Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
erwiderte nichts darauf. Seiner Meinung nach deutete es auf einen Makel des Spiels hin, wenn derjenige, der am wenigstens davon verstand, darin am besten sein konnte. Aber er bezweifelte, dass die anderen es ebenfalls so sehen würden. Alle drei waren diesem Sport sehr ergeben und spielten jede Woche. Es gab sonst nur sehr wenig, womit sie die Zeit verbringen konnten.
Vermutlich luden sie Lichtsang nur ein, weil sie beweisen wollten, dass sie ihn besiegen konnten. Wenn er die Regeln begreifen würde, hätte er absichtlich verloren, damit sie nicht mehr darauf beharrten, mit ihm spielen zu wollen. Doch es gefiel ihm, wie seine Siege sie verärgerten– auch wenn sie natürlich nie etwas anderes zeigten als vollkommene Schicklichkeit. Wie dem auch sei, er vermutete, dass er gar nicht verlieren konnte, selbst wenn er es wollte. Es war ziemlich schwierig, ein Spiel zu verlieren, wenn man nicht einmal wusste, wie es zu gewinnen war.
Endlich stand Wahrsprecher auf, um seinen Wurf zu tätigen. Er trug immer recht martialische Kleidung, und Kastanienbraun und Weiß standen ihm sehr gut. Lichtsang vermutete, dass er lieber das Kommando über die Leblosen anstatt die Handelsbeziehungen zu anderen Königreichen unter sich gehabt hätte.
» Wie ich hörte, hast du vor ein paar Tagen mit der Königin gesprochen«, sagte Wahrsprecher, nachdem er geworfen hatte.
» Ja, in der Tat«, bestätigte Lichtsang und nippte wieder an seinem Getränk. » Ich muss sagen, dass sie außerordentlich freundlich war.«
Wetterlieb stieß ein kurzes Lachen aus; anscheinend hielt er diese Bemerkung für reinen Sarkasmus– was ein bisschen ärgerlich war, denn Lichtsang hatte sie ernst gemeint.
» Der gesamte Hof befindet sich in Aufregung«, sagte Wahrsprecher. Er drehte sich so schwunghaft um, dass sein Umhang ins Flattern geriet, und lehnte sich gegen das Terrassengeländer, während er auf die Punkte für seinen Wurf wartete. » Man könnte sagen, dass die Idrier den Vertrag gebrochen haben.«
» Die falsche Prinzessin«, stimmte Wetterlieb ihm zu. » Das verschafft uns eine Möglichkeit.«
» Ja«, sagte Wahrsprecher nachdenklich, » aber eine Möglichkeit wozu?«
» Zum Angriff!«, sagte Lebenssegner in seiner üblichen knappen Art. Die beiden anderen zuckten zusammen und sahen ihn an.
» Die Möglichkeiten sind so viel größer, Lebenssegner.«
» Ja«, sagte Wetterlieb und ließ müßig den Rest seines Weins im Glas kreisen. » Meine Pläne sind natürlich bereits in Arbeit.«
» Und was sind das für Pläne, göttlicher Bruder?«, fragte Wahrsprecher.
Wetterlieb lächelte. » Ich möchte euch die Überraschung nicht verderben.«
» Ich weiß nicht, ob ich überrascht werden will«, meinte Wahrsprecher. » Werden deine Pläne mich davon abhalten, die Idrier um besseren Zugang zu den Pässen zu bitten? Ich möchte wetten, dass wir ein wenig… Druck auf die neue Königin ausüben können, damit sie einen solchen Vorschlag unterstützt. Man sagt, sie sei ziemlich naiv.«
Während sie sich unterhielten, verspürte Lichtsang eine leichte Übelkeit. Immer planten sie, immer intrigierten sie. Sie spielten mit ihren Holzkugeln, aber diese Zusammenkünfte dienten auch dazu, miteinander Geschäfte abzuschließen.
» Ihre Dummheit muss gespielt sein«, sagte Lebenssegner in einem seltenen Augenblick der Nachdenklichkeit. » Sie hätten sie nicht hergeschickt, wenn sie wirklich so unerfahren wäre.«
» Sie ist eine Idrierin«, meinte Wahrsprecher abwertend. » Ihre wichtigste Stadt hat weniger Einwohner als ein kleines Viertel in T’Telir. Ich bin mir sicher, dass sie keine Ahnung von Politik haben. Sie sind eher daran gewöhnt, zu Schafen zu sprechen als zu Menschen.«
Wetterlieb nickte. » Selbst wenn sie nach idrischen Maßstäben gut ausgebildet sein sollte, wird sie einfach zu beeinflussen sein. Es geht nur darum, dass uns bei ihr niemand zuvorkommt. Lichtsang, was war dein Eindruck? Wird sie alles tun, was die Götter ihr sagen?«
» Das weiß ich wirklich nicht«, antwortete er und winkte nach mehr Saft. » Wie ihr wisst, bin ich nicht an Politikspielchen interessiert.«
Wetterlieb und Wahrsprecher grinsten sich an; wie die meisten anderen am Hof betrachteten sie Lichtsang als hoffnungslosen Fall, wenn es um praktische Dinge ging. Und unter praktischen Dingen verstanden sie das Ausnutzen anderer.
» Lichtsang«, sagte Lebenssegner mit seiner taktlos ehrlichen Stimme, » du musst wirklich mehr Interesse an Politik
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