Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
Gärten mit Eisentoren zur Straße hin. Schließlich hielt die Kutsche vor einem solchen. In beiden benachbarten Häusern schien Licht aus den oberen Fenstern, wohingegen Austins Haus, soweit Evangeline es sehen konnte, dunkel war.
Ein Junge, der hinten auf der Kutsche gesessen hatte, sprang herunter und lief zum Haus. Er hatte eine Wachskerze in der Hand, deren Flamme er abschirmte. An der Tür hob er die Glashüte der Laternen und zündete sie an. Gleich schien angenehm warmes Licht auf.
Mr. Seward stieg aus der Kutsche und half Evangeline heraus. Kaum berührten ihre Stiefel das harte Pflaster, wurde ihr ein bisschen mulmig. Ihr Gefühl sagte ihr, wäre sie erst einmal über den Weg zum Haus geschritten, würde sie nicht wieder gehen. Ihr Leben könnte hier enden, eingefangen zwischen Austins Verlangen und ihren eigenen widersprüchlichen Emotionen.
Sein rotes Backsteinhaus ragte vor ihr auf, ebenso streng und einschüchternd wie er selbst. Die Eingangstür war schwarz lackiert mit einem polierten Messingklopfer. Mr. Seward klopfte jedoch nicht, sondern angelte einen schmalen Schlüssel aus seiner Tasche, den er ins Schloss steckte.
Gleich darauf öffnete sich im Nebenhaus eines der oberen Fenster, und eine Frau mit einer weißen Morgenhaube lehnte sich heraus. Die Bänder ihrer Haube flatterten im Wind wie weiße Fahnen.
»Captain Blackwell ist nicht daheim!«, rief sie. »Wir erwarten ihn aber dieser Tage zurück.«
Mr. Seward trat einen Schritt zurück und hob seinen Zweispitz. »Wir kommen eben von seinem Schiff. Diese junge Dame ist Captain Blackwells Braut.«
Die Frau riss vor Staunen den Mund auf, dann verschwand die Morgenhaube wieder. »Haben Sie das gehört, Mr. Milhouse? Unser Captain heiratet!« Nun beugte sie sich erneut aus dem Fenster. »Ich komme sofort herunter.«
Unweigerlich malte Evangeline sich aus, wie die Frau geradewegs aus dem Fenster zu ihnen hinunterplumpste, was sie natürlich nicht tat. Stattdessen verschwand die Morgenhaube ein weiteres Mal, und das Fenster wurde zugeschlagen.
Mr. Seward öffnete die Tür. Als Erstes ging der Junge mit der Kerze hinein und zündete drinnen alle Kerzen an, die in der Diele standen.
Gleich darauf stellte Evangeline fest, dass sie sich in einem weißgetäfelten Eingangsbereich mit glänzendem Marmorboden befand. Auf einer Seite führte eine Treppe gerade hinauf ins obere Stockwerk, und zu beiden Seiten gingen Flügeltüren von der Diele ab.
Alles wirkte bedrückend, kalt und ungemütlich. Evangeline presste die Lippen zusammen und stand regungslos da. Nein, sie würde sich von diesem Haus nicht einschüchtern lassen!
Sie hörte ein Rascheln hinter sich, drehte sich um und sah die Frau aus dem Nebenhaus, die hereingerauscht kam. Begeistert ergriff sie Evangelines Hände. »Oh, mein Gott! Ich bin Mrs. Milhouse. Seit unzähligen Jahren sind wir Captain Blackwells Nachbarn, und ich bin so überglücklich, dass er wieder heiratet. Gott segne Sie, mein Kind!«
Nachdem das Schiff angelegt hatte, arbeitete Austin die ganze Nacht und den nächsten Tag sowie den Abend durch. Er traf sich mit dem Hafenmeister, mit dem Vertreter der Reederei, dem Kaufmann, dessen Ladung sie transportiert hatten, und mit seinen Offizieren. Mit dem Kaufmann gab es einige Unstimmigkeiten, weil er behauptete, seine Waren wären beschädigt worden, aber dann öffnete Austin persönlich ein paar Kisten und zeigte ihm, dass der französische Brandy wohlbehalten angekommen war.
Später kam der Sekretär des Hafenmeisters an Bord, der seinen Extrabonus abholen wollte, allerdings auf dem Absatz kehrtmachte, als er erkannte, dass der Captain Austin Blackwell war.
Lord Rudolph war wortlos verschwunden und hatte nicht einmal hinterlassen, wo er in Boston wohnen würde, worum Austin ihn gebeten hatte. Austin ließ ihn diskret von Cyril verfolgen, doch dieser kam nach nicht einmal einer Stunde zurück und beichtete zerknirscht, dass er den Engländer aus den Augen verloren hätte. Austin fluchte, war aber nicht sonderlich überrascht. Er würde einige Leute in Boston unterrichten, dass Lord Rudolph in der Stadt war. Und sicher könnte er ihn jederzeit finden, wenn es sein musste.
Die Meuterer, die größtenteils sehr verängstigt waren, übergab er dem Amtsrichter, ebenso wie Albright. Stunden hatte er mit dem Burschen verbracht, ohne dass die strenge Befragung oder die Drohungen etwas bewirkt hatten. Austin wusste immer noch nicht, wer den Jungen geschickt hatte, um ihn
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