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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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erlebt, dass er Entscheidungen für andere getroffen oder Befehle gegeben hätte. Er ist… ich weiß nicht, er ist einfach da.«
    Der Narbennarr hatte von einem Jungen gesprochen. Einem Jungen, den er zu fürchten schien und den er – und das war das wirklich Verwirrende – bei Maryam vermutete.
    Ich weiß, dass das Menschenjunge bei ihr ist, hatte er zu Tarik gesagt. Ich weiß auch, welche Macht es besitzt. Du wirst mich zu ihr führen, und sie mich zu ihm.
    »Tarik?« Sabatea klang besorgt. »Was ist los?« Sie musste spüren, dass ihn etwas beschäftigte.
    Im Dunkeln packte er Nachtgesicht am Arm, grob und unhöflich, ganz so, wie sein früheres Ich es getan hätte, daheim in den Tavernen Samarkands. »Erzähl mir mehr von diesem Jungen«, verlangte er.
    »Sein Name ist Jibril. Niemand außer einem kleinen Kreis von Eingeweihten weiß etwas über ihn. Sie behandeln ihn wie einen Heiligen oder Propheten, und sie beschützen ihn, so gut es nur geht. Jibril ist ihre geheime Waffe im Kampf gegen die Dschinne. Ohne ihn wären sie nur wieder ein ganz gewöhnlicher Haufen von Rebellen, die auf Kamelen reiten statt auf Wirbelstürmen. So wie früher, vor der Wilden Magie, als sie noch die Abbasiden bekämpft haben.«
    »Und es ist jetzt vier Jahre her, seit du bei ihnen warst?«
    »Fast viereinhalb, ja.«
    »Gab es bei ihnen eine Frau namens Maryam?«
    Sabatea griff wieder nach seiner Hand, sagte aber kein Wort.
    »Maryam…« Nachtgesicht lachte leise. »Natürlich. An sie erinnere ich mich gut. Maryam aus Samarkand… Du kennst sie, was?«
    Tarik atmete scharf aus. »Ja.«
    »Du denkst, dass sie dabei war?«, fragte Sabatea. »Als sie die Hängenden Städte angegriffen haben?«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll«, sagte er leise. »Nicht im Moment.«
    »Ifranji und ich waren schon eine ganze Weile bei den Sturmkönigen, vielleicht ein Jahr oder länger, als Maryam aufgetaucht ist. Man konnte ihr ansehen, dass sie eine Menge durchgemacht hatte. Sie war auf der Flucht, eine Überlebende irgendeines Flüchtlingszuges. Jedenfalls haben das alle angenommen. Am Anfang sagte sie nicht viel, hielt sich von allen anderen fern, saß nur da und stierte Nacht für Nacht ins Lagerfeuer. Aber dann wurde Jibril auf sie aufmerksam, und irgendetwas war da zwischen ihr und dem Kind… eine Art Verständigung, die es nur zwischen ihnen und vielleicht noch zwei, drei anderen im Lager gab. Plötzlich erlernte sie den Umgang mit den Stürmen schneller als jeder andere, dem ich dort begegnet bin, und sie wurde rasch immer wagemutiger. Innerhalb kürzester Zeit stieg sie in den engen Führungszirkel auf. Hatte sie noch kurz vorher mit keinem auch nur ein Wort gesprochen, begann sie nun, Befehle zu geben und uns andere herumzukommandieren. Sie hat sich mit einigen übel angelegt, aber nach einer Weile begannen die meisten, sie zu respektieren. Sie und Ifranji sind ein paar Mal aneinandergeraten, und sie war einer der Gründe, warum Ifranji nicht länger dort bleiben wollte.« Wieder stieß er das glucksende Kichern aus. »Sie waren nicht gerade das, was man Freundinnen nennen würde, wenn ihr versteht, was ich meine.«
    Tarik hörte schon gar nicht mehr zu. Maryam war eine Sturmkönigin. Eine ihrer Anführerinnen. Eine Vertraute dieses mysteriösen Jungen Jibril. Und beide, Maryam wie auch der Junge, standen in einer rätselhaften Verbindung zum Dritten Wunsch.
    Allmählich begann einiges einen Sinn zu ergeben. Darum also war der Narbennarr so besessen davon gewesen, alles über Maryam herauszufinden. Und darum interessierte er sich so für den Jungen. Er hatte Tarik für einen Spion der Sturmkönige gehalten, einen Rebellen aus Maryams Lager, den sie in die Hängenden Städte eingeschleust hatte, um die Dschinne auszukundschaften. Um genau jenen Angriff vorzubereiten, dem Sabatea und er fast zum Opfer gefallen wären.
    Dass Maryam während der Schlacht dort gewesen sein sollte, ganz in seiner Nähe, schnürte ihm einen Moment lang die Kehle zu. Aber tief in sich suchte er vergeblich nach der Verzweiflung und enttäuschten Hoffnung, die dieselbe Erkenntnis noch vor wenigen Wochen bei ihm bewirkt hätte.
    Da war noch immer Sabateas Hand, ihre Finger fest verschränkt mit seinen.
    »Ist schon gut«, flüsterte sie, als wüsste sie genau, was in ihm vorging.
    »Wir sollten jetzt weitergehen«, sagte Nachtgesicht. »Die anderen suchen längst woanders nach uns.« Er rappelte sich auf, schnaubend wie ein gestürztes Ross. »Kommt mit, ich

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