Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
und…«
Diesmal beachtete er sie nicht weiter, sondern hielt ihr das Messer gegen die Brust und suchte nach der richtigen Stelle. Siri verspürte ein Gefühl der Taubheit. Sie würde jetzt sterben. Sie würde tatsächlich sterben.
Und der Krieg würde ausbrechen.
» Bitte«, flüsterte sie.
Er sah sie an, zögerte erneut, machte dann eine entschlossene Miene und holte mit dem Dolch aus.
Das Gebäude erzitterte.
Erschrocken schaute sich Blaufinger um und sah seine Schreiber an. Sie schüttelten verwirrt die Köpfe.
» Ein Erdbeben?«, fragte einer von ihnen.
Der Boden nahm eine weiße Färbung an. Die Farbe bewegte sich wie eine Welle aus Sonnenlicht, die das Land überflutet, wenn sich die Sonne über die Bergkämme erhebt. Die Wände, die Decke, der Boden– das Schwarz aller Steine verblasste. Die Priester drängten sich zusammen und wirkten entsetzt. Einer sprang auf einen Teppich, damit er die seltsamen weißen Steine nicht berühren musste.
Blaufinger warf Siri einen verwirrten Blick zu. Der Boden erzitterte weiterhin, aber Blaufinger hob trotzdem seine Klinge mit tintenfleckigen Fingern. Seltsamerweise sah Siri nun, wie sich das Weiß seiner Augäpfel zu einem wahren Regenbogen von Farben aufsplitterte.
Der gesamte Raum brach in Farben aus; die weißen Steine füllten sich mit Licht, das durch ein Prisma zu fallen schien. Die Türen des Zimmers wurden aufgebrochen, eine zuckende Masse farbiger Stoffe schoss hindurch wie die zahllosen Tentakel eines erzürnten Seeungeheuers. Sie wanden und drehten sich, und Siri erkannte Wandbehänge, Teppiche und lange Seidenbahnen, die aus der Palastdekoration herausgerissen worden waren.
Erweckter Stoff fegte die Leblosen beiseite, wand sich um sie und schleuderte sie in die Luft. Die Priester schrien auf, als sie hochgehoben wurden, und ein langes Stück violetten Stoffes schoss herbei und wickelte sich um Blaufingers Arm.
Die wogende Masse drehte sich, wirbelte umher, und schließlich erkannte Siri eine Gestalt in ihrer Mitte. Es war ein Mann von gewaltigen Ausmaßen. Er hatte schwarze Haare, ein blasses Gesicht, wirkte jugendlich und gleichzeitig ungeheuer alt. Blaufinger versuchte, sein Messer in Siris Brust zu rammen, doch der Gottkönig hob die Hand.
» Hör auf!«, sagte Susebron mit klarer Stimme.
Blaufinger erstarrte und sah den Gottkönig verblüfft an. Der Dolch fiel ihm aus den Fingern, während sich ein erweckter Teppich um ihn wand und ihn von Siri wegzerrte.
Siri stand verblüfft da. Susebrons Stoffe hoben ihn in die Luft und setzen ihn neben Siri ab. Einige kleinere Taschentücher wickelten sich um die Seile, mit denen sie gefesselt war, und lösten sie ohne große Schwierigkeiten.
Als Siri befreit war, streckte sie die Hände nach Susebron aus. Er nahm sie in die Arme, und sie weinte.
Kapitel 58
D ie Tür der kleinen Kammer wurde geöffnet, und Laternenlicht fiel hinein. Die gefesselte und geknebelte Vivenna hob den Blick und erkannte Vaschers Silhouette. Er zog Nachtblut hinter sich her, das wie üblich in seiner silbernen Scheide steckte.
Vascher wirkte sehr müde. Er kniete sich neben sie und nahm ihr den Knebel aus dem Mund.
» Das wurde auch Zeit«, bemerkte sie.
Er lächelte schwach. » Ich habe keinen Hauch mehr übrig«, sagte er leise. » Deshalb war es sehr schwer, Euch zu finden.«
» Wo ist er denn geblieben?«, fragte sie, während er ihre Fesseln löste.
» Nachtblut hat das meiste davon verschlungen.«
Ich glaube ihm nicht, sagte Nachtblut fröhlich. Ich … kann mich nicht erinnern, was passiert ist. Aber wir haben eine Menge Böses vernichtet!
» Hast du das Schwert gezogen?«, fragte Vivenna, als Vascher ihre Füße losband.
Vascher nickte.
Vivenna rieb sich die Hände. » Denth?«
» Tot«, sagte Vascher. » Nichts zu sehen von Tonk Fah und dieser Frau, Juwelchen. Ich glaube, sie haben sich das Geld geschnappt und sind geflohen.«
» Also ist es vorbei.«
Vascher nickte, setzte sich auf den Boden und lehnte den Kopf gegen die Wand. » Und wir haben verloren.«
Sie runzelte die Stirn und zog eine Grimasse, als der Schmerz durch ihre verwundete Schulter fuhr. » Was willst du damit sagen?«
» Denth war von einigen Palastschreibern aus Pahn Kahl angeheuert worden«, sagte Vascher. » Sie wollten einen Krieg zwischen Idris und Hallandren anzetteln, weil sie gehofft hatten, das würde beide Reiche schwächen und Pahn Kahl die Unabhängigkeit zurückgeben.«
» Ach ja? Und Denth ist jetzt tot?«
» Genau wie
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