Sturmbote
engste Verbindung zu ihr dar. Diesem Weg würde er folgen.
Die Hexe von Llehden erwartete ihn auf einer weiten Ebene, auf der Weizen wogte. Es war ein Ort der Leere. Einige Bäume standen in der Nähe, aber dahinter gab es nichts. Xeliath war es bisher noch nicht in den Sinn gekommen, weiter zu gehen als bis dorthin. Es gab kein Sonnenlicht, keine Geräusche, und so war die Ebene kein angenehmer Aufenthaltsort. Für die Hexe, die so vollständig mit dem Land verwoben war, stellte es einen großen Verlust dar, sich an diesem Ort verlorener Erinnerungen zu befinden. Sie zog den Schal enger um sich, als der Wind zunahm. Es fühlte sich an, als entzöge die gespenstische Brise den Lebenden
ihre Wärme, obwohl sie wusste, dass die Kälte nicht echt war.
Xeliath stand ein Stück entfernt, genoss ihre wiederhergestellte Schönheit und machte das Beste aus ihrer Zeit in diesen Träumen. Sie schlug Räder, wobei sie ihre Röcke schamlos fallen ließ, schwang an den Ästen der Bäume. Sie wusste nur zu gut, dass sie schon bald wieder in ihren verdrehten und zerstörten echten Leib zurückkehren musste, aber bis dahin sang sie vor Freude über das Gefühl starker Glieder, die taten, was sie wollte. Im Augenblick hing sie kopfüber an einem Ast und sang leise in der seltsamen Sprache ihres Volkes vor sich hin.
»Bist du sicher, dass er dich gehört hat?«
»Ich bin sicher.« Xeliath drehte den Kopf nicht. Ihr weiches, haselnussfarbenes Haar hing ihr lose ins Gesicht. Es erschien der Hexe noch immer bemerkenswert, dass Haar und Haut des Mädchens von beinahe der gleichen Farbe waren. Es wirkte seltsam unnatürlich, fast so verstörend wie die fehlende Farbe eines Albinos. Und es betonte Xeliaths Augen umso mehr. Ein Lächeln auf ihren Lippen konnte den Atem rauben.
Obwohl das Mädchen normalerweise voller kindlicher Unschuld war, besaß sie die fesselnde Ausstrahlung eines Weißauges.
»Die Götter haben gut gewählt«, murmelte die Hexe. Als Isaks Königin wäre Xeliath in der Lage gewesen, Männer mit einem einzigen Blick in ihren Bann zu ziehen. Wer Isak nicht an den Lippen hing, erschauderte bei der geringsten Aufmerksamkeit durch die Dame.
Xeliath streckte die Arme so weit aus, wie sie konnte und ließ die Hände kreisen. Die Hexe blinzelte, und als sie die Augen wieder öffnete, stand Isak unmittelbar vor dem dunkelhäutigen Mädchen.
Xeliath stieß einen erfreuten Ruf aus und schlang die Arme um die gewaltige Erscheinung in Rot und Gold. Isak zuckte zusammen,
immerhin war er wenige Fingerbreit vor Xeliath Gesicht erschienen und wurde sofort gepackt. Aber seine Gegenwehr erstarb auch gleich, als ihre Lippen die seinen fanden. Ihre schlanken Finger griffen in das dichte, schwarze Haar, um ihn bei sich zu halten.
Seine Leidenschaft kam der ihren gleich und das große Weißauge zog Xeliath sofort von dem Ast, um sie in die Arme zu schließen.
»Warum hat man nie einen Eimer Wasser dabei, wenn man ihn braucht?«, fragte sich die Hexe laut. Isak erschrak und löste sich aus Xeliaths Armen. Er hatte Eolis bereits halb gezogen, als er sie erkannte.
»Du! Was willst du hier?«
»Ich warte darauf, dass sich deine Triebe wieder beruhigen.«
»Nun, wenn ich gewusst hätte, dass man hier ansteht, um …« Er schmunzelte.
Die Hexe adelte seine Worte nicht mit einer Reaktion, aber Xeliath war leicht zu beleidigen, und obwohl sie deutlich kleiner war als Isak, zögerte das Yeetatchen-Mädchen nicht, Isak einen harten Schlag ins Gesicht zu verpassen.
Die Hexe verkniff sich mit Mühe ein Schmunzeln, als Isak protestierend aufschrie. Aber sein Ärger verging schnell, als er sich Xeliath wieder zuwandte.
Die Hexe prägte sich diese Kleinigkeit ein und legte sie in einem Winkel ihres Geistes ab. Sie würde später entscheiden, ob dies beunruhigend war. Xeliaths Charme hielt Isak gefangen, wie es bei jedem anderen Mann auch der Fall wäre, aber sie war nicht Teil des echten Lebens. Wenn sie sich nicht in einem Traum befand, war sie nur ein eingesperrtes, vergrämtes Kind. Es gab nur eines, worauf sie in ihrem Leben Einfluss hatte, und das war Isak … die Hexe fragte sich, ob er es wohl auch war, der letztlich den Lauf der Geschichte bestimmen würde.
Sie schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen. »Wir haben dich nicht ohne Grund hergerufen«, sagte sie. »Es gibt Dinge, die deiner Aufmerksamkeit bedürfen.«
»Dinge, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen?« Isak kam einen Schritt näher. »Ich sage dir, was meiner
Weitere Kostenlose Bücher