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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zwang den Teppich mit einem harten Ruck noch weiter in die Höhe. Das Muster zog sich so fest um seine Finger zusammen, dass er fürchtete, es könne ihm die Glieder abschneiden. Der Schmerz loderte bis zu seinen Schultern hinauf, aber zugleich feuerte er das Knüpfwerk in Gedanken an, machte ihm Mut und Hoffnung, peitschte es aufwärts.
    Die Dschinne kreischten und schlugen mit Schwertern und Lanzen nach ihm. Eine Klinge schnitt in den Rand des Teppichs und wurde dem Krieger aus der Hand gerissen. Junis raste mit einem unerhört harten Schlenker über sie hinweg – und spürte, wie das Knüpfwerk unter ihm nachgab.
    Zwei, drei Herzschläge lang stürzte er ab. Die Ränder des Teppichs bogen sich um ihn nach oben, weich geworden, ohne jeden Halt. Die Dschinne waren jetzt hinter ihm, wirbelten herum und folgten ihm. Plötzlich war Junis tiefer als sie, mitten im Sturz, und er verlor fast die Perlen aus der Hand, als Panik jeden anderen Gedanken beiseitefegte.
    Dann aber wehrte sich das Muster, kämpfte erbittert gegen die Gesetze der Natur an, bog die weichen Ränder zitternd nach unten, zurück in eine waagerechte Lage auf den Winden. Mit einem Mal verfestigte sich das Knüpfwerk wieder, der Teppich wurde steif, und aus dem Absturz wurde erneut ein rasanter Flug nach vorn, noch schneller als zuvor, schneller vor allem als die kreischenden Dschinne hinter ihm.
    Junis jauchzte vor Erleichterung und Stolz auf das alte, widerspenstige Muster. Die Fäden lockerten sich um seine Finger, der Schmerz ließ nach. Er sandte sein Lob in die geheimnisvollen Tiefen des Teppichs, ließ ihn seine Begeisterung fühlen, machte ihm Mut, dass sie nun auch den Rest des Weges bewältigen konnten.
    Der Abstand zu den zehn Kriegern in seinem Rücken wuchs noch immer. Der Gegenwind jaulte betäubend laut in seinen Ohren. Er musste seine tränenden Augen zusammenkneifen, um erkennen zu können, was vor ihm lag. Was genau auf dem Bergkamm vor sich ging. Was die Kettenmagier dort taten.
    Die dunklen Formen am Himmel über den vier Magiern verfestigten sich, zogen sich zusammen zu etwas Wimmelndem, wie Kugeln aus insektenhaftem Leben. Aber es waren keine Schwarmschrecken, die dort entstanden, sondern menschenähnliche Kreaturen mit sechs Armen und scharfkantigen Panzerleibern. Sie klammerten sich zu Dutzenden aneinander, ein Ball aus krabbelnden Geschöpfen, der frei in der Luft schwebte und sich nun von den Kettenmagiern fortbewegte wie ein dunkler Mond. Dabei schienen die einzelnen Wesen ständig die Farbe zu wechseln, von Blau zu Braun zu Grau, wie ein Chamäleon, das sich in rasendem Wandel seiner Umgebung anpasste. Blau wie der Himmel, braun wie die Felsen der Zagrosberge, grau wie das Staubinferno unten in den Tälern.
    Junis flog mit angehaltenem Atem an der gewaltigen Kugel aus klammernden, krabbelnden, einander erklimmenden Kreaturen vorüber. Er hatte sie kaum passiert, da erreichte das Gebilde auch schon die Mitte der Kluft zwischen den Bergen – und zerplatzte in eine Unzahl einzelner Körper, die wie ein vergifteter Vogelschwarm in die Tiefe stürzten. Es mochten hundert sein oder fünfhundert, Junis konnte ihre Zahl nicht schätzen. Aber er sah sie zwischen und vor allem in den Trichtern der Wirbelstürme verschwinden, und da ahnte er, dass die Niederlage der Sturmkönige kaum noch aufzuhalten war. Angewidert sah er, wie sich eine der sechsarmigen Kreaturen im Sturz an einen Tornadoreiter im Zentrum eines Sturms klammerte und ihn augenblicklich in Stücke riss. Anderswo musste das Gleiche passieren, denn überall sanken nun Wirbel in sich zusammen und verschwanden lautlos in den aufstiebenden Staubmassen.
    Noch zweihundert Meter bis zum Bergkamm. Junis flog wieder aufwärts, folgte dem Verlauf des Steilhangs, bemüht, die größtmögliche Distanz zu halten, hundertfünfzig Meter vom festen Untergrund entfernt. Ein Blick über die Schulter: Auch seine Verfolger stiegen auf. Vor ihm löste sich eine weitere Gruppe Krieger aus der Formation der Dschinngarden. Die Fürsten mussten bemerkt haben, was da auf sie zuraste, und obgleich es nur ein einzelner Teppich war, sandten sie ihre Schergen aus, um ihn ein für alle Mal zu erledigen.
    Die Kettenmagier gaben sich mit der ersten Beschwörung nicht zufrieden. Schon verdichtete sich die Luft über ihnen abermals zu einem dunklen, nebelartigen Gebilde. Nicht mehr lange, und Hunderte weitere Geschöpfe würden dort oben entstehen.
    Eine der vier war tatsächlich die Magierin, die er

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