Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
fertig ist, ist Evan immer noch nicht zurück, also zieht er sich Jeans und ein T-Shirt an, sucht seine Arbeitsschuhe und fängt an, sein restliches Zeug zusammenzupacken. Er klopft an die Tür zu Michelles Zimmer, aber da sie nicht antwortet, frühstückt er allein, schüttet dann die restliche Milch weg und leert den Minikühlschrank aus. Er stapelt alles neben der Tür, überprüft mit einem Blick durch den Raum noch einmal, ob er nichts vergessen hat, und macht sich anschließend auf dem Weg zum an das Hotel angrenzenden Restaurant. Wenn Michelle und Evan zusammen irgendwo sind, dann höchstwahrscheinlich dort.
Sein Verdacht bestätigt sich, als er die Tür öffnet und von weiter drinnen Evans lautes Lachen hört. Die beiden sitzen an einem Fenstertisch und Evans Rücken ist der Tür zugekehrt, so dass Dan nur Michelles Gesicht sehen kann. Es scheint sie zu freuen, Evan zum Lachen gebracht zu haben und Dan spürt einen Anflug von Ärger. Evan ist offensichtlich nicht allzu besorgt um das, was er Dan nachher durchmachen lassen will. Andererseits: Warum sollte er auch? Es ist ganz normal, dass Arbeitgeber ihre Angestellten überprüfen und Dan muss darauf achten nicht zu vergessen, dass er eben Evans Angestellter ist.
Er geht mit dem Vorsatz freundlich zu sein zu ihrem Tisch hinüber. „Morgen ihr zwei.“ Beide schauen zu ihm auf und Dan wendet sich an Michelle: „Bist du schon aus deinem Zimmer raus? Kann ich uns abmelden?“
Sie nickt. „Ja, meine Sachen sind schon im Auto. Wir sind abfahrbereit. Wir haben nur noch auf dich gewartet.“
Dan schaut auf seine Armbanduhr. Sie sind immer noch in der Zeit, aber er wird das Gefühl nicht los, dass Michelle ihm einen Vorwurf macht. Aber vielleicht macht es ihn auch nur paranoid, an die Vorwürfe zu denken, die am Nachmittag folgen werden. „Na gut, ähm, Evan, kann ich kurz deinen Autoschlüssel haben? Dann kann ich meinen Kram einpacken und uns abmelden und wir können uns in ein paar Minuten draußen treffen.“
Evan nickt und steht auf, um die Schlüssel aus seiner Hosentasche zu kramen. „Kein Problem. Kann ich dir irgendwie helfen? Oder soll ich mich drum kümmern, damit du in der Zeit frühstücken kannst?“
„Nein, das geht schon.“ Er möchte Evan ganz bestimmt nichts schuldig sein.
Als er ein paar Minuten später das Büro des Motels verlässt, warten Evan und Michelle bereits im Cherokee auf ihn und Michelle sitzt auf der Rückbank. Die Fahrt dauert nur eine Viertelstunde, also macht Dan sich nicht die Mühe, einen Vorwand zu finden, um mit ihr die Plätze zu tauschen.
Michelle stellt auf der Fahrt ein paar Fragen, die den Stall betreffen und Dan versucht, diese zu längeren Diskussionen auszudehnen, die nur ihn und Michelle einbeziehen. Irgendwann im Laufe der schlaflosen Nacht und des kurzen Morgens scheint Dan einen Groll gegen Evan entwickelt zu haben, von dem er nur ungern ablassen möchte. Es wäre viel leichter, Abstand von dem Mann zu halten, wenn er nicht so verdammt sympathisch wäre … und zumindest für den Augenblick ist er das nicht.
Als sie den Turnierplatz erreichen, haben Tat und Robyn bereits die Pferde gefüttert und sind gerade dabei, zusammenzupacken, während die Tiere fressen. Dan schaut sich nach dem Transporter um und wirft Robyn einen fragenden Blick zu. „Der Fahrer ist noch nicht hier?“
Sie schüttelt den Kopf und er schaut auf die Uhr und zwingt sich dazu, sich zu beruhigen. Der Transporter ist noch nicht einmal zu spät, also warum regt Dan sich auf?
Jemand ist auf die Idee gekommen, einen Traktor mit einem niedrigen Heuwagen als eine Art Shuttle für die Ausrüstung einzusetzen, um diese von den provisorischen Ställen zum Verladeplatz zu fahren. Dan winkt den Fahrer zu sich und sie beginnen aufzuladen. Und dann kommt einer der Turnierorganisatoren für die Abrechnung zu ihnen. Sie hatten ihr eigenes Futter und Heu mitgebracht, aber Einstreu gekauft und dann ist da auch noch das Preisgeld, so mager es auch ausfällt. Als das alles erledigt ist, ist auch der Transporter eingetroffen und sie machen sich alle daran, die Ausrüstung und die Pferde zu verladen.
Als alles verstaut ist, sammeln sie sich. Dan sieht Michelle an. „Ich hätte nichts dagegen, ein paar Dinge mit dem Fahrer zu besprechen, um einen Eindruck von verschiedenen Veranstaltungen und der Branche insgesamt hier draußen zu bekommen. Wäre es dir recht, im Auto mitzufahren?“
Sie beugt sich vor, damit der Fahrer sie nicht hören kann.
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