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Sturmkaempfer

Sturmkaempfer

Titel: Sturmkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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aber ein weiter Weg. Sogar für ein Weißauge wäre er weit.«

    Tiniq räusperte sich laut. »Ich reite nicht gern und mag auch keine Pferde. Das beruht auf Gegenseitigkeit – ich wurde als Kind zwei Mal in der Übungskoppel abgeworfen und seitdem traue ich ihnen nicht mehr. Ich weiß, dass Ihr Euch Gedanken über meine Geburt macht, darum wolltet Ihr auch, dass ich Euch begleite, nicht wahr?«
    Bahl nickte. Die beiden Männer gingen in der Mitte der breiten Straße durch den Tempelbezirk.
    »Nun, ich bin nicht mein Bruder. Das ist sicher, aber wir haben doch einiges gemein. Vielleicht dauert es bei mir länger, bis ich nach Lomin gelange, aber der Weg ist zu Fuß kürzer und ich kann schneller laufen als jeder gewöhnliche Mann.«
    »Du hältst dich selbst nicht für einen gewöhnlichen Mann?«
    »Würdet Ihr es tun?«
    Bahl dachte darüber nach. Tiniq mochte vielleicht wie ein normaler Kerl wirken, aber er könnte seine Besonderheiten sicher nicht lang verbergen. »Vermutlich nicht, aber es wäre schön, eine Wahl zu haben. Was ist mit Kindern?«
    »Ob ich welche habe? Nein. Aber ich hatte doch auch … meinen Anteil an Frauen. Das mag also etwas sein, das ich mit Eurer Art gemeinsam habe.«
    »Magie?«
    »Ich …« Jetzt zeigte sich das Unbehagen deutlich in Tiniqs Stimme. Bahl schwieg und gab dem Mann Zeit. Er konnte vor der Frage nicht davonlaufen.
    »Ich besitze ein gewisses Gespür. Anders kann ich es nicht erklären. Die Magie meines Bruders ist zwar schwach, aber er kann doch Zauber wirken. Bei mir ist es anders. Ich kann besser jagen und kämpfen, als es möglich sein sollte. Meine Wahrnehmung ist gesteigert, meine Augen sehen besser als die gewöhnlicher Männer.«
    »Und was ist der Preis?«

    »Mein Lord?«
    Bahl konnte nicht ergründen, ob sein Unwissen echt war. »Der Preis, Tiniq, für diese Gaben… Nichts ist umsonst. Die Waagschalen müssen immer ausgeglichen sein.«
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte er fast. »Noch musste ich ihn nicht zahlen. Ich zähle im nächsten Jahr fünfzig Sommer und sehe nicht älter aus als dreißig – und ich werde stärker.«
    »Stärker?«
    »Mein Bruder hat es auch bemerkt. Vor ein paar Tagen sah ich ihn nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder. Als ich ihn umarmte, spürte er die Veränderung.«
    »Interessant.« Sie erreichten das Holztor, das nach Osten aus der Stadt führte. Der Frost in der Luft hatte das sanfte Wiegen der Blätter unterbunden. Alles war reglos und still. Bahl wandte sich dem kleineren Mann zu. »Wie gesagt, wir laufen, bis der Jägermond untergeht. Ich erwarte, dass du Schritt hältst.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er in einem langsamen Trott los, wurde gemächlich schneller, bis der Waldläufer sich anstrengen musste, um zu ihm aufzuschließen. Die Dunkelheit schloss sich mit einem leisen Seufzen um sie. Unter der Decke der ausladenden Äste liefen sie beinahe geräuschlos und die vom Mond beschienenen Berge tauchten immer wieder kurz zwischen den Bäumen auf.
     
    Nachdem er sich von Tiniq getrennt hatte, traf Bahl auf den vergessenen Pfaden durch das Bergland niemanden mehr. Die unteren Regionen der Berge waren den Viehhütern und Waldläufern vorbehalten, der Rest wurde von Aberglauben und dem Mangel an nutzbarem Land ferngehalten. Der frühe Winter hatte bereits alle Kraft aus den Bäumen gesogen und ließ nun müde, schwere Äste zurück, die bis zum Boden hingen. Verwittertes Laub knirschte unter den Schritten. Verwachsene Eichen rieben sich
im Wind an Erlen und dürren Weißbirken, die sich unter dem Ansturm von Regen und leichtem Schnee duckten. Bald würden die Winterstürme kommen, die das gewöhnliche Leben für eine Zeit unmöglich machten.
    Sein Ziel war ein kleines Kloster im Lordprotektorat Ked. Es war ein rauer Ort zum Leben. Zwar lag er in dichtem Waldland versteckt, dafür aber sehr hoch – und außerdem wurde er vom Wind geplagt, der den Berg herabkam. Es war nicht mit den Klöstern in den Städten zu vergleichen, in denen Mönche und Nonnen an allen möglichen Bereichen des Lebens der einfachen Leute teilhatten. Dies war ebenso ein Rückzugsort wie ein Übungsplatz, der für eine Vielzahl an Novizen als spritueller Wegweiser diente, gleichgültig welchen Pfad sie für sich auserkoren hatten.
    Bahl kannte die Geistlichen, die eifernden Kriegermönche, die jedes Regiment begleiteten, aber seine Verbindung zu anderen Sekten war sehr eingeschränkt. Lesarl kümmerte sich um die Kardinäle, die den Kult von

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