Sturmrappe — Der Außenseiter (German Edition)
ich will sie beide. Und du bist nicht hier.“ Diesen Gedankengang muss Dan so schnell wie möglich unterbrechen. Mit roten Augen aufzutauchen wäre ganz und gar nicht sexy.
„Jeff ist cool – sehr entspannt, sehr … sanft. Er war großartig in Kentucky, als …“, und das ist ein weiteres Thema, von dem Dan sich fernhalten sollte, um seine Fassung nicht zu verlieren. Andererseits unterhält er sich gerade mit einem gestohlenen Foto, also ist es vielleicht nicht seine Fassung , die er verloren hat. Aber er fährt trotzdem fort. Er möchte nicht das Gefühl haben, etwas zu verheimlichen. „Du würdest ihn mögen. Naja, du fändest ihn wahrscheinlich ein bisschen einschläfernd, aber … im positiven Sinne. Und ich glaube, Evan würdest du auch mögen. Ihr seid euch irgendwie ähnlich. Ihr habt beide eine starke Persönlichkeit und verfolgt eure Ziele. Er hatte es dabei ein bisschen leichter, als es bei dir der Fall war, also ist er ein bisschen entspannter, aber … ich weiß es nicht. Hey, vielleicht kannst du es als Kompliment betrachten: Es braucht zwei von ihnen, um dich zu ersetzen.
„Tja, das habe ich jetzt also vor. Es könnte in einer großen Katastrophe enden … aber dann hätte ich es wenigstens versucht, oder?“ Er berührt sanft das Foto. Auf dem Glas über Justins Gesicht befinden sich Fingerabdrücke, da er seine Finger so oft darauf gelegt hat. Er hatte darüber nachgedacht sie abzuwischen, aber sich dann dagegen entschieden. „Du fehlst mir, Baby. Aber … ich bin schließlich noch hier. Ich muss versuchen, mir ein Leben aufzubauen. Also … versuche ich das jetzt.“ Er nimmt die Finger vom Glas und zieht eine Augenbraue hoch, versucht, seine Stimmung zu heben. „Möge Gott uns beistehen.“
Und dann ist er vor der Tür und auf dem Weg zu seinem Pick-up, um zu Jeffs Haus zu fahren.
Es ist keine lange Fahrt, zehn Minuten vielleicht, doch sie bietet Dan genug Gelegenheit, um wahnsinnig nervös zu werden. Er fühlt sein Hemd an seinem Rücken festkleben und wünschte, er könnte es auf die Hitze schieben, doch durch das offene Fenster kommt nur kühle Luft herein. Er beugt sich ein Stückchen vor, damit der Luftzug zwischen ihn und den Sitz vordringen kann. Er wünscht sich, er hätte Kleidung zum Wechseln mitgebracht, aber es wäre wohl ein bisschen seltsam, zu einem Essen mit Reisetasche aufzutauchen.
Als er in die Einfahrt biegt, hat er vor, erst eine Weile draußen stehen zu bleiben und sich zu sammeln, doch auf der Veranda sitzt Jeff mit Lou an seiner Seite, einem Bier in der Hand und den Füßen auf dem Geländer. Und natürlich ist er die Ruhe selbst. Dan fragt sich erneut, was die beiden hierbei riskieren. Wahrscheinlich gibt es für sie überhaupt keinen Grund nervös zu sein. Und er macht sich noch einmal klar, dass er den eigentlich auch nicht hat. Er ist sowieso nicht ganz sicher, ob er etwas anfangen will, also hofft er auch nicht verzweifelt auf ein bestimmtes Ergebnis. Und Sex ist Sex. Wenn er hier keinen bekommt, kann er ihn sich woanders holen. Das hilft ihm ein bisschen und er hievt sich aus dem Pick-up und geht auf das Haus zu.
„Hallo Dan“, begrüßt ihn Jeff leise und vielleicht ist er doch ein bisschen nervös, denn seine Augen wirken nicht ganz so ruhig wie sonst.
„Hi. Ist Evan noch nicht da?“ Dans Stimme klingt einigermaßen normal. Er beugt sich hinunter, um den Hund zu begrüßen.
„Nein, bis jetzt noch nicht.“ Jeff nickt in Richtung des mit Eis gefüllten Zinkeimers neben den Verandastufen, aus dem mehrere Bierflaschen ragen. „Bedien dich. Oder ich kann dir etwas anderes holen.“
„Nein, schon okay, danke.“ Dan nimmt eine Flasche, öffnet sie und nimmt einen tiefen Zug. Es ist ein großartiges Gefühl und er nimmt einen Zweiten, der fast genauso gut ist. Er sieht sich auf der Veranda um und lässt sich schließlich neben Jeff nieder, wobei zwischen ihnen ein kleines Tischchen steht. Da Jeffs Position verdammt gemütlich aussieht, schwingt er seine Füße ebenfalls auf das Geländer hoch. Körperlich fühlt er sich großartig. Seine Gedanken sind eine ganz andere Sache.
Eine Zeit lang sitzen sie dort schweigend. Der Vorgarten ist nicht ganz so landschaftlich gestaltet wie der hinter dem Haus. Er besteht hauptsächlich aus der Einfahrt und einer Rasenfläche, doch kurz vor der Straße steht eine riesige Kiefer, in der gerade ein Austausch zwischen zwei Eichhörnchen stattfindet. Es ist schwer zu sagen, ob sie einander freundlich gesinnt sind
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