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Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition)

Titel: Sturmflut: Ein Fall für Suna Lürssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Wassermann
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Bekannte. Inzwischen bereute sie es, dass sie ihr nichts über ihre Vergangenheit erzählt hatte. Sie hätte es bestimmt verstanden, das war sich Carolin inzwischen sicher. Aber jetzt war es zu spät.
    Was würde Fenja über sie denken, wenn sie nie wieder auftauchte? Sie lachte freudlos auf. Nun, eigentlich war das ja klar. Wenn sie etwas über ihr Vorleben erfuhr, musste sie davon ausgehen, dass Carolin eine von den vielen war, die es nicht geschafft hatten, sich auf Dauer aus dem Drogensumpf zu befreien.
    Carolin spürte die heißen Tränen, die über ihre Wangen liefen, aber sie brachte nicht einmal mehr die Kraft auf, sie wegzuwischen.
    Doch plötzlich zuckte sie zusammen. Sie hatte das Gefühl, in etwas Nassem zu sitzen. Vorsichtig tastete sie mit der Hand auf den Boden – und griff in eiskaltes Wasser, das sich langsam über den Boden ausbreitete.
    Sofort sprang sie auf. Zuerst begriff sie nicht, was vor sich ging, doch dann dämmerte es ihr.
    Inzwischen war sie sich sicher, dass sie sich nicht geirrt hatte, was das Geräusch der Wellen anging. Es war lauter geworden, weil die Flut kam. Und jetzt wusste sie auch, woher die Wasserpfütze weiter vorn stammte. Der Raum musste so tief liegen, dass die Flut das Wasser der See hineindrückte.
    Panik stieg in ihr auf. Wenn ihr Gefängnis so knapp über dem Meeresspiegel lag, dass schon die normalen Gezeiten Spuren hinterließen, konnte es verdammt eng werden. Falls der Sturm nicht deutlich schwächer geworden war, konnte das Wasser um einiges höher steigen als gewöhnlich. Und dann konnte sie in diesem elenden Verlies ertrinken.
    Sie spürte, wie das Wasser langsam durch die Nähte ihrer Stiefel drang. Es schmerzte beinahe, so kalt fühlte es sich an.
    Panik stieg in ihr auf.
    Sie wollte nicht ertrinken, schon gar nicht hier, in diesem dunklen, stinkenden Loch.
    Doch dann durchzuckte sie ein Gedanke. Sie wusste, wie es Menschen im kalten Wasser erging.
    »Nein«, sagte sie laut und lachte hysterisch auf. »Ich werde hier nicht ertrinken. Bis das Wasser so hoch steigt, dass ich nicht mehr stehen kann, bin ich längst an Unterkühlung gestorben.«

*
    Der Sturm hatte nicht nachgelassen. In unregelmäßigen Abständen peitschte er den Regen gegen das große Schaufenster des Hynsteblom. Dann übertönte das Prasseln beinahe alle anderen Geräusche im Inneren des Ladens, und der Druck der Böen brachte das Glas zum Klirren.
    Immer wieder wanderte Fenjas Blick besorgt zum Schaufenster. Aber noch hielt die Scheibe dem Wetter stand.
    Fenja, Suna und Daniel waren immer noch damit beschäftigt, alles Wertvolle in Sicherheit zu bringen. In bedrückter Stimmung packten sie die Waren des Hynsteblom in Kartons und trugen sie nach oben in Fenjas Wohnung. Dabei sprachen sie kaum. Alle hingen ihren Gedanken nach.
    Als Sunas Handy mit einem lauten Piepen signalisierte, dass Kristian ein Telefonat führte, zog sie es sofort aus ihrer Tasche und hielt es ans Ohr. Sie hoffte, endlich mehr über das Motiv seiner Anrufe herauszufinden, wenn sie sonst schon nicht weiterkamen. Die Nummer, die Kristian gewählt hatte, kannte sie nicht. Doch als der Angerufene sich meldete, riss sie erstaunt die Augen auf.
    Fenja und Daniel hielten mit dem Einpacken inne und sahen sie fragend an.
    »Kristian telefoniert mit Gramser«, flüsterte sie den beiden zu und stellte das Telefon auf Lautsprecher um, sodass alle mithören konnten.
    »Du musst sie unbedingt da rausholen. Ich hänge hier auf dem Festland fest und komme nicht mehr rüber auf die Insel. Wenn die Flut so hoch wird wie angekündigt, ertrinkt sie«, klang Kristians leicht verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher.
    Gramser lachte höhnisch auf. »Na und? Ein Problem weniger. Sei doch froh, wenn der Sturm uns das abnimmt. Dann müssen wir uns nicht selbst um die Beseitigung kümmern.«
    Fenja starrte entsetzt auf das Telefon in Sunas Hand. Die Hände hatte sie fest zu Fäusten geballt. Als sie den Blick hob und Suna ansah, formte sie stumm das Wort »Carolin?« mit den Lippen.
    Suna nickte mit zusammengepressten Lippen.
    »Beseitigung?«, fragte Kristian tonlos. Er klang schockiert. »Aber du hast doch gesagt, wir sperren sie nur solange ein, bis wir uns mit der Kohle aus dem Staub machen können.«
    Wieder ertönte Gramsers Lachen. »Und das hast du geglaubt?«, erwiderte er kalt. »Ich werde doch jetzt nicht abhauen. Jetzt, wo es gerade so gut läuft. Wir haben doch noch ein paar fette Kühe auf der Weide, die unbedingt gemolken werden

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