Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
der Menschen ist vorbei … herzlose Sklaven ihrer Gier, sie haben uns vergessen, verraten, uns verloren … du, Sohn der Inseln, werde zum Werkzeug unserer Rache … vernichte die Menschenbrut! Dein Volk … und unser Geschlecht … eine neue Welt …
Karat ertrank in Visionen einer Erde, von denen die Bleichhäutigen getilgt waren. Nur fruchtbares Land und Isen, und er, mit der Macht über alles … Aber es waren nur Trugbilder! Was scherten ihn die Menschen, die Isen, das Lebendige Land? Sie waren ihm alle gleichgültig. Alles war ihm gleichgültig. Auch er selbst.
»Damit habe ich nichts zu tun.« Karat schob die Muschel zurück in seine Tasche, dicht an sein welkes Herz, und nahm das Schwert in beide Hände. »Ich kämpfe nur für mich allein.« Er atmete aus. Er war frei. Langsam holte er aus und stieß sich die Klinge mitten ins Herz.
Die kreischenden Stimmen verschmolzen zu einem einzigen, lang gezogenen, lichtverspritzenden Schmerz. Die Dunkelheit kippte. Bleiernes Licht umfing Karat, so wie damals, als er das Dämonenmädchen erschlagen hatte.
Das Araidann entglitt seinen Händen. Er stürzte. Die Stimmen versanken, der Nebel sank, und das letzte, was Karat spürte, war das Gras, das nass schmatzend seinen Fall empfing.
Das Schwert allein ist nichts, doch in Händen ist es Leben, wird es Tod, durchfährt Traum und Wirklichkeit und erschafft – das Nichts.
Das Araidann steckt in der leblosen Brust seines Trägers, mitten im Herz. Doch das dunkle Herz pocht weiter. Pocht im Takt von Ebbe und Flut, lässt sich nicht zerstören von der gehärteten Seele der Strände. Es kann nicht zerstört werden. Es wandelt mit dem Leben.
Der Stahl ist ein schmaler Körper, der darauf wartet, erfüllt zu werden. Unaufhaltsam öffnet das Schwert sein Auge, ein Licht schreitet durch die gekrümmte Klinge. Es lebt.
Hebe deine Hand, befiehlt das dunkle Herz im Schwertkörper. Der Träger gehorcht. Er zieht das lebende Schwert aus der durchbohrten Brust und wischt sein eigenes Blut im Gras ab.
Steh auf.
Der Träger steht auf wie ein Träumender. Er ist schwer verletzt, doch sein Schwert verteidigt ihn gegen das Dunkel.
Finde und eine alle in dir, flüstert das Schwert. Sein Träger geht los, den Griff in seine Faust verwachsen.
Die immer da waren
M ercurin hatte Tätowierungen an den Innenseiten seiner Arme und auf den Schulterblättern. Hel folgte den dunklen Zeichen mit den Fingern. Eine geheime Logik schlief in diesen Zeichen, die mit Übermut auf seinen Körper gesetzt zu sein schienen wie von Koboldfüßen, wie schwarzer Sternenstaub im weißen Himmel seiner Haut. Die Male zeugten von den verschiedenen Weihen, die er bestanden hatte, sagte er. Seine Meister hatten sie ihm zugefügt. Hel fragte, wieso sie gestorben waren.
»Sie waren alt«, erwiderte Mercurin. »Wenn einen Meister das Leben verlässt, folgen ihm seine Geschwister.«
»Sie begehen Selbstmord?«
»Sie folgen ihm.«
Hel überlegte, ob diese Tatsache Mercurin deshalb weniger erschreckte, weil er andere Worte dafür benutzte.
»Gab es sonst keine anderen Menschen auf Hellesdîm? Nur eure vier Meister und deine Geschwister?«
Er nickte.
»Ich dachte immer, wo du herkommst, müsste es ein Mädchen geben, das dich vermisst.«
Er lächelte matt. »Liebe ist eine Erwartung, die man in deiner Welt ans Leben stellt. Mir kam es immer verwunderlich vor, dass die Liebe zu anderen Menschen euer einziger Sinn, eure Religion ist. Ein bisschen wenig, um sein Leben danach auszurichten, oder?«
»Ist es denn weniger als die Liebe zu deinem Tiefen Licht?« Hel drückte ihm einen Kuss auf die Wange. »Das kann dein Tiefes Licht zum Beispiel nicht.«
Er warf ihr einen schiefen Blick zu. »Das Tiefe Licht tritt mir aber auch nicht zwischen die Beine.«
Hel lachte. »Menschen, die sich lieben, machen das eigentlich auch nicht. Außer in einem Kampf um Leben und Tod.«
Er lächelte, sagte aber: »Bitte rede nicht von Kämpfen.«
Eine Weile schwieg sie. »Du fragst dich, ob wir beide uns wieder im Kampf gegenüberstehen werden, irgendwann.«
Mercurin beugte sich über sie und legte zwei Küsse auf ihre Mundwinkel. »Bitte sprich nicht weiter.«
Sie sahen sich an.
»Du wirst es wieder versuchen. Eines Tages tötest du mich und nimmst das Totenlicht.«
Er atmete flach aus. »Nein. Ich glaube …«
Sie zog ihn langsam an sich und ließ ihn unter einem Kuss verstummen. Er hatte recht. Es war besser, wenn sie nicht redeten.
Als es dämmerte, stand er auf und
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