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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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verlassen. Vergiss nicht, Karat. Auch du bist ein Sohn der Inseln. Du bist einer von uns und wir führen einen Kampf um unser Leben.«
    Die Stimmen fauchten um ihn herum, doch Karat sah und hörte nichts mehr außer dieser Fremden, die ihm einst die Muschel gegeben hatte als letztes Geschenk.
    Die Muschel war immer bei ihm gewesen, in jeder Stunde, und er hatte es nicht bemerkt. Sie war ein Stück Ewigkeit aus dem Meer, ein Stück Heimat … seine, Karats Heimat. Er war Karat, ein Sohn der Inseln, geraubt und entführt bis zu diesem Augenblick; aber die Muschel war immer dabei gewesen. Irgendwo war das Meer und irgendwo war Oyara, die stolze Mutter der Rebellen, und kämpfte für ihn mit. Es ist auch dein Kampf, hatte sie ihm gesagt. Und er war fortgegangen.
    Ein heftiger Windstoß traf ihn in den Rücken, ließ ihn taumeln. Fast hätte er die Muschel verloren, doch er klammerte sich mit beiden Händen an den kleinen Gegenstand.
    Er hatte eine Mutter gehabt. Er hatte eine Mutter. Ein Volk. Er war nicht nur leer, Körper für das Lebendige Land, er hatte ein eigenes, halb ersticktes Herz neben dem dunklen Herz –
    Der Wind riss ihn zu Boden, er stürzte in glitschiges Gras, aber er ließ die Muschel nicht los. Das Gras drang quietschend und fauchend zwischen seine Finger, wollte ihm Oyaras Geschenk entwenden – Karat ballte beide Fäuste, dass die Knöchel vortraten. Er hatte eine Erinnerung gefunden, wortlos, voller Güte.
    Eine Glocke aus schwarzem Nebel bildete sich schlagartig um ihn. Dahinter zuckten die Blitze weiter, aber er hörte keinen Donner mehr, das Regenprasseln war verstummt. Zitternd sah er auf. Alles war dunstige Dunkelheit. Wo war er?
    Lautlos schlichen die Lichter aus dem Nichts. Das erste Mal sah er sie, deren Stimmen er schon so lange gehört hatte. Sie hatten Körper aus Licht und Land. Ihre langen Glieder waren in schimmerndes Efeu und Moos gekleidet, ein Schleier aus Lichthaaren floss um ihre Schultern. Ihre Gesichter waren die überirdischen Abbilder von Menschen. Zartgeschnitten wie von feinen Klingen, kalt und ohne Regung. Karats Herz begann panisch zu rasen bei ihrem Anblick. Sie waren nicht aus Fleisch und Blut, aber sie bestanden auch nicht aus reinem Lirium wie Geisterwesen. Sie waren mehr, als sein Verstand erfassen konnte, gehörten zu einer anderen Wirklichkeit, deren bloße Existenz allem widersprach, was Karat vor dem Verrücktwerden bewahrte.
    »Lass … dasss … Ding losss!«, zischten die Wesen. Ihre Lippen bewegten sich mechanisch, als kämen die Worte nicht wirklich aus ihren Mündern. Es waren viele, ein paar Dutzend oder mehr. Sie umzingelten Karat, schlichen um ihn, bereit ihn zu – was? Ihn zu töten? Sie konnten es gewiss mit Leichtigkeit, aber warum taten sie es nicht? Was wollten sie von ihm?
    »Du wärssst schon tot, hättesst du nicht dasss Totenlicht in dir!«
    Ihre Stimmen, weder männlich noch weiblich, schnitten wie Glas durch Karats Kopf, keine Spur mehr von der schmeichelnden Verlockung, die ihn all die Zeit bis hierher geführt hatte.
    »Ich … ich wollte dieses Licht nicht«, keuchte Karat. Seine Brust hämmerte, als müsste er platzen, und deutlicher denn je spürte er, dass etwas Fremdes in ihm hauste.
    »Du hassst … du hassst esss dem Dämonenmädchen gestohlen, esss ist deinss, deinsss!« Sie waren übermächtig, die Worte. Hallten zischelnd in ihm nach und verglühten alle Gedanken. Doch sie sagten nicht die Wahrheit – das dunkle Herz, das ihn mit Leben erfüllte, gehörte ihm nicht. Er gehörte ihm .
    »Wer … seid ihr?« Jedes Wort fiel ihm schwer, musste sich einen Weg durch ihre silbrigen Stimmlawinen bahnen. Fahrig griff Karat nach dem Araidann auf seinem Rücken und zog es aus der Scheide. Die gebogene Klinge schnitt durch das Gezische wie ein Schweif der Stille, und plötzlich herrschte Schweigen.
    Karat packte den Schwertgriff, das Araidann fühlte sich an wie geschaffen für seine Hand. Karat, der Schakal, der bezahlte Tod. Er wusste wieder, wer er war.
    »Wer seid ihr?«, knurrte er.
    Die ersten … die alten … die einzigen! Herrscher der Welt! , dröhnte es aus den bleichen Raubtiergesichtern.
    Wir waren es, die den Menschen die Geheimnisse des Lebendigen Landes verrieten … die Druiden des Alten Reiches … waren unsere Schüler! Und ihre Herzen, ihre dunklen Herzen von einst gehören für immer uns!
    Karat atmete schwer. Das Hämmern in seiner Brust wollte ihn zersprengen.
    »Dann nehmt es euch wieder«, stöhnte er.
    Die Zeit

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