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Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)

Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)

Titel: Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Sherwood
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Das kommt von Chris, den das Geschrei zurück ins Zimmer gebracht hat. „Dan, du musst dich beruhigen.“ Chris wirkt nicht direkt wütend, aber auch nicht unbedingt freundlich. Dan fühlt sich wieder daran erinnert, dass er nur über Justin mit Chris befreundet ist, und dass Chris die Archers schon sein ganzes Leben lang kennt.
    „Was, steckst du etwa auch mit drin? Hältst du es für eine gute Idee?“ Dan schüttelt empört den Kopf. „Erst sagst du mir, ich soll ihn betrügen und jetzt sagst du mir, ich soll zulassen, dass sie ihn umbringen? Was bist du nur für ein Freund?“
    „Dan, das geht jetzt wirklich zu weit!“ Chris‘ Stimme ist nicht laut, aber eindringlich. „Du brauchst ein bisschen frische Luft und musst dich beruhigen.“
    „Ja? Was wollt ihr denn sonst noch entscheiden, während ich weg bin? Wen wollt ihr noch umbringen?“
    Chris schaut zu Molly und Karl hinüber, die sich auf dem Sofa aneinanderklammern, als fügten Dans Worte ihnen körperliche Schmerzen zu, dann packt er Dan bei den Schultern und zerrt ihn zur Haustür. „Raus, Dan“, knurrt er.
    Dan leistet keinen ernsthaften Widerstand. Er fühlt sich, als hätten ihn all seine Kräfte verlassen. Er hatte Justin immer um dessen Verhältnis zu seinen Eltern beneidet, darum, dass sie so gut zusammenarbeiten und dabei trotzdem eine Familie bleiben konnten. Zu sehen, wie sie ihn im Stich lassen, ist erschütternd. Er lässt sich von Chris auf die Veranda bugsieren. Chris ist offensichtlich hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, Karl und Molly zu trösten und dem, Dan im Auge zu behalten.
    Als Dan auf den Verandastufen zusammenbricht, seufzt Chris und setzt sich neben ihn. „Sie lassen niemanden im Stich, Mann. Justin ist nicht mehr hier und er kommt auch nicht zurück. Du weißt, dass sie um ihn kämpfen würden, wenn auch nur der Hauch einer Chance bestünde. Du weißt es.“ Dan starrt nur auf den Rasen des Vorgartens. Da draußen steht ein großer, alter Ahornbaum. Justin hatte ihm einmal gezeigt, wo er und Chris als Kinder ihre Initialen in den Stamm geritzt hatten. Als Dan daraufhin wehmütig ausgesehen und sich gewünscht hatte, irgendwo so verewigt sein zu können, hatte Justin sein Messer herausgeholt und ‚DW‘ gleich neben die Initialen der anderen beiden geritzt. Dan fragt sich, ob die Bauunternehmer den Baum fällen werden.
    Chris redet noch: „Vielleicht haben sie einen Fehler damit gemacht, nicht alles an dich weiterzugeben, was die Ärzte ihnen erzählt haben. Ich glaube, sie wollten dich schonen oder so was … Ich weiß es nicht. Vielleicht dachten sie, solange es niemand wüsste, wäre es nicht wahr. Aber es ist schon seit dem ersten Schlaganfall vor Monaten keine Großhirnfunktion mehr messbar. Er ist tot, Dan.“
    Dan kann nicht antworten, kann nicht durch den Kloß in seiner Kehle hindurch sprechen. Er hat ein seltsames Klingeln in den Ohren und ihm ist abwechselnd heiß und kalt. Er hört Chris zu, aber es ist, als säßen sie weit voneinander entfernt, oder als spräche Chris eine Sprache, die Dan einmal verstehen konnte, aber jetzt verlernt hat. Er stößt sich von den Stufen ab und richtet sich auf, dann macht er sich auf den Weg zurück zu den Ställen.
    „Wo gehst du hin, Dan?“, ruft Chris ihm nach, doch Dan hört ihn nicht.
    Dan hat keinen Plan, kein richtiges Ziel. Er weiß nur, dass er nichts mit dem zu tun haben möchte, was in diesem Haus passiert. Er weiß, dass er von Rechts wegen keinerlei Anspruch hat – weiß, dass er im Grunde nichts tun kann. Er kann noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, was Justin wollen würde. Die drei Menschen drüben im Haus haben Justin wesentlich länger gekannt als er, und auch wenn Dan ihnen das gerade abgesprochen hat, weiß er doch, dass sie Justin lieben. Wenn sie glauben, Justin würde aufgeben wollen, dann haben sie vielleicht recht. Dan kann nur nicht nachvollziehen, wie sie einfach aufgeben können. Vielleicht würde Justin nicht mehr weitermachen wollen, aber das heißt doch nur, dass sie jetzt für ihn stark sein und ihm ihre Willenskraft leihen müssen, bis er wieder zu sich gefunden hat.
    Dan erreicht den Stall und schafft es bis hinauf in seine Wohnung, ohne Robyn zu begegnen. Dort macht er sich daran, seine wenigen Habseligkeiten in Taschen und die paar Kartons zu packen, die er auftreiben kann. Er weiß noch nicht, wo er hingehen soll. Normalerweise hätte er gleich vor Chris‘ Tür gestanden, aber das geht jetzt nicht mehr. Doch das spielt

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