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Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Titel: Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Wassermann
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so laut sie konnte. »Hilfe! Ich bin hier eingesperrt!«
    Aber es kam keine Reaktion.
    Angestrengt und mit angehaltenem Atem lauschte sie. Waren irgendwo Stimmen oder andere Geräusche, die verrieten, dass jemand in der Nähe war? Irgendeinen Hinweis musste es doch geben!
    Doch sie hörte nichts bis auf ein gleichmäßig auf- und abschwellendes Rauschen, das sie gut kannte. Sie musste sich recht nah am Meer befinden. Und sie war allein. Vollkommen allein.
    Trotz ihrer hämmernden Kopfschmerzen zwang sie sich dazu, sich langsam aufzusetzen. Sie wollte aufstehen, aber da sie nicht das Geringste sehen konnte, tastete sie erst mit den Händen in alle Richtungen. Der Boden fühlte sich eben und einigermaßen glatt an, und an einer Seite konnte sie eine Wand ertasten. Vorsichtig richtete sie sich auf, hielt dabei aber ständig eine Hand über den Kopf, weil sie nicht wusste, wann sie an die Decke oder ein anderes Hindernis stoßen würde. Doch selbst als sie ganz aufrecht stand und die Hand nach oben streckte, konnte sie die Decke nicht erreichen. Der Raum musste also ziemlich hoch sein.
    Mit einer Hand an der Wand, die andere wie einen Blindenstock vor sich hin- und herschwingend schob sie sich vorwärts. Sie folgte dem Umriss des Raumes, wobei sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Als sie in eine Pfütze mit Wasser trat, zuckte sie erschreckt zusammen, biss aber die Zähne aufeinander und lief weiter. Dabei zählte sie die Zimmerecken. Als sie bei fünf ankam, war sie sich sicher, ihr Gefängnis umrundet zu haben, ohne auf eine Tür gestoßen zu sein.
    Sie spürte die aufsteigende Panik, zwang sich aber zur Ruhe.
    » Ich hole dich da so schnell wie möglich wieder raus «, murmelte sie wie ein Mantra immer wieder vor sich hin. Diesen Satz hatte er ihr ins Ohr geflüstert, bevor die Wirkung der Spritze eingesetzt hatte. Und daran hielt sie sich jetzt fest.
    Sie wiederholte die Umrundung des Raums, tastete diesmal aber die gesamte Höhe der Wand ab. Vielleicht gab es weiter oben oder unten eine Luke, durch die sie aus diesem verdammten Gefängnis entkommen konnte. Als sie erfolglos wieder in der Ecke angekommen war, in der sie mit ihrer Suche begonnen hatte, ließ sie sich entmutigt an der Wand hinabgleiten und blieb matt am Boden sitzen.
    Plötzlich hatte sie eine Idee.
    Beinahe hätte sie laut aufgelacht. Dass sie darauf nicht schon viel früher gekommen war! Sie tastete in ihren Jackentaschen nach ihrem Telefon. Aber sie fand es nicht. Er musste es ihr abgenommen haben, bevor er sie hier eingesperrt hatte. Resigniert ließ sie den Kopf sinken. Sie biss die Zähne zusammen, damit sie beim Zittern nicht aufeinanderschlugen, und schlang die Arme um sich. Zum Glück trug sie ihren dicken Daunenmantel und die gefütterten Stiefel. So war die Kälte wenigstens einigermaßen zu ertragen.
    »Ich hole dich da so schnell wie möglich wieder raus«, murmelte sie weiter. Sie wollte daran glauben, nein, sie musste daran glauben.
    Doch dann fing sie laut an zu schluchzen.
    »Bitte«, flehte sie, »bitte beeil dich!«

*
    Suna saß im Hinterzimmer des Hynsteblom und verfolgte gelangweilt Kristians Aktivitäten auf seinem Handy.
    Fenja hatte den Laden gerade geschlossen und zählte die Tageseinnahmen. Während des Nachmittags hatte sie alle Freunde von Carolin abtelefoniert, die sie kannte, aber niemand hatte etwas von ihr gehört.
    Suna überlegte, ob sie ihr von der bewegten Vergangenheit ihrer Freundin erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Das würde ihnen in dieser Situation nicht weiterhelfen, konnte aber das Vertrauen völlig zerstören, das Fenja zu Carolin hatte.
    Ihre Gedanken wurden von Fenja unterbrochen, die den Kopf zur Tür hereinstreckte.
    »Und?«, erkundigte sie sich. »Hat er schon etwas Interessantes von sich gegeben?«
    Suna merkte, dass Fenja betont gelassen wirken wollte, ihre Anspannung aber kaum verbergen konnte. Sie schüttelte den Kopf.
    »Er ist seit mehr als eineinhalb Stunden in einem Internet-Forum für Fotografen unterwegs und diskutiert irgendwelches Fachchinesisch über Objektivweiten, RAW-Dateien und Belichtungen. Ich sage dir, manchmal nervt mein Job ganz schön.«
    Fenja lachte. »Vielleicht kann ich dich ja mit einem guten Essen trösten. Ich wollte jetzt hochgehen und etwas kochen. Hast du Hunger?«
    »Unbedingt«, seufzte Suna. In diesem Moment klingelte ihr Telefon. »Es ist Daniel«, teilte sie Fenja nach einem kurzen Blick auf das Display mit. »Geh ruhig schon vor, ich

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