Sturmbringerin
Du scheinst nicht besonders wählerisch in der Wahl deiner Mittel zu sein. Dass du sogar so weit gehst, eine von ihnen zu bezirzen, um sie so aushorchen zu können, hätte ich dir nicht zugetraut.« Khios kühles Lächeln war gehässig.
»Die Wahl meiner Mittel kann dir egal sein, solange sie zu dem gewünschten Erfolg führen.« Quentins Antwort war eisig. Er wollte nicht von Khio beschattet werden. Es hatte ihn nicht zu interessieren, was Quentin mit wem machte.
Khio hob abwehrend die Hände. »Ich wollte dir nur empfehlen, nicht deine Gesinnung zu verraten oder zu vergessen, wem du zur Treue verpflichtet bist. Das ist schon den Besten von uns passiert.«
»Meine Treue ist das letzte, um das du dich sorgen musst.« Quentin hatte seine Schuldigkeit getan und Khio die langersehnten Angriffspläne verraten. Jetzt war es an ihm, diese weiterzugeben. »Morgen Nacht, nördlich von Loran, vergiss das nicht. Vielleicht machst du dich besser gleich auf den Weg. Allzu viel Zeit bleibt nicht mehr bis dahin.«
Khio schluckte herunter, was ihm auf den Lippen lag. Stattdessen sagte er: »Wir sehen uns in zwei Tagen.«
Dann verwandelte er sich zurück in den Adler und stieß sich kräftig von dem Ast unter ihm ab. Mit wenigen Flügelschlägen ließ er die hohen Baumkronen unter sich zurück und verschwand aus Quentins Blick.
Verraten
Wie erwartet waren wir lange durch die Nacht gelaufen, um zu unserem Ziel zu gelangen. Es war mitten in der Nacht gewesen, als wir das Feldlager endlich erreichten. Die Rebellen besaßen kaum Pferde und die, die sie hatten, taugten selten, um mit ihnen in eine Schlacht zu ziehen. Außerdem waren wir zu Pferd auffälliger.
Aus diesem Grund hatten Lian und Tinka ihre neue Koppel nicht mehr verlassen, seitdem wir sie dort vor über einer Woche gelassen hatten. Nur für einen kurzen Ritt durch den Wald, in dem sich unser Lager versteckte, hatte ich Zeit finden können, damit meine Stute wenigstens ein bisschen Bewegung bekam.
Ich war es nicht gewohnt, so weit zu laufen. Allmählich taten mir die Füße weh. Van zog mich doch tatsächlich damit auf und machte mein verwöhntes Leben als Prinzessin dafür verantwortlich. Seiner Meinung nach war ich ein Stadtmensch. Sich selbst sah er als eine Art Waldmensch an.
Laut Van bestanden jedoch noch Chancen, meine wilde Seite zu entdecken. Ich hatte furchtbar lachen müssen, als er mir diese Umstände äußerst ernsthaft darlegte. Bei der Erinnerung daran musste ich schmunzeln. Schnell zwang ich mich, das sein zu lassen und konzentrierte mich vollständig auf unsere Umgebung.
Jetzt waren wir mitten im Feldlager und ich musste Ayasha, die Brüder, Van und mich selbst sicher hindurchführen. Nur wir fünf waren zu diesem Überfall aufgebrochen. Laut Jase‘ Einschätzung reichte dies vollkommen aus.
In diesem Lager gab es keine Vorräte, Waffen und vermutlich auch keine Gefangenen. Das einzige, das es hier zu holen gab, waren Leben.
Dennoch wollte Jase auf Nummer sicher gehen. Dies war der Grund, warum wir uns abermals in den Kommandobereich schlichen, statt das Lager einfach von außen niederzureißen.
Endlich erreichten wir unser Ziel. Ich gab den anderen ein Zeichen und Jase schlüpfte gefolgt von Kaj in das bunte Zelt. Ich wartete mit Ayasha und Van davor, um schneller reagieren zu können, sollte der turontische Anführer zu laut werden und Verstärkung anrücken.
Aus dem Zelt drangen gedämpfte Geräusche und geflüsterte Worte, die ich nicht verstehen konnte. Nur wenig später kamen Kaj und Jase heraus. Von Jase‘ langen Reißzähnen tropfte dunkles Blut in sein Fell. Dieses Mal hatte es kein Geschrei gegeben und wir waren weiterhin unbemerkt. Erleichtert überprüfte ich die Zelte um uns herum. Alles schlief ruhig.
»Und?« Ayashas Stimme war so leise, ich hatte Mühe nur dieses eine Wort zu verstehen.
Kaj schüttelte seinen großen Kopf und sein langes Fell folgte der Bewegung.
»Keine Gefangenen, wie erwartet. Es ist ein reiner Verstärkungstrupp«, erwiderte Jase.
»Sicher möchtest du, dass diese Verstärkung niemals ihr Ziel erreicht?« Ich schluckte die Beklemmung, die sich in mir breit machte, herunter.
»Wenn du so freundlich wärst, dich darum zu kümmern.« Zwar erweckten Jase‘ Worte einen lockeren Ton, doch war seine Stimme viel zu ernst, auch er war angespannt.
Um mich selbst davon zu überzeugen, das Richtige zu tun, dachte ich daran, was Hias Van angetan hatte, wie sehr Rikku in solch einem Lager hatte
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