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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hattest du auch jemanden dabei, der sich mit den Gepflogenheiten und Abläufen auskannte. Er wird dafür gesorgt haben, dass ihr niemandem über den Weg gelaufen seid. Aber wir beide wissen nichts über diesen Ort und treffen trotzdem keinen.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Es ist früh am Morgen. Draußen müsste bald die Sonne aufgehen. Nicht mehr lange, und eine ganze Horde von Höflingen, Ministern und Beratern wird aus ihren Betten kriechen. Eigentlich sollte es hier nur so wimmeln von Sklaven, die Frühstück, heißes Wasser und Kleider von Zimmer zu Zimmer tragen.« Er blieb stehen und horchte. »Aber hier ist niemand.«
    Sie verharrte nun ebenfalls. Beide lauschten.
    Feine Luftschübe säuselten entlang der Ziegelmauern, als holte der Palast in unregelmäßigen Abständen Atem. Die Öllampen an den Wänden brannten mit winzigen Flammen, einige waren erloschen. Tarik kannte sich mit den Sitten in Kalifenpalästen nicht aus, aber er war sicher, dass so viel Nachlässigkeit für gewöhnlich mit derben Strafen geahndet wurde.
    »Was, glaubst du, ist geschehen?«, flüsterte sie, jetzt noch vorsichtiger, als drohte allein die Stille ihr Vorhaben zum Scheitern zu bringen.
    »Entweder, wir haben ausnahmsweise mal unerhört großes Glück – was wir nach allem, was bisher war, getrost ausschließen können, schätze ich –, oder die ganze Dienerschaft ist abberufen worden, um sich irgendwo zu versammeln.«
    »Du meinst… Zarathustra, wegen Harun!«
    »Scheint so, als hättest du deinen Auftrag erfolgreich zu Ende gebracht.«
    Ihre Augen blitzten wie Eiskristalle. »Ich habe nicht -«
    »Ich weiß«, unterbrach er sie. »Aber sein Tod wäre ein Anlass, alle Diener und Sklaven zusammenzurufen.«
    »Ja«, murmelte sie. »Vermutlich.«
    »Sieht aus, als könnten wir selbst entscheiden, ob das für uns nun ein großes Glück oder eher Pech bedeutet.«
    Sie stemmte die Hände in die Taille und funkelte ihn an. »Du hast erstaunlich gute Laune, Tarik al-Jamal. Das macht mich misstrauisch.«
    Grinsend trat er auf sie zu und legte die Hände an ihre Hüften. »Ich habe heute Nacht mit der schönsten Frau von ganz Bagdad geschlafen.«
    »Du liebe Güte – so wie du das sagst, klingt es, als hättest du das schnellste Kamel geritten.«
    Sein Grinsen wurde noch breiter. »Du magst meine Komplimente nicht?«
    »Wenn sie von dir kommen klingen sie wie… wie…«
    »Hmm?«
    Sie schüttelte fahrig den Kopf. Hilflosigkeit stand ihr zur Abwechslung mal ganz gut, fand er.
    »Vergiss es«, sagte sie, küsste ihn flüchtig auf die Lippen und glitt aus seiner Umarmung. »Wir müssen weiter. Vielleicht gibt uns das ja die Chance, bis in Khalis’ Gemächer zu gelangen, ohne irgendwelchen Wachen über den Weg zu laufen.«
    »Es wird nicht lange dauern, dann wird es hier nur so von Soldaten wimmeln. Wenn Harun wirklich tot ist, werden sie den ganzen Palast auf den Kopf stellen.«
    »Vorausgesetzt«, sagte sie nachdenklich, »sie suchen nach jemandem, der ihn getötet hat.«
    »Was naheliegt.«
    »Glaubst du? Was würdest du anstelle von Khalis oder diesem Großwesir Faruk tun? Etwa einer Stadt, die jeden Tag von einer Dschinnarmee angegriffen werden könnte, verkünden, dass ihr Herrscher ermordet wurde? Oder würdest du nicht alles tun, damit es so aussieht, als wäre er eines natürlichen Todes gestorben? Denn egal, wer ihn getötet hat, die Menschen werden immer annehmen, dass die Dschinne dahinterstecken. Würdest du das Risiko eingehen, ein ganzes Volk zu demoralisieren? In dieser Lage?«
    Anerkennend nickte er ihr zu. »Den Sinn für Kalkül und Intrigen flößen sie euch im Palast wahrscheinlich mit der Muttermilch ein.«
    »Meine Mutter hatte Besseres zu tun«, entgegnete sie. »Mich haben sie mit Ziegenmilch aufgezogen.«
    Während sie vorauseilte, beobachtete er sie, ihre leichtfüßigen Schritte, die Anmut ihrer Gestalt, das lange schwarze Haar, das wie ein Schatten über ihrem Oberkörper lag. Angst um sie überkam ihn. Sein Herz fühlte sich an, als würde es gepackt und durch seine Kehle nach oben gerammt; dort blieb es als Kloß in seinem Hals stecken. Ihr Anblick tat ihm weh, so sehr entsetzte ihn die Vorstellung, dass ihr etwas zustoßen könnte. Er wünschte, er wäre besser darin, ihr ehrlich zu sagen, was er für sie empfand. Hoffentlich verstand sie es auch so, irgendwie.
    Als spürte sie, was in ihm vorging, warf sie im Gehen einen Blick über die Schulter und schenkte ihm ein Lächeln; es erschien ihm

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