Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
heraus. »Ich gehe aus.«
Evangeline hob den Kopf. »Aus?«
»Was, jetzt?«, fragte Lord Rudolph.
Austin steckte das Päckchen in seine Jackeninnentasche. »Ich bin bereits spät dran.«
Lord Rudolph betrachtete ihn skeptisch. »Sie überbringen die Dokumente.«
Als Austin nickte, sagte Lord Rudolph: »Ich sollte Sie begleiten.«
»Nein, ich will, dass Sie und Seward hier bei Evangeline bleiben. Sie darf zu Mrs. Milhouse zurück, aber auch dort bleiben Sie bei ihr!«
Lord Rudolph stand auf und schritt zum Schreibtisch hinüber, die aristokratischen Lippen leicht gekräuselt. »Sie überlassen sie meiner Obhut?«
»Nicht, weil ich Ihnen besonders vertraue«, erwiderte Austin streng, »aber Sie können sie schützen. Und ich vertraue Seward.«
»Vorhin hielten Sie die Gefahr noch für geringfügig. Und Anna und Sebastian sind tot.«
»Geringfügig wird sie sein, sobald ich die Papiere überbracht habe. Bis dahin will ich, dass sie beschützt wird.«
Evangeline erhob sich und trat auf die beiden zu. »Würden Sie bitte alle beide aufhören, über mich zu reden, als wäre ich gar nicht da?«
Ihm wurde sehr warm, und es juckte ihn in den Fingern, ihr das Haar aus der Stirn zu streichen. »Evangeline, wenn Sie einen Raum betreten, weiß ich stets, dass Sie da sind. Ihre Gegenwart entginge mir nie.« Sein Blick wanderte von ihrem zerzausten Haar über ihre verrutschte Brille zu ihren geschwungenen roten Lippen. »Ich komme so schnell zurück, wie ich kann. Gehen Sie zu Mrs. Milhouse, falls Sie sich dort sicherer fühlen.«
»Ich würde lieber hierbleiben.«
»Wenn Sie es wünschen.«
»Austin, seien Sie vorsichtig!«
Die Worte schwebten zwischen ihnen, während Austin sich danach sehnte, sie in die Arme zu nehmen, sie zu küssen, sie festzuhalten und sich in ihr zu verlieren. Doch Wittington stand stirnrunzelnd neben ihm, und seine Verabredung wartete.
Also nickte er nur kurz und ging.
Lord Rudolph folgte ihm in die Diele hinaus, wo Austin seinen Hut und seinen Mantel nahm und dem Diener bedeutete, mit ihm zu kommen. Er würde ihn begleiten, obwohl Austins Mentor darauf gedrängt hatte, das Treffen geheim zu halten. Doch wenngleich sein Diener keine große Hilfe wäre, könnte er Austin im Falle eines Kampfes wenigstens warnen, falls etwas schiefging.
Lord Rudolph hielt ihn zurück, als er zur Tür wollte. »Ich hatte unrecht, Blackwell. Sie lieben sie, nicht wahr?«
Austin betrachtete ihn nachdenklich. »Passen Sie auf sie auf!«
Wittingtons Mundwinkel zuckten. »Sie armer Kerl!« Er klopfte Austin auf die Schulter. »Ich gebe auf sie acht. Keine Sorge!«
Austin nickte bloß. Im Verlauf der letzten Stunde hatte sich gezeigt, auf welche Freunde er wirklich zählen konnte, und es war eine gleichermaßen schmerzliche wie beruhigende Erkenntnis.
Er setzte seinen Hut auf und trat in die kühle dunkle Nacht hinaus.
Captain Gainesboroughs Haus wirkte einladend. Austin war schon so oft hier gewesen, dass ihm sämtliche kleinen Eigenheiten vertraut waren: der oben etwas ausgeschlagene Stein neben der Vordertür, die wackelnde Scheibe im schmalen Fenster über der Tür, das knarrende Dielenbrett gleich in der Eingangshalle. Ja, dieses Haus kannte er besser als sein eigenes.
Der Duft von Bienenwachs und frischen Blumen erfüllte die Diele. Ein grünblauer Läufer erstreckte sich über die ganze Korridorlänge, und eine Wand war vollständig von einem Landschaftsbild verziert.
Austin gab Gainesboroughs Diener seinen Hut und Mantel und ging direkt zur Bibliothek durch, wo Gainesborough seine Abende zu verbringen pflegte, während sein Diener in der Diele blieb.
Sein Mentor – ein Mann mit silbergrauem Haar und einem kantigen Gesicht, in dem sanfte Augen leuchteten – erhob sich aus seinem Sessel und streckte seine Hand aus. »Austin!«
Austin schritt auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. Dann umarmte Captain Gainesborough ihn fest.
Anschließend trat der Captain zurück und sah Austin an. »Ich habe mir Sorgen gemacht, als Ihr Schiff sich verspätete.«
»Ich musste einen kleinen Umweg machen.«
Der Captain lüpfte die Brauen ein wenig, wartete einen Moment und schüttelte den Kopf. »Setzen Sie sich, mein Sohn! Möchten Sie einen Brandy?«
»Nein danke. Ich muss meinen Besuch kurz machen.«
Der Captain nahm den Glasstöpsel von einer Karaffe und schenkte sich Brandy ein. »Was hält Sie denn davon ab, ein bisschen Zeit mit Ihrem alten Freund zu verbringen? Sie sind mit Ihrer Pflicht
Weitere Kostenlose Bücher