Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
Tageslicht abzunehmen.
»Dass du zum Ring des Dritten Wunsches gehörst«, sagte Tarik, »war das eine Lüge, um mich herzulocken?«
»Nein, natürlich nicht.« Der Magier seufzte. »Ich habe dir versprochen, dass ich dir Antworten auf deine Fragen geben will, soweit ich sie kenne. Und über dritte Wünsche weiß ich in der Tat so einiges.« Er drehte sich um und stand nun mit dem Rücken zu den geschwungenen Blütenzinnen und der glühenden Morgensonne. Lichtränder flirrten um seine Schultern und den blauen Turban. »Doch vorher will ich dein Versprechen, dass du mir helfen wirst bei dem, was ich vorhabe.«
Sabatea schnaubte verächtlich. »Geht es dir um Macht, Khalis? Um die Kontrolle über den Palast, bevor Faruk dich deiner Ämter enthebt?«
»Du weißt nichts, Vorkosterin. Nichts über mich oder darüber, worum es hier wirklich geht. Du hast meine Tochter gesehen. Du glaubst, du weißt, was geschehen ist? Ich liebe Atalis, wie ein Vater seine Tochter nur lieben kann.« Seine Stimme wurde schneidend. »Weißt du auch darüber etwas, Tochter des Kahraman? Denn wenn nicht, dann schweig jetzt und hör mir zu!«
Sabatea starrte ihn wutentbrannt an, aber sie schluckte ihre Erwiderung herunter. Wie schwer ihr das fiel, war ihr anzusehen. Tarik konnte nicht ermessen, ob und wie sehr sie die Anspielung auf ihren Vater verletzte.
Widerstrebend wandte er sich an den Magier. »Du willst mein Versprechen, aber du verrätst mir nicht, wobei ich dir helfen soll?«
Der dünne weiße Bart des Magiers wurde von einer warmen Brise angehoben. Khalis’ Hand fuhr blitzschnell nach oben und presste ihn zurück auf seine Brust. Die schweren Halsketten klirrten leise, als sie gegeneinanderstießen.
»Ich brauche deine Hilfe, um meine Tochter ins Leben zurückzuholen, Tarik al-Jamal. Ich brauche den besten Teppichreiter zwischen Damaskus und Samarkand. Ich habe Erkundigungen über dich eingeholt, und ich habe von hier oben aus mit angesehen, wie du die Teppiche der Falkengarde übertölpelt hast.«
»Es geht ihm um dein Auge«, widersprach Sabatea warnend. »Das ist alles.«
Khalis lächelte. »Du hast nicht die geringste Ahnung, was du getan hast, nicht wahr? In den Hängenden Städten, als du Amaryllis getötet hast. Du weißt es wirklich nicht, oder?«
Tariks Unbehagen gefror zu einem Eisklotz in seinen Eingeweiden. Er hatte Amaryllis’ geisterhafte Anwesenheit in seinem Verstand so gut es eben ging ignoriert, aber ihm war immer klar gewesen, dass es so einfach nicht sein konnte.
»Du hast ihren Propheten getötet«, sagte Khalis. »Er hat sie bestärkt in ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die Menschen. Er war es, der überhaupt erst dazu aufgerufen hat, vor einem halben Jahrhundert, und seinen Voraussagen sind sie bedingungslos gefolgt.«
»Ich wusste, dass Amaryllis wichtig für sie war, aber -«
»Er war der Eine«, fuhr der Magier ihm scharf ins Wort. »Ihr Orakel. Ihr Messias. Er hat gesehen, was kein anderer von ihnen sah, und seinen Prophezeiungen haben wir alles zu verdanken, was seither geschehen ist. All den Tod, die Zerstörung, die entvölkerten Länder. Amaryllis hat die Dschinne vor uns Menschen gewarnt, und sie haben alles getan, um uns aufzuhalten. Du glaubst, sie sind hirnlose Bestien, die nur ihren Blutdurst stillen? So einfach ist es nicht. Sie sehen sich selbst im Recht. Sie wehren sich gegen ihren Untergang, indem sie den unseren herbeiführen. Sie oder wir – davon sind die Dschinnfürsten überzeugt. Darum führen sie diesen Krieg, und deshalb wird nichts sie davon abhalten, gegen Bagdad zu ziehen, dann gegen Byzanz und die Reiche im Abendland und anderswo. Falls es dort noch Reiche gibt und nicht längst das Gleiche geschieht wie hier bei uns.«
Einiges davon hatte Tarik bereits gewusst, zumindest geahnt. Ich habe die Welt ohne Dschinne gesehen, hatte Amaryllis in den Hängenden Städten zu ihm gesagt. Eine Welt der Menschen.
Später, bevor Tarik ihn in die brennenden Trümmer geschleudert hatte, hatte Amaryllis ihm noch mehr erklärt. Die Worte schwirrten wie Echos durch seinen Kopf, wie nachgeflüstert von jenem Teil des Narbennarren, der irgendwo in seinem Bewusstsein nistete.
Ihr glaubt, die Magie sei wild und unbeherrscht, aber das ist sie nicht. Sie tut nur endlich wieder das, was ihr all die Jahre unterdrückt habt: Sie schafft neues Leben, schafft Veränderungen, schafft eine Weiterentwicklung, wo zuletzt nur Stillstand war. Es geht nicht um uns und nicht um euch. Wir räumen nur
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