Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
um.
Die nächste Welle spülte es über Bord.
Llarimar schrie verzweifelt auf. Lichtsang schaute entsetzt zu. Die schwarze Tiefe hatte seine Nichte geholt. Hatte sie geschluckt.
Dieses große, schreckliche Chaos. Das Meer im Sturm bei Nacht. Er fühlte sich nutzlos, sein Herz hämmerte vor Angst, als er sah, wie die junge Frau in die wirbelnde Tiefe gesogen wurde. Er sah ihr goldenes Haar im Wasser aufblitzen. Ein schwacher Farbfleck floss an seiner Seite des Bootes vorbei. Bald würde er für immer versinken.
Die Männer fluchten. Llarimar kreischte. Eine Frau weinte. Lichtsang starrte nur in die gurgelnde Tiefe, in der sich abwechselnd Gischt und Schwärze zeigten. Schreckliche, furchtbare Schwärze.
Noch immer hielt er das Seil in der Hand.
Ohne nachzudenken sprang er über die Reling und stürzte sich in die Finsternis. Eisiges Wasser nahm ihn auf. Er schlug um sich und versuchte verzweifelt, an der aufgewühlten Oberfläche zu bleiben. Er konnte nur sehr schlecht schwimmen. Etwas floss an ihm vorbei.
Er packte es. Es war ihr Fuß. Er wand die Schlinge um ihren Knöchel, und irgendwie gelang es ihm, trotz der aufgebrachten Wogen das Seil festzuziehen. Sobald er das getan hatte, riss ihn eine Welle davon. Saugte ihn in die Tiefe. Er griff nach oben, wo ein Blitz den Wasserspiegel erhellte. Doch dieses Licht wurde immer schwächer, je tiefer er sank.
Hinunter. In die Schwärze.
Die Tiefe holte ihn.
Er blinzelte; Wellen und Blitze verblassten. Er saß auf den kühlen Steinplatten in seiner Zelle. Die Tiefe hatte ihn geholt, aber irgendetwas hatte ihn wieder nach oben geschickt. Er war zurückgekehrt.
Weil er Krieg und Vernichtung vorhergesehen hatte.
Der Gottkönig schrie vor Angst. Lichtsang schaute hinüber, als die falschen Priester Susebron packten, und Lichtsang erhaschte einen Blick in Susebrons Mund. Keine Zunge, erkannte er. Natürlich. Damit er sein Biochroma nicht benutzen kann. Das ergibt einen Sinn.
Er drehte sich zur anderen Seite. Schamweberins Körper lag blutig rot da. Dieses Bild hatte er in einer seiner Visionen gesehen. In den undeutlichen Schatten der morgendlichen Erinnerung hatte er geglaubt, sie erröte, aber jetzt wusste er es besser. Er schaute weg. Llarimar hatte die Augen geschlossen, als würde er schlafen– auch dieses Bild war in seinem Traum erschienen. Lichtsang begriff, dass der Hohepriester mit geschlossenen Augen weinte.
Der Gottkönig im Gefängnis. Auch das hatte Lichtsang gesehen. Doch vor allem erinnerte er sich daran, dass er auf der anderen Seite einer strahlend hellen, farbenprächtigen Welle aus Licht gestanden und von dort auf die Welt hinuntergeschaut hatte. Er hatte beobachtet, wie alles, was er geliebt hatte, in den Zerstörungen des Krieges unterging. Es war ein gewaltigerer Krieg, als ihn die Welt je gesehen hatte, und er war sogar verheerender als die Vielkriege.
Er erinnerte sich an die andere Seite. Und er erinnerte sich an eine Stimme, ruhig und tröstend, die ihm eine Möglichkeit eröffnete.
Eine Möglichkeit zur Rückkehr.
Bei allen Farben, dachte Lichtsang und erhob sich, als die Priester den Gottkönig auf die Knie zwangen. Ich bin tatsächlich ein Gott.
Lichtsang trat an das Gitter seines Käfigs. Er sah Schmerz und Tränen auf dem Gesicht des Gottkönigs und verstand sie. Dieser Mann liebte Siri wirklich. Das Gleiche hatte Lichtsang in den Augen der Königin gesehen. Sie sorgte sich um den Mann, der eigentlich ihr Unterdrücker sein sollte.
» Ihr seid mein König«, flüsterte Lichtsang. » Und der Herr der Götter.«
Die Männer aus Pahn Kahl drückten den Gottkönig mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Einer der Priester hob ein Schwert. Der Gottkönig streckte die Hand nach Lichtsang aus.
Ich habe den Abgrund gesehen, dachte er. Und ich bin zurückgekommen.
Dann griff Lichtsang zwischen den Gitterstäben hindurch und packte die Hand des Gottkönigs. Der falsche Priester sah besorgt auf.
Lichtsang begegnete dem Blick des Mannes, lächelte breit und sah dann den Gottkönig an. » Mein Leben zu deinem«, sagte Lichtsang. » Mein Hauch werde zu deinem.«
Denth schlug zu und verwundete Vascher am Bein.
Vascher taumelte und sank auf das Knie. Denth führte einen weiteren Schlag, und es gelang Vascher gerade noch, das Schwert abzuwehren.
Denth wich zurück und schüttelte den Kopf. » Du bist armselig, Vascher. Da kniest du nun und bist bereit zu sterben, und noch immer hältst du dich für etwas Besseres. Du verurteilst mich,
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