Sturmkaempfer
hätte er darauf hoffen können, die loyalen Truppen zu besiegen. Wir erfahren vielleicht nie, wie viele wirklich darin verwickelt waren, aber durch das Misstrauen wird der Stamm erheblich geschwächt. Viele halten keine angemessene, rechtmäßige Menge an Vieh, Soldaten und Kriegsvorräten bereit …« Seine Stimme verklang, und im Zelt breitete sich wieder Trübsal aus.
Isak sah in die Gesichter, die zu Boden starrten. Bahls ohnehin ernste Miene spiegelte sich auf den Gesichtern Torls, Vesnas und Sir Cerses wieder – sogar auf dem der hübschen Meuchlerin Legana. Lordprotektor Ked, sonst ein ruhiger und bedachter Mann, presste die Kiefer aufeinander und Wutfalten zeigten sich auf der Stirn.
Überrascht erkannte Isak, dass ihr Leid nicht von der Aufgabe herrührte, die vor ihnen lag, sondern daher, dass ihre eigenen Leute sich so gegeneinander und gegen den Willen des Gottes wenden konnten.
Aufruhr gab es immer, aber den Sturz der ganzen Nation zu planen war noch etwas anderes. Der Stamm war stark geblieben, weil man sich aufeinander verlassen konnte – eine vielleicht überhebliche und Fremden gegenüber feindliche Lebensart, aber sie hatte ihn dennoch geschützt.
»Danke«, sagte er leise. »Jetzt weiß ich, was auf dem Spiel steht. Natürlich werde ich dabei sein. Ich tue alles, was nötig ist.«
Die Gesichter zeigten nun Anerkennung und Entschlossenheit. In den nächsten Stunden schrieb jeder der Männer eine schmerzlich lange Liste, während draußen der Winter seinen Griff um die Berge verstärkte, die sie Heimat nannten.
Ein leises Klopfen erklang an der Tür des Esszimmers. Amanas blickte seine Frau fragend an, doch ihrem Ausdruck nach zu urteilen wusste auch sie nicht, wer es war. Der Schlüsselmeister verbrachte oft ganze Tage in der heraldischen Bibliothek oder bei offiziellen Anlässen. Das Abendessen jedoch war ihre gemeinsame Zeit. Sie speisten an jedem Abend zusammen und ungestört, wenn keine Sache von Leben und Tod dazwischenkam. Amanas war zwar zerstreut, doch er wusste, dass dies seiner Frau wichtig war. Besucher hielt er zu dieser besonderen Zeit nach Kräften ab. Die Abende waren ihm heilig.
Der Diener trat ein und warf der Dame einen bangen Blick zu, um dann zu sagen: »Ich bitte um Vergebung für die Unterbrechung, Herr, aber da ist ein Besucher, der euch dringend zu sprechen wünscht.«
Amanas hatte keine Zeit zu antworten, da klang schon eine Stimme durch die offene Tür und ein Mann trat ins Essgemach. »Ich bitte um Entschuldigung, meine liebe Dame«, sagte er, verbeugte sich tief und küsste theatralisch ihre Hand. Der Mann war groß und schlank, mit grauen Strähnen im Haar. Er war modisch gekleidet, wenn auch etwas jugendlich. »Ich befürchte, die Angelenheit kann nicht warten. Ich muss Euch den Ehemann für eine Weile entführen.«
Jelana Amanas nickte knapp, stand auf und klopfte ihrem Mann im Gehen auf die Schulter. Sie sprach kein Wort mit dem Neuankömmling. Nachdem sie gegangen war, setzte sich der Mann auf ihren Platz und lehnte sich vor, die Finger verschränkt. Er studierte Amanas mit einem lauernden Ausdruck, der den Schlüsselmeister an den Haushofmeister erinnerte.
»Nun, Amanas, wie ist das Leben in der heraldischen Bibliothek?«
»So wie immer, Tänzer. Ich hoffe, du hast mein Essen aus gutem Grund unterbrochen?«
Der Mann, den man Tänzer nannte, kicherte bei der Erwähnung dieses Namens. Er war einer von Lesarls persönlichen Beratern, ein Mitglied des intimsten Hofstaates des Haushofmeisters. Nur wenige kannten diesen Namen. Er war für Angelegenheiten reserviert, die abseits der Öffentlichkeit stattfanden.
»Du hast einige Akten, die dich mein Auftraggeber vor einigen Jahren anzulegen bat. Du hast sie doch nicht zerstört?«
»Akten?«, fragte Amanas. Einen Augenblick lang hatte er keine Ahnung, wovon Tänzer sprach, dann erinnerte er sich. »Die Malich-Affäre? Ja, die habe ich noch, aber ich verabscheue es, wenn der Haushofmeister mich als seinen persönlichen Erpresser nutzt. Warum brauchst du sie? Nun, da Malich tot ist, droht doch gewiss kein Bürgerkrieg mehr?«
»Ich habe gerade Nachricht von der Armee in Lomin erhalten. Herzog Lomin ist tot.«
»Ermordet?«, fragte Amanas erschrocken.
»Von Elfen, nicht von Farlanhand. Das Problem ist sein Sohn, der Erbe Lomin. Er hat den Namen Herzog Certinses angenommen.« Tänzers Augen verengten sich. »Die Certinse-Familie kontrolliert nun einen Lordprotektor, ein Fürstentum, die Ritter der
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