Sturmbringerin
Pferdeschwanz zusammengefasst. Sie hatte einen rehbraunen Teint, sowie stolze, hohe Wangenknochen. Sie wickelte sich in ihren Umhang, der ihren hochgewachsenen Körper umhüllte. Dunkle Augen funkelten ungestüm, während sie erneut zu sprechen ansetzte. „Wenn das so ist, wirst du nichts dagegen haben, wenn ich von Freiwilligen begleitet werde. Ich werde niemanden zwingen, aber wir wissen beide, dass ich morgen nicht allein aufbreche, viele brennen darauf, es den Turontern dafür heimzuzahlen«, knurrte sie über ihre Schulter hinein ins Zelt.
Wütend riss sie die Plane zurück an ihren Platz und wollte gehen. Endlich sah sie auf. Und traute ihren Augen nicht. Mit zitternden Fingern bedeckte sie ihre bebenden Lippen.
»Wie schön zu sehen, dass du mich so sehr vermisst«, sagte Kaj leise. Ich musste sein Gesicht nicht sehen, das Grinsen war deutlich zu hören.
Ein Schrei, der sowohl Erlösung als auch Freude verhieß, entrang sich ihrer Kehle, während sie die letzten Schritte auf Kaj zuflog und ihm in die Arme sprang, lachend hob er sie hoch. Sie umklammerte ihn fest, löste sich nun aber ein Stück weit von Kaj, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Geht es dir gut? Wie bist du nur da raus gekommen? Und haben sie dir Schlimmes angetan?«, sprudelte es aus ihr heraus. Anstatt ihr zu antworten zog Kaj sie zu einem Kuss heran.
Durch den Tumult angelockt, spähte der Mann vorsichtig aus seinem Zelt. Selbst wenn ich noch nicht gewusst hätte, dass er Kaj‘ Bruder war, so wäre es dennoch unverkennbar gewesen. Sie waren einander wie aus dem Gesicht geschnitten, nur hatte Jase hellere Haare und war nicht ganz so breit gebaut wie Kaj. Auf seinem Gesicht war deutlich zu erkennen, dass er nicht fassen konnte, was er gerade sah. Seine Erstarrung löste sich und er taumelte unbeholfen auf die Liebenden zu. Dieselben Fragen auf den Lippen wie die Frau zuvor.
Wir anderen hielten uns beflissentlich zurück und ließen den dreien ihre Wiedersehensfreude. Es wärmte mir das Herz, zu sehen, wie glücklich sie waren. Menschen, die einander so aufrichtig liebten, konnten nicht böse sein. Sie hatten dieselben Feinde wie wir. Vielleicht war dies ein Ort wo Van und ich für eine Weile Schutz finden konnten. Van ergriff meine Hand und drückte sie leicht. Ich sah zu ihm herüber und stellte fest, dass ihn die Szene ebenso zufrieden stimmte wie mich.
Vorsichtig setzte Kaj seine Geliebte ab und drückte seinen Bruder ans Herz. Die Frau, von Kajs Gesicht wie verzaubert, hatte nur Augen für ihn. Nicht so der Mann, nach einer kurzen Umarmung sah er auf und zu uns herüber.
»Wen hast du da mitgebracht?«, fragte er neugierig.
Kaj ergriff die Hand der Frau und kam einige Schritte in unsere Richtung zurück.
»Darf ich euch meine neuen besten Freunde vorstellen?«, fragte er und deutete zu mir und Van. »Das sind Gianna und Van.« Seine Geste wehte zu Zersia herüber. »Und hier haben wir Jira und seine Schwester Zersia.« Nun deutete er auf seine Begleiter. »Das sind Ayasha, meine Gefährtin, und Jase, mein Bruder und gleichzeitig der Anführer unserer Gruppe hier«, stellte Kaj uns einander vor. »Jira war ebenfalls in die Gefangenschaft der Turonter geraten. Woraufhin seine Schwester und ihre Freunde beschlossen, die Burg in Loran zu stürmen und ihn zu befreien. Als sie schon mal dabei waren, haben sie mich gleich mit rausgeholt«, erklärte Kaj feixend.
»Was soll das heißen gestürmt?«, fragte Jase ungläubig.
»Das heißt, dass wir jeden Turonter, der sich uns in den Weg gestellt hat, bitter dafür bezahlen ließen«, erwiderte Zersia mit einem zufriedenen Lächeln. Sie grinste wie eine selbstgefällige Katze, die eine besonders große Schale Sahne ergattert hatte.
»Was mich zum nächsten Punkt der Geschichte bringt«, leitete Kaj ein. »Wie schön, dass Leandra zu meiner Rettung naht, aber den Angriff können wir uns sparen.«
»Es ist wunderbar, dass du wohlbehalten wieder bei uns bist, dennoch ist dieser Angriff in erster Linie nicht zu deiner Rettung geplant worden, sondern um einen weiteren Stützpunkt zu zerschlagen«, sagte Jase zögerlich.
»Aber davon spreche ich doch. Es gibt nichts mehr zu zerschlagen.«
»Was-«
»Ich habe niemanden am Leben gelassen, eine Entdeckung ist zu riskant.« Meine leise Erklärung unterbrach Kajs Bruder.
»Du hast sie alle getötet?«, fragte Ayasha erstaunt. »Es waren doch mehrere hundert…« Sie sprach nicht weiter.
»Ein paar habe ich Van und Zersia gelassen«,
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