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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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blickte durch die Weidenzweige ins Land hinaus, das unaufhörlich wie ein träges Meer die Steininsel umströmte.
    »Meine Geschwister, Anetán und Saraide«, begann er zögernd, »ich habe sie einmal beobachtet. Sie haben sich gehalten, so wie wir.«
    »Geliebte, in Hellesdîm?«, fragte Hel verwundert. »Ich dachte, hier gibt es nur die Liebe zum Tiefen Licht.«
    Er drehte sich zu ihr um, betrachtete sie im blau werdenden Glanz des Abends. »Saraide ist klug. Sie hat sich Anetáns Schwäche zunutze gemacht. Auch bei mir hat sie es versucht.«
    Mit einem Stich in der Brust erinnerte Hel sich an die Druidin. Sie war schön, auf eine harte und wilde Art.
    »Bestimmt liebt sie Anetán nicht«, murmelte er. »Aber ihn hat sie blind gemacht für alles andere. Er sieht nur sie.«
    Hel hätte gerne gewusst, ob es bei Mercurin auch so war; ob er nur sie, Hel, sah. Aber sie traute sich nicht zu fragen. Sie fürchtete die Antwort.
    Mercurin lächelte. Die Zweige des Baumes schlossen sich um sie wie ein dichter Vorhang, umschlangen einander und bildeten eine Blätterhöhle. »Jetzt gibt es nichts mehr zu sehen. Nur dich.«
    »Jetzt«, wiederholte Hel traurig und lächelte.
    In dieser Nacht wachte Hel auf, weil ihr Herz raste. Sie konnte sich an keine Albträume oder Visionen erinnern, es war ganz still in ihr. Auch die Umgebung schwieg. Abends hatten sie noch die Grillen zirpen und Vögel singen gehört, aber nun lag eine flirrende Atemlosigkeit über der Welt.
    Mercurin war ganz ruhig neben ihr, sein Licht glomm schwach vor sich hin. Hel fiel es schwer, ihn anzusehen, und sie wandte sich ab. Jetzt mochte er neben ihr liegen, sich im Schlaf an ihre Hand klammern – es änderte nichts an seiner Natur. Nicht nur, dass er den Tod über die Welt bringen konnte, er wollte es. Früher oder später würde der Dämon wieder die Oberhand gewinnen. Diese bittere Wahrheit ließ sich vielleicht für eine Weile verdrängen, ändern aber konnte sie die Sache nicht. Wichtiger als sie war ihm immer noch sein schrecklicher Glaube, sein Wahn. Egal, wie sehr sie ihn liebte. Er liebte sie nicht genug. Hel atmete tief durch, und zum ersten Mal bekam sie eine Ahnung von dem Irrsinn, in den sie verstrickt war.
    Blasse Nebelschwaden sickerten durch die Zweige der Weide. Hel merkte es anfangs gar nicht; erst als eine kühle Brise um ihren Rücken strich, wurde ihr bewusst, dass das dichte Blattwerk sich öffnete.
    Hel … kannst es nicht, du kannst es nicht überhören, du hörst … hörst uns immer …
    Sie schauderte. Kamen die Stimmen aus ihrem Kopf oder aus der Nacht? Sie stand auf, kroch unter der Weide hervor, ohne ihren Beinen den Befehl gegeben zu haben, sich zu bewegen.
    Sieh … sieh hin, musst sehen … du musst … höre uns …
    »Wer seid ihr?«, flüsterte sie. Es war kalt, ihr Atem tanzte in Wolken vor ihr her.
    Die, die immer waren, immer sein werden, wir … sind immer …
    Hel hörte ihre Zähne klappern. Sie presste die Kiefer zusammen, versuchte sich zu beherrschen. Ihr würde jetzt nichts passieren. Was ihr drohte, das drohte ihr schon seit langer Zeit, würde nicht plötzlich über sie herfallen …
    Nein … nein, wir waren immer, sind immer …
    Lichter glitten durch den Nebel, immer am Rande ihres Blickfelds vorbei. Fort, sobald sie sich umdrehte.
    »Was wollt ihr?«, hauchte sie weiß in die Nacht.
    Denk nach, Hel, kleines Licht, das das Leben gefunden hat …
    Hel drehte sich im Kreis, aber es war zwecklos; die Gestalten blieben vage Schemen hinter ihr, zu schnell, um sie mit dem Blick zu fangen. Schweiß trat ihr auf die Stirn.
    »Ihr wisst, wer ich bin. Wieso habe ich ein Totenlicht? Und wie habe ich es bekommen?«
    Ihr war, als hörte sie Seufzen und Lachen.
    Das Leben … kann nehmen und geben … hat der kleinen Hel ein Licht eingegeben …
    »Hört auf, mich so zu nennen! Ich bin nicht klein.«
    Liebst du ihn?
    Hel sprang zurück – die Frage war ein Flüstern direkt an ihrem Ohr gewesen. Doch wieder war sie zu langsam, um zu sehen, wer auch immer hinter ihr gestanden hatte.
    Wieso liebst du den Dämon? Und wie hast du dieses Gefühl bekommen? , wiederholten sie ihre Worte.
    »Liebe hat keine Gründe.«
    Aber wie viele Gründe … sprechen dagegen? Sie sprechen dagegen, alle Worte …
    Liebe? , hauchte es an ihr vorbei. Es gibt mehr als diese Liebe, blindes Lichtchen … Gharra und Jureba, Nova, die Sturmjäger, deine Heimat, deine Welt … und dein Gewissen! Kannst du den kurzen Moment mit ihm über all das

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