Sturmbote
Hierarchie unter ihm stand. »Aber ich habe gehört, dass der Zirkel von internen Machtkämpfen heimgesucht wird und keine rechte Befehlsstruktur besitzt. Würde aus dem Versuch, diese drei Stadtstaaten in ein Königreich zu verwandeln, nicht ebenso leicht ein Streit in den eigenen Reihen entstehen, der sich ebenso lang hinziehen mag wie der Krieg gegen Tor Milist?«
»Der erste Schritt zum Sieg über den Feind ist doch sicherlich zu erfahren, was er will«, unterbrach ihn die Gräfin von Lehm. Sie warf den versammelten Männern der Politik und des Krieges einen fragenden Blick zu. »Wir wissen immer noch nicht, was der Weiße Zirkel wirklich will. Sollten wir unser Bestreben nicht erst einmal darauf richten, dies zu erfahren, bevor wir gleich in Scree einmarschieren?«
Schweigen antwortete ihr. Die Frage nach der Motivation des Weißen Zirkels stand schon lange im Raum, und die Leute, die eine Antwort auf diese Fragen kannten, hatten bereits einen eigenen Rat abgehalten. Isak beobachtete ihre Gesichter aufmerksam. Er wusste mehr als die meisten anderen und sogar er hatte noch nicht entschieden, was zu tun war.
»Für den Augenblick gehen wir davon aus, dass Siala einen Staat aus den drei Städten formen will«, sagte Vesna bedacht. »Wenn wir das verhindern, unterbinden wir jedes weitere Ansinnen,
zumindest für den Augenblick. Ihre Lage ist unsicher und ihr drängendstes Bestreben ist das Überleben.«
»Ich glaube, das ist mein Stichwort«, murmelte Isak, richtete sich auf und sagte laut: »Ich bin froh, dass Du das auch für das Wichtigste hältst«, rief er Vesna zu, »denn das wird deine Aufgabe sein.«
Alle sahen überrascht hoch. Lordprotektor Foleh wurde bleich, als er die Stimme vom Posten der Diener herabschallen hörte. Er spähte an den Kerzen vorbei hinauf und konnte nicht recht glauben, dass Isak wirklich dort stand.
»Mein Lord? Was tut Ihr dort oben?«
»Ich trinke mit Eurem grandiosen Vogt.« Isak hob seinen Krug und wies hinter sich. »Ich habe eine Treppe entdeckt und mich gefragt, wo sie hinführt, mehr nicht.« Er versuchte, die erstaunten Gesichter nicht anzugrinsen, aber er fand es zu unterhaltsam, die feinsten Damen und Herren des Landes völlig sprachlos zu erleben.
»Was soll ich tun, mein Lord?«, fragte Vesna. Er kannte Isak zu gut, um sich von den Handlungen des Weißauges wirklich überraschen zu lassen.
»Die Ruhe in Tor Milist wird nicht allzu lang anhalten und wir müssen sichergehen, dass Priata Leferna den Herzog nicht besiegt. Die Antwort auf deine Frage sollte damit offensichtlich sein.«
»Ihr wollt Herzog Vrerr helfen?«, wollte Tila wissen und war zu wütend, um sich an die Etikette zu erinnern. Es schien aber keinem aufzufallen. Man sah ihren Gesichtern an, dass die meisten noch immer damit beschäftigt waren, zu ergründen, warum ein Herzog freiwillig mit einem Vogt trinken sollte.
»Warum nicht, wenn doch die Alternative in einem Bündnis der geeinten Städte des Weißen Zirkels an unserer Südgrenze besteht?
»Herzog Vrerr ist ein grausamer Herrscher, der sein Volk seit Jahren ausnutzt«, wandte sie ein. »Und eine Verlängerung des Krieges bedeutet, dass die Hungersnot noch mehr Opfer fordert. Ihr wisst, dass sie sich jetzt schon nicht mehr selbst ernähren können.«
»Würdest du es vorziehen, wenn ich ihn umbrächte? Wir könnten die Stadt einnehmen, unsere Grenzen ein bisschen ausweiten, na?«
»Natürlich nicht.« Tila sank in sich zusammen. »Aber wisst Ihr, wie Vrerr herrscht? Er lässt foltern, morden, beim geringsten Anlass ganze Dörfer niedermachen. Er hält nicht mal seine Soldaten in Schach. Die Hälfte von ihnen sind Söldner, wenig mehr als eine Räuberbande.«
»Daran kann ich nichts ändern, solange ich ihn nicht absetze. Im Augenblick stellt die Anführerin des Weißen Zirkels, Priata Leferna, die einzige andere Möglichkeit dar, und die können wir ganz sicher nicht hinnehmen. Darum, meine sehr geehrten Damen und Herren des Gerichts, müssen wir entweder hoffen, dass Herzog Vrerr fähig genug ist, um den Angriff abzuwehren, oder wir müssen ihn unterstützen. Ich weiß sehr gut, dass die Leute in der Stadt mit dem Weißen Zirkel wahrscheinlich besser dran wären, aber das hätte keinen Bestand, wenn sie dadurch in einen Krieg mit uns gerieten.«
Das bedeutet es also, wenn man Lord der Farlan ist, dachte Isak traurig. Ich weiß genau, was für ein Mann Herzog Vrerr ist, aber ich muss aus selbstsüchtigen Gründen darüber
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