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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Sturmbringer. Die Angst, die zunehmend Aftals Herz erfüllte, verriet ihm, dass sie damit falsch lagen.
    Dieser Junge rief den Sturm nicht. Isak war selbst der Sturm. Und sie alle waren in seinem Wüten gefangen.

13

    Isak stapfte die Treppe zu den herzöglichen Räumlichkeiten im Hauptflügel des Palastes von Tirah hinauf und beachtete Tilas Fragen nicht. Er stürmte an den Wachen vorbei, die ruckartig Hab-Acht-Stellung einnahmen. Er rammte die Faust gegen die Eichentür – und der Riegel im Innern gab nach. Die Tür flog auf und krachte an die Wand, was den ältlichen Mann, der gerade das Feuer anfachte, erschrocken aufschreien ließ.
    Er sprang mit einem Schüreisen in der Hand auf und trat versehentlich einen Scheit aus dem Kamin heraus, der eine Ruß-und Funkenwolke verbreitete. Er wirbelte herum, um sich für den Schrei zu entschuldigen und bemerkte erst da, dass er das Schüreisen noch immer wie eine Waffe hielt und es auf Isaks Herz gerichtet war.
    »Mein Lord, es … es tut mir leid«, stammelte er und ließ das Eisen fallen, als verbrenne es seine Hand.
    Isak wies mit dem Daumen zur Tür und knurrte: »Raus!«
    Unmittelbar hinter dem Diener wollte er die Tür zuwerfen, da sah er Tila die Stufen hinaufeilen, den Rock gerafft, damit sie nicht stolperte.
    »Lasst niemanden ein«, befahl Isak, und eine der Wachen nickte zackig. Er wartete nicht darauf, dass Tila sich beschweren konnte, sondern zog die Tür zu und bog den verdrehten Riegel
grob wieder zurecht. Dann trat er zum Fenster, das so groß war wie er selbst, mit festen Holzläden. An der Ecke des Gebäudes verlief ein Balkon, den er von jedem seiner Räume aus erreichen konnte. Er stand dort, starrte ins Nichts, während der Wind an seiner Kleidung zerrte und den Tumult in seinem Geist etwas besänftigte. Endlich ebbte die Anspannung ab und er ließ die Schultern erleichtert sinken: Xeliath hatte nur seinen Namen gerufen. In ihrer Stimme hatte keine Angst gelegen. Vielleicht hätte er doch nicht so aus der Versammlung stürmen sollen … er schüttelte den Kopf. Nein, sie mochte nicht in Gefahr sein, aber wenn sie ihn auf diese Weise erreicht hatte, musste die Angelegenheit wichtig sein.
    Isak legte sich auf sein großes Bett und blickte zu den bemalten Deckenbalken auf: breiten roten Streifen, die durch den ganzen Raum liefen. Er schloss die Augen und versuchte zur Ruhe zu kommen, aber es dauerte nicht lange, da fingen seine Finger unruhig an zu zucken. Seufzend setzte er sich auf.
    »Vielleicht geht das ja auch ohne zu schlafen«, sagte er laut. »Wie wäre es damit, Geist?«
    Du jämmerlicher Wicht , fauchte Aryn Bwr. Du blinde und unwissende Kreatur .
    »Wie dem auch sei«, sagte Isak, der sich von den Beleidigungen des Königs nicht aufbringen lassen wollte. »So schwer kann es nicht sein. Sie sagte, es bestünde eine Verbindung zwischen uns, also werde ich sie auch finden, wenn sie es nicht verhindert.«
    Er ließ sich in den Schneidersitz sinken und glitt mit den Fingern über den Kristallschädel, als streichele er die Wange einer Frau, und löste ihn von Eolis. Der Schädel fühlte sich warm an und so seidigglatt, dass er die Oberfläche kaum spürte. Durch vorsichtige Versuche hatte Isak herausgefunden, dass der Schädel besser zu nutzen war, wenn er das Fleisch berührte, dem die
Blitze seines Gottes die Farbe ausgebrannt hatten. Er hatte darüber nachgedacht, Dermeness Chiaralt dazu zu befragen, den Magier, der ihm beim Schmieden von Carels Schwert geholfen hatte, aber er vermutete, dass er die Antwort eigentlich gar nicht wissen wollte. Er hatte Angst davor, dass sich etwas Grundlegendes geändert haben konnte, dass sein Fleisch durch etwas anderes ersetzt worden war, etwas, das nicht menschlich war. Er hätte nie gedacht, dass Schwäche so erstrebenswert sein könnte.
    Isak hob den Schädel und sah ihm dabei zu, wie er langsam wieder seine alte Form annahm. Der Kiefer war zuerst zu sehen, dann die Schädeldecke und kurz darauf die Wangenknochen. Für einen Augenblick zeigte sich ein beunruhigend glattes Gesicht, dann wichen die Augenhöhlen zurück. Als der Schädel wieder feste Form angenommen hatte, umfasste ihn Isak mit beiden Händen. Der Anblick hatte etwas seltsam Zwiespältiges an sich, er war grellweiß auf der einen, matt rosa auf der anderen Seite.
    Er hob die Hände zur Brust und berührte damit die Narbe. Die Rune, die für Xeliaths Namen stand und ihm in seiner ersten Nacht im Palast eingebrannt worden war, stellte die

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