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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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bitten.«
    Die beiden Männer starrten sich an, und diesmal war es Sabatea, die das angespannte Schweigen brach. »Wenn du so allwissend und vorausschauend bist, wie du uns glauben machen willst, Magier – warum hast du dann nicht vorausgesehen, was mit deiner Tochter geschehen würde?«
    Sie hatte leise gesprochen, aber die Worte schnitten durch Khalis’ gleichmütige Maske wie das schärfste Messer. Etwas rührte sich in seinen Zügen. Zum ersten Mal, seit er ihnen gegenübergetreten war, glaubte Tarik aufrichtige, tief empfundene Gefühle im Blick des Hofmagiers zu sehen.
    »Du weißt nichts über meine Tochter«, flüsterte Khalis.
    Sabateas weiße Augen blitzten. »Ich weiß, dass du die Schuld trägst an dem da.«
    Tarik war ziemlich sicher, dass sie nur bluffte. Tatsächlich wunderte er sich, dass nicht auch Khalis das durchschaute. Aber wie fast alles, das sie tat, ging sie auch hierbei mit einigem Geschick zu Werke. Sie hatte den einen schwachen Punkt ausgemacht, an dem sie den Magier packen konnte. Nun lockte sie ihn mit ein paar gut gezielten Worten aus seiner Deckung.
    »Sind wir wegen ihr hier?«, fügte sie hinzu. »Wegen Atalis?«
    Khalis machte einen Schritt auf sie zu und schob dabei Tariks Schwert beiseite wie einen Besenstiel. Dabei schien er auf unerklärliche Weise um einen halben Kopf zu wachsen; mit einem Mal war er größer als Tarik und überragte Sabatea um mindestens zwei Ellen.
    »Du lebst, weil ich es will«, sagte er eisig.
    »Nein«, sagte sie. »Weil Harun al-Raschid es wollte, der dich besser kannte, als du ahnst, Magier.« Sie legte Verachtung in dieses letzte Wort, und Tarik betete, dass sie den Bogen nicht überspannte. In einem hatte Khalis recht: Tarik war hier, um Antworten zu bekommen. Wenn er den alten Mann töten musste, um ihn davon abzuhalten, Sabatea den Hals umzudrehen, dann wäre ihm damit nicht geholfen.
    Aus eigener Erfahrung wusste er, wie gründlich sie vorging, wenn sie einen in Rage bringen wollte. Das hier konnte schnell in etwas Unerfreulicheres als ein Wortgefecht umschlagen. Ihm war nicht entgangen, wie offensichtlich Khalis das Schwert ignorierte.
    Doch Sabatea wusste, wie weit sie gehen konnte. Sie trat einen Schritt zurück und deutete eine Verbeugung an. »Verzeih mir meine Worte, Khalis. Wir sind hier, weil du es so gewollt hast. Und nicht, um zu streiten wie die Kinder.«
    Sie hatte ihm gezeigt, dass sie ihn durchschaut hatte und dass sie wusste, wie sie ihn treffen konnte – und nun ruderte sie ebenso rasch zurück und kehrte die falsche Demut hervor, die man ihr als Mädchen im Palast von Samarkand anerzogen hatte. Diese Schlange! Tarik hätte sie am liebsten umarmt.
    Der Hofmagier erstaunte Tarik, indem er sich ebenfalls verbeugte – was nur bezeugte, dass ihm Täuschung und Verstellung ebenso vertraut waren wie Sabatea. Nicht die besten Voraussetzungen für die ehrlichen Antworten, die Tarik suchte.
    »Folgt mir«, bat er und deutete auf einen schmalen Durchgang rechts von ihnen, halb verborgen zwischen Regalen mit gebündelten Papyrusrollen.
    »Was ist dort?«, fragte Tarik argwöhnisch.
    Khalis lächelte. »Wasser, mit dem du dir das Blut meiner Männer vom Gesicht waschen kannst, Tarik al-Jamal. Und das Gift deiner Freundin.« Er zeigte auf Tariks Finger in Sabateas Hand. Sie waren dunkelrot besudelt, aber Tarik hatte angenommen, dass es das Blut der Wächter war. Sabatea stieß keuchend den Atem aus, als sie ihre Hand von seiner fortzog und einen tiefen Schnitt zwischen Daumen und Zeigefinger entdeckte. Erschrocken presste sie die offene Wunde gegen ihre Brust.
    »Ich… ich hab das nicht mal gemerkt«, keuchte sie.
    Tarik zog sie mit einem Arm an sich. Sie zitterte leicht, und da wusste er, dass Khalis gewonnen hatte. »Schon gut«, flüsterte er besänftigend. »Nichts passiert.«
    Der Magier ging wortlos voraus. Aber bevor er ihnen den Rücken zuwandte, meinte Tarik ein Lächeln auf seinen Zügen zu sehen, fein und schmallippig im süßlichen Goldlicht des Honigs.

 
Der Dschinnprophet
 
 
    Frisch gewaschen und neu eingekleidet, folgten sie Khalis eine enge Wendeltreppe hinauf. Der Blick durch schmale Fenster verriet ihnen, dass sie sich in einem der zahllosen Türme des Kalifenpalastes befanden. Der Aufgang war schmucklos und staubig; augenscheinlich wurden hier keine Diener geduldet, die die Stufen fegten. Der rosige Marmor der großen Säle war rauem Sandstein und unverputzten Lehmziegeln gewichen.
    Tarik hatte seit einer Ewigkeit

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