Sturmbote
gefesselten Männer fiel und musterte ihre Gesichter aufmerksam, bevor er den Blick aus Zhias glänzenden Augen erwiderte. »Ich komme in offiziellem Auftrag. Wir haben erfahren, dass Ihr gestern Nacht Gefangene gemacht habt.«
»Das ist richtig. Suchst du nach jemand Bestimmtem?«
»Ein Mann, der beim Betreten des Hauses gesehen wurde«, antwortete er ernst und trat hoffnungsvoll näher an Bernstein heran, um ihn besser sehen zu können.
»Ein alter Freund von dir?«, fragte Zhia in sachlicherem Ton. Doranei nickte knapp. »Dann irrst du dich. Du kannst keinen der Männer in dem Haus gekannt haben.«
»Seid Ihr sicher?«
»Völlig. Man hat dich in die Irre geführt.« Doranei bemerkte die Betonung sehr wohl und fragte nicht weiter nach. »Der Bewohner des Hauses war ein Nekromant aus Menin«, fuhr sie fort. »Diese Männer haben das Haus betreten, zusammen mit zwei weiteren, die als Wache dienten.«
»Ein Nekromant, der nicht mehr lange leben wird, wenn erst Lord Isak hier eintrifft«, mischte sich Legana mit finsterer Miene ein.
Mikiss war überrascht. Waren Zhia Vukotic und die Farlan nun Verbündete oder nicht?
»Lord Isak? Aber der ist bereits hier«, sagte Doranei. »Er kam gestern mit einer kleinen Leibwache an.«
»Lord Isak ist in der Stadt?« Zhia schien von dieser Neuigkeit überrascht. »Das bestätigt all meine Vermutungen. Es gibt eine Kraft in Scree, die alle Mächtigen anzieht. Ich bin verwundert, dass der Auserwählte Karkarns nicht ebenfalls hier ist.«
Diese letzten Worte hatte sie an Mikiss gewandt, der sich zwar duckte, um Zhias Blick auszuweichen, aber trotzdem nicht verhindern konnte, dass er sagte: »Lord Styrax hat in Thotel zu tun, denn sein Sohn ist Opfer eines magischen Angriffs geworden und Lord Cytt ist schon sein Monaten tot – es wird gemunkelt, dass Euer Bruder ihn ermordete.«
Zhia hob eine Augenbraue. »Ein magischer Angriff? Wie interessant. Ich denke, darüber müssen wir noch einmal ausführlicher sprechen. Aber im Augenblick haben wir uns um Scree zu kümmern. Siala wächst sich mittlerweile zu einem echten Ärgernis aus. Mir fehlt die Geduld für ihre Spielchen, und jetzt bietet sich eine gute Gelegenheit. Wenn ich sie selbst töte, muss ich
mich mit den anderen Schwestern des Weißen Zirkels um die Herrschaft über die Stadt streiten, darum ist es besser, wenn jemand anders sie tötet. Dann werden sie schlichtweg keine andere Wahl haben und müssen zu mir gelaufen kommen und mich anflehen, die Führung zu übernehmen.«
»Und Ihr wollt meinen Lord dazu benutzen, dies zu tun?«, fragte Legana mit wachsender Verärgerung.
»Meine Liebe, ich würde ihn kaum gegen seinen Willen dazu bringen«, versprach Zhia. »Wenn Ihr erst einmal Bericht erstattet habt, wird er aber nur schwer davon abzuhalten sein. Und dass ich seine Handlungen voraussehe und zu meinem Vorteil nutze, kann man wohl kaum so auslegen, dass ich den Mann für meine Zwecke benutze.«
»Warum sollte Lord Isak Siala töten wollen?«, fragte Doranei und wirkte, als habe er den Faden verloren.
»Weil Siala den Nekromanten hat. Sie glaubt ohne Zweifel, dass er als Waffe zu ihrem Schutz dient und ahnt nicht, dass er der Grund für ihre Vernichtung sein wird.« Zhia lächelte angesichts dieser Ironie des Schicksals. »Versucht bei Eurem Verstoß gegen die Ausgangssperre niemanden zu töten, Legana.«
»Das wird sie gar nicht müssen«, sagte Doranei. »Er wird heute Abend ins Theater gehen. Nur in den südlichen Vierteln herrscht von Sonnenuntergang an Ausgangssperre. Im Rest der Stadt aber soll sie erst eine halbe Stunde nach dem letzten Vorhang beginnen, damit die Vorstellungen weitergehen können.«
»Das sollte mich eigentlich nicht überraschen, so wie die Lage aussieht«, sagte Zhia. »Heute Abend bist du eine Quelle nützlicher Kundschaften, was?« Sie streichelte dem Mann mit einem raubtierhaften Lächeln über die Wange. »Und ich sehe, dass du schnell wieder zu Kräften kommst. Ich freue mich schon darauf, dich wieder bei bester Gesundheit zu haben.«
Während Doranei errötete und noch nach Worten suchte, wandte sie sich wieder dem Spiegel zu. Sie umfasste einen kleinen Beutel an ihrem Gürtel und flüsterte etwas, das in Mikiss’ Ohren wie eine Beschwörung klang, auch wenn er die Worte nicht verstehen konnte. Die Luft schien dicker zu werden und ein Schatten legte sich über ihre Spiegelung, der zunehmend dunkler wurde, bis man kaum noch etwas erkennen konnte. Sie beendete ihren Zauber
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