte Siala, schluckte den Köder jedoch nicht. »Aber ich glaube, ich werde einen Mann gut gebrauchen können, der Dämonen beschwören kann. Immerhin bereiten wir uns auf einen Angriff vor.« Siala wandte sich zum Gehen. An der Tür blieb sie stehen und fuhr mit einem Fingernagel über die lackierte Oberfläche, klopfte nachdenklich darauf. »Die Sonne geht bald unter, edle Dame Ostia. Rufe deine Wachen zurück und halte dich des Nachts von den Straßen fern. Ich habe die Fysthrall-Truppen angewiesen, ihre Befehle mit aller gebotenen Härte auszuführen.«
Sie wartete keine Antwort ab, sondern ging durch die Angestellten und Fysthrall-Leibwachen hindurch, die im Flur zurückgeblieben waren. Legana schloss die Türen eilig hinter ihr, denn sie rechnete mit einem Wutausbruch, aber Zhia ging nur zu einem Beistelltisch, über dem ein großer viereckiger Spiegel mit einem Rahmen aus goldenen Blättern hing.
»So, sie denkt also, sie könne mich unter Hausarrest stellen?«, fragte sie sanft.
»Das wird kaum ein Problem sein«, sagte Legana. »Es wird uns wenig Mühe machen, ihren Soldaten auszuweichen.«
»Da bin ich nicht so sicher«, sagte Zhia. »Sie stellt mich auf die Probe, will das wahre Ausmaß meiner Macht ergründen. Es würde mich nicht wundern, wenn Purn ihr seine Hilfe dabei angeboten hätte.«
»Wird sie versuchen, Euch zu töten?«
»Nein, noch nicht«, sagte Zhia. »Nicht zu einem Zeitpunkt, da die Farlan sich auf den Angriff vorbereiten. Sie braucht jetzt jeden Magier und bisher habe ich ihr keinen Grund gegeben, mich als eine unmittelbare Gefahr zu betrachten.«
Ihr Lächeln ließ Mikiss die Haare im Nacken zu Berge stehen. Ein Widerhall ihres Hungers presste seinen Brustkorb zusammen.
Mit schwindendem Tageslicht sahen seine Augen zunehmend schärfer. Das Zwielicht im unbeleuchteten Raum war besser für ihn geeignet. Die Nähe zu Zhia erlaubte ihm, etwas von ihrer unnatürlichen Lebenskraft zu spüren …
Der Geruch von Blut zog verführerisch an seiner Nase vorbei. Nai hatte an einem verkrusteten Schnitt geknibbelt. Mikiss erschauderte unter den Gefühlen, die der Geruch heraufbeschwor. Er versuchte ihn zu übergehen und sah dabei immer wieder zu Zhia hin, begutachtete jede Einzelheit: von der Wölbung ihrer Lippen bis zum Faden, der sich am Saum ihres Rocks gelöst hatte, von der gebogenen Spitze ihrer Schuhe bis …
Der Riegel an der Tür öffnete sich mit einem Klicken und riss Mikiss aus seinen Betrachtungen. Eine muskulöse Frau mit grauen Haaren trat ein, gefolgt von einem Soldaten. Der Mann ging etwas wackelig, als erhole er sich von einer kräftigen Tracht Prügel. Mikiss witterte, roch aber kein frisches Blut bei dem Mann. Die Verletzungen waren schon älter.
»Edle Dame Ostia«, sagte die Frau und sah sich aufmerksam im Raum um, als erwarte sie einen Hinterhalt. »Ein Besucher für dich.«
Der Soldat sank in sich zusammen, als Zhia ihm mit honigsüßer Stimme zurief: »Mein lieber Doranei, kannst du es nicht ertragen, von mir getrennt zu sein?«
Der Mann blieb stehen, als sein Blick auf die
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