Sturmkaempfer
Nartis leiteten – und Bahl hatte wenig Zeit für die Priester, die die Gemeinde betreuten.
Als die Palisadenmauern des Klosters endlich in Sicht kamen, war es schon Abend geworden. Er hatte den Morgen damit verbracht, sich von den Zaubern zu erholen, die er in der Nacht gewirkt hatte. Er hatte es nicht ausgehalten, keine Kennntis von dem zu haben, was im Osten geschah. Die Elfenarmee hatte sich wie eine Eiterbeule auf seiner Haut angefühlt, als er seine Sinne über den Wald ausgebreitet hatte. Die Armee hielt sich in den dunkelsten Ecken. Ein Netzwerk aus Spähern breitete sich von jedem der drei Truppenteile aus und magische Pfade reichten sogar noch weiter. Jeder von ihnen war eine Stolperschnur, die nur darauf wartete, ausgelöst zu werden, wenn sich das Opfer näherte. Bahl hoffte, sie in der Nacht ausreichend verwirrt zu haben.
Ein Steintor war der einzige Eingang, darüber flackerte in
einem kleinen Wachzimmer das Licht eines Feuers. Ein Dach hielt den Schnee ab, aber der Wind kam durch den schmalen Schlitz, der um das ganze Zimmer lief. Bahl konnte die zusammengekauerte Gestalt eines Novizen erkennen – trotz des Feuers musste es dort drinnen bitterlich kalt sein. Nach einigen Stunden in dieser Kälte wäre der Novize kaum in der Lage, Alarm zu schlagen, wenn er etwas sah … aber das Kloster sollte ja auch kein komfortabler Ort sein.
Bahl lief los, glitt leise über die Grasfläche, die den viereckigen Bau umgab. Der Kopf des Novizen hatte sich in eine andere Richtung gewandt, den Bäumen zu. Mit einem Sprung überwand Bahl die spitzenbewehrte Mauer und landete auf dem Wehrgang, der zum Torturm führte.
Die Wache hörte das Geräusch und fummelte an ihrem Bogen herum, während sie herumwirbelte, nur um ihn dann vor Schreck fallen zu lassen, als sie Bahl dort stehen sah, mit dem Bogen in der Hand und der Maske vor dem Gesicht. Einige Sekunden starrte der Novize nur überrascht, dann schrie er kurz auf, als Bahl über den Wehrgang auf ihn zukam. Der junge Mann vergaß seinen Bogen und kämpfte erst mit dem Vorhang, der die Tür verdeckte, dann mit dem Riegel, sodass Bahl bereits fast bei ihm war, bis er sie öffnen konnte. Außer sich vor Angst fiel er im Durchgang auf die Knie, die zitternden Hände unters Kinn gestemmt.
»L-l-lord Nartis«, wisperte er anbetungsvoll. Bahl blieb mit einem verwunderten Brummen stehen.
»Sei kein Narr, Junge«, blaffte er und ging an ihm vorbei zur Rampe, die hinab auf den steinernen Hof führte. Er hielt inne und sah sich im Innern des Klosters um, um sich zu orientieren. Fünf Rauchfahnen stiegen aus anderen Teilen des Gebäudes auf und erinnerten ihn daran, wo sich die Schlafräume befanden. Hinter ihm lag der Torturm, daneben befanden sich die Ställe für
das Vieh. Auf beiden Seiten war je ein Schlafsaal angesiedelt, einer für Novizen, der andere für die Mönche. Gleich vor ihm lag die Kapelle – und das Flackern von Kerzen hinter den Rosenquarzfenstern zeigte, dass er rechzeitig eingetroffen war: Das Licht brannte für den Abt und würde erst gelöscht, wenn er durch die Tore des Todes getreten war.
Der Hof war nur dreißig Meter lang. Ein Stapel gehackten Holzes war an die Wand des Schlafsaals gestapelt worden, als wolle man damit die Kälte abhalten. In den Steinen der Gebäude waren Risse zu sehen, das Skelett einer Kletterpflanze hing herab und wartete auf den Frühling. Bahl ging zu einer kleineren Tür rechts neben dem Kapelleneingang, die zu den Räumen des Abtes führte. Die Räume des Priors lagen gleich daneben, mit einer gemeinsamen Wand, sodass man sich einen großen Kamin teilen konnte. Hier schien Nartis Privatsphäre nicht zu schätzen, obwohl einige Kardinäle, die Bahl kannte, eigene Paläste besaßen.
Ein aufgerollter Teppich war vor die Tür gelegt worden, um den Zug abzuhalten. Bahl hörte das leise Rascheln, als er über das Stroh am Boden rollte. Die Tür führte in einen dunklen Empfangssaal, der nur von einem traditionellen, auf einer aufrollbaren Leinwand gemalten Gemälde geschmückt wurde, das Nartis zeigte. Er war leer und kalt, wurde er doch normalerweise nur für Mönche genutzt, die hier sitzen und darauf warten sollten, vorgelassen zu werden. Drei Paar schwerer Fellstiefel standen auf dem Boden, zwei davon achtlos hingeworfen, eines sorgfältig zur Wand ausgerichtet.
Bahl legte die Hand auf den Türriegel und zögerte, als er aus dem Inneren eine Stimme vernahm, die Gebete murmelte. Dann trat er ein. Auf dem Schreibtisch
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