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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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des Mittlandes. Zu ihrer Rechten fiel das Land in sanft bewaldete Hänge und Hügel ab. Am Horizont konnte Hel ein Flirren ausmachen, dünn wie ein Haar. Dort lagen die Grenzen zum Alten Reich. Die Kauenden Klippen im Norden, die Silbernen Steppen weiter im Westen. Bilder stürzten auf Hel herab, wogende Grashalme, breit wie Männerarme, aus der Erde wuchernde Schilftentakel, blubbernde, schmatzende Ölteiche und Seufzen im Wind, Stimmen zwischen feuchten Schatten und dunstigem Zwielicht. Karat! Hier …
    Hel presste die Augen zu, versuchte sich auf das Reiten zu konzentrieren. Zum ersten Mal wollte sie nicht wissen, wo Karat war. Nicht, wenn er sich in den Silbernen Steppen befand …
    Das Land, so schwindelerregend fruchtbar, sprießend und kriechend vor Leben. Unbekannte Bestien in den Schatten des Schilfes, Kreaturen, die den launenhaftesten Albträumen der Natur entsprungen waren …
    Ohne es verhindern zu können, hörte sie Mercurins ruhige Stimme in sich, die murmelte: Das Land ist nicht gefährlich, es ist wunderschön in seiner Wildheit. Es ist ein Teil von uns und wir sind ein Teil von ihm.
    Als sie am folgenden Abend erwachte, zweifelte sie nicht mehr daran, dass Karat in den Silbernen Steppen war. Und nicht nur er. Mercurins Flüstern, seine Worte waren wie warme Tropfen in der Finsternis ihres Schlafes. So verlockend und auf einmal so nah. Aber er war ein Dämon. Und er hatte die getötet, die ihr am nächsten gestanden waren … Hel schüttelte die Erinnerung ab, so gut sie konnte. Lieber konzentrierte sie sich darauf, was sie gesehen hatte: das endlose, flache Land, die Erde zitternd vor Leben … sie schauderte. Karat trug das Totenlicht, das ihn schützte. Aber wenn sie ihm folgten, wäre das ihr sicherer Tod. Die Silbernen Steppen waren noch voller Leben. Alles war in Bewegung und würde jeden verschlingen, der einen Fuß hineinsetzte.
    Schweigend aß Hel ihre Ration und überlegte, was sie den anderen sagen sollte. Jeden Tag vor ihrem Aufbruch musste sie Olowain berichten, was sie in ihren Visionen von Karat gesehen hatte. Sie schluckte und verschloss ihren Wasserschlauch. Wieder klangen Mercurins Worte in ihrem Kopf, sie konnte es nicht verhindern – sie lief rot an. Und plötzlich wusste sie, warum ihr die Worte so vertraut vorkamen. Einer Eingebung folgend, begann sie in ihrem Quersack zu wühlen und zog das Buch hervor, das sie aus Aradon mitgenommen hatte, Die Leiden des jungen Waydir. Jurebas Lieblingsbuch, anhand dessen sie Hel das Lesen beigebracht hatte. Hel blätterte darin, bemüht, dabei gleichgültig oder wenigstens nicht halb so aufgeregt zu wirken, wie sie sich fühlte. Und dann fand sie es tatsächlich – fassungslos starrte sie auf den Text. Da war es, das Gedicht, das sie mit Mercurins Stimme in ihren Träumen hörte. Ungläubig betrachtete sie die Worte. Er war ihr schlagartig so nah, dass ihr Herz zu rasen begann.
    Bei Dämmerung streif ich durch Gärten
    Um dich im Federblau zu sichten.
    Doch zum Schutz vor meinen Blicken
    Willst du ein Nebelzelt errichten.
    Ein scheuer Vogel ist dein Herz!
    Holt keine Krumen, die am Tor ausliegen.
    Wird nur im Freien zu mir fliegen.
    Tagelang steh ich am Weg
    Und hoffe auf ein Zeichen.
    Doch die Weiden, müde, schweigen –
    Und du schläfst in alten Eichen.
    Ein stiller Vogel ist dein Herz!
    Singt nicht im kalten Morgengrauen.
    Will dem Tageslicht nicht trauen.
    Durch viele Nächte lauf ich rufend
    Und lausch der Bäume Rauschen.
    Ihre Zweige bergen dich –
    Könnt’ ich mit ihnen tauschen!
    Ein schöner Vogel ist dein Herz.
    Schillernd wie nichts, was ich sah.
    Ein Schweif am Himmel, ungreifbar.
    »Hel?«, fragte Olowain.
    Sie schlug das Buch zu, räusperte sich und kratzte sich am Hinterkopf.
    »Was hast du denn heute zu berichten?«, fragte er misstrauisch.
    »Karat ist bereits über die Kauenden Klippen.« Überrascht von ihrer eigenen Lüge, sah sie Olowain an. Es war ihr so leicht über die Lippen gekommen, dass sie einen Moment selbst daran glaubte.
    »Über die Kauenden Klippen? Schon jetzt?«
    Hel nickte.
    Olowain starrte sie erst skeptisch, dann zornig an. Hel erwartete jeden Moment einen Wutausbruch, doch stattdessen vergrub der Magier sein Gesicht in den Händen. Niemand sagte etwas. Auch Hel wartete darauf, dass er eine Reaktion zeigte. Schließlich hob er seufzend den Kopf und zog eine Eilige Feder aus seinem Quersack. Er schrieb eine hastige Botschaft in die Luft und stand auf. »Lasst uns weiterreiten. Zum Heer von

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