Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)
komme in ein paar Minuten nach, okay?«
Sie wartete ab, bis sie Fenjas Schritte auf der Treppe nach oben hörte, bevor sie das Gespräch annahm.
»Es tut mir leid, wenn ich dir auf die Nerven gehe«, entschuldigte sich Daniel, nachdem er Suna begrüßt hatte. »Ich wollte nur nachfragen, ob sich Fenja wieder an irgendetwas erinnern kann.«
»Nein, leider nicht. Sie hat sich noch ein paar Mal das Bild angesehen, das du uns hiergelassen hast, aber auch das hat nichts gebracht.«
»Und gibt es sonst Neuigkeiten?«
Suna zögerte einen Moment, entschied dann aber, dass sie Daniel voll vertrauen konnte. »Allerdings«, bestätigte sie. »Wir haben inzwischen herausgefunden, dass Fenjas Nachbar Kristian für die mysteriösen Anrufe mit Marks Stimme verantwortlich ist, wissen aber noch nicht, welches Motiv dahintersteckt.«
»Kristian?«, wiederholte Daniel. »Ist das nicht der Fotograf? Derjenige, der sich als Einziger daran erinnert hat, Lukas oder Sébastien gesehen zu haben?«
Suna nickte »Genau der. Das Ganze wird immer merkwürdiger. Es gibt da nämlich noch etwas, das uns gewaltige Sorgen bereitet. Carolin ist den ganzen Tag nicht im Hynsteblom aufgetaucht. In ihrer Wohnung ist sie auch nicht und ihr Telefon ist abgeschaltet. Man könnte sagen, sie ist spurlos verschwunden.«
Einen Moment herrschte Schweigen. Dann sagte Daniel düster: »Nicht nur sie. Erinnerst du dich an den Privatdetektiv, den ich beauftragt habe, Peter Lobinski? Heute Vormittag hat er mich noch angerufen, dass er mich dringend treffen wollte, weil er etwas herausgefunden hat. Ich probiere es schon seit Stunden auf seinem Handy und in seinem Hotel, aber er ist einfach nicht zu erreichen.«
Sonntag, 17. Februar
Ein dumpfes Geräusch weckte Carolin. Sie schlug die Augen auf, doch an der Dunkelheit um sie herum hatte sich nichts geändert. Sie sah nichts, absolut nichts.
Aber sie hörte etwas. Zu dem stetigen Auf und Ab der Wellen kam jetzt ein scharrendes, schleifendes Geräusch. Es schien von oben zu kommen. Irgendjemand war ganz in ihrer Nähe.
Blitzschnell richtete sie sich auf und öffnete den Mund, um zu schreien. Aber ihre Kehle war so trocken, dass sie kaum mehr als ein Krächzen zustande brachte.
»Hilfe! Hilfe, ich bin hier unten!«
Selbst in ihren an die Stille gewöhnten Ohren kam ihr ihre Stimme lächerlich leise vor. Trotzdem schien man sie gehört zu haben. Ein Knirschen ertönte schräg über ihr, und plötzlich fiel ein greller Lichtstrahl auf ihr Gesicht.
Geblendet kniff sie die Augen zusammen. Trotzdem hätte sie vor Erleichterung beinahe aufgeschluchzt. Dort oben war jemand mit einer Taschenlampe. Und er hatte sie gesehen. Sie war sich sicher, dass es nun bis zu ihrer Rettung nicht mehr lange dauern konnte.
Wieder hörte sie das Schaben. Sie hielt die Hand vor die Augen, um sie gegen das helle Licht abzuschirmen, und versuchte zu erkennen, was über ihr vor sich ging.
Plötzlich fiel etwas Großes, Schweres herunter und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Betonboden. Carolin machte erschreckt einen Schritt rückwärts und presste sich schutzsuchend mit dem Rücken gegen die Wand. Entsetzt beobachtete sie, wie sich die Luke über ihr wieder schloss und der Lichtstrahl verschwand.
»Nein!«, brachte sie mühsam hervor. Sie bemühte sich, ihren stoßweise gehenden Atem wieder einigermaßen unter Kontrolle zu bringen, aber es gelang ihr nicht. Sie fragte sich, ob es Einbildung gewesen war oder ob sie wirklich im Schein der Taschenlampe die Silhouette eines Menschen gesehen hatte, den man in ihr Verlies geworfen hatte.
Sie unterdrückte einen Schluchzer und tastete sich vorsichtig auf allen Vieren kriechend in die Richtung vor, in die der Körper liegen musste. Nach dem grellen Licht der Taschenlampe kam ihr die Dunkelheit umso bedrohlicher vor.
Es dauerte nicht lange, bis ihre Finger auf etwas Weiches, Nachgiebiges stießen. Ein grober, sich klamm anfühlender Stoff, vielleicht eine Jacke.
»Hallo? Können Sie mich hören? Bitte antworten Sie doch«, flehte sie heiser, doch alles blieb still.
Sie kniete sich hin und tastete jetzt mit beiden Händen, bis sie sicher war, dass es sich um einen Ärmel handelte. Langsam ließ sie ihre Finger aufwärts wandern, bis sie einen Kragen fühlte, und darüber Haut. Kalte Haut .
»Hallo?«, wiederholte sie. Ihre Stimme hatte einen hysterischen Ton angenommen. »Geht es Ihnen nicht gut? Brauchen Sie Hilfe?«
Obwohl sie bereits ahnte, dass sie keine Antwort
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