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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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aus seinem Büro erhalten? Das wundert mich.«
    Lohmann war immer noch nicht klar gewesen, worauf sein Kollege hinauswollte. »Und was bedeutet das für mich? Konkret?«
    Die Antwort war zunächst ein lautes Lachen gewesen. Dann hatte der Ältere gesagt: »Ganz einfach: Wenn du scheiterst, ist deine Karriere zu Ende, noch bevor sie überhaupt angefangen hat. Dafür wird der Generalstaatsanwalt sorgen. Denn sollte kein Geständnis zustande kommen, wird er sich schadlos halten und jemanden zum Sündenbock machen. Klar, dass das derjenige sein wird, der mit dem Auftrag gescheitert ist. Merke dir das: Jauche fließt immer von oben nach unten! Konkret genug?«
    »Das … das ist ungerecht«, hatte Lohmann gestammelt und die Augen weit aufgerissen. »Ich bin ein Neuling, ein blutiger Anfänger.«
    »Sehr richtig, und als solcher wusstest du nicht, was alle anderen wussten.« Wieder hatte der Ältere gelacht, so heftig, bis ihm die Tränen gekommen waren.
    Wenn Lohmann darüber nachdachte, hätte er wittern müssen, dass der Fall Omar Aidid ein ganz heißes Eisen war, weil alle erfahrenen Kollegen dankend abgelehnt hatten, ihn zu übernehmen. Da Omars Schuld feststand, konnte man sich nämlich unmöglich profilieren. Andererseits konnte man sehr wohl scheitern, wenn es einem nicht gelang, dem Verbrecher ein Geständnis zu entlocken. Und der Jungstaatsanwalt war mit lautem Hurra ins Verderben gerannt. Glückwunsch, Bodo!
    Plötzlich und ohne die geringste Vorwarnung sprang der Somalier auf. Er brüllte. Die auf den Rücken gefesselten Arme schienen seine Beweglichkeit nicht im Geringsten einzuschränken. Mit ein, zwei flinken Sätzen brachte er sich neben Lohmann, doch der war inzwischen ebenfalls von seinem Stuhl hochgeschnellt, vor Schreck, und taumelte zurück. Auch der Dolmetscher nahm Reißaus.
    Omar setzte nach, brüllte immer noch wie von Sinnen.
    Endlich besann sich Lohmann darauf, dass er es mit einem Mann zu tun hatte, von dem keine wirkliche Gefahr ausging, da er Handschellen trug. Also bezwang er seine Angst und blieb stehen, um sich dem Wütenden zu stellen. Zugleich nahm er wahr, dass die Tür aufflog und die Justizvollzugsbeamten hereinstürmten. Er bedeutete ihnen mit einer Geste, nicht einzuschreiten. Dann nahm er all seinen Mut zusammen und schrie Omar an: »Was ist? Was wollen Sie jetzt tun?«
    Die Worte wurden nicht übersetzt, doch das war ohnehin unnötig, da schon der Tonfall eine offene Kampfansage darstellte.
    Die beiden Kontrahenten standen sich gegenüber, keine fünf Zentimeter voneinander entfernt. Omar Aidid stank nach Schweiß.
    Im nächsten Moment erklang ein ekelhaftes Geräusch, als seine harte Stirn mit voller Wucht in das vergleichsweise empfindliche Gesicht Lohmanns krachte, Gottlob ohne die Nase zu treffen, dafür aber Mund, Kiefer und Kinn. Das Manöver war ein Kopfstoß, wie ihn jeder Straßenschläger beherrschte.
    Blut spritzte, als seine Lippen aufplatzten, augenblicklich ging er in die Knie. So etwa musste es sich anfühlen, wenn man einen Kinnhaken kassierte. Um ein Haar hätte er laut gestöhnt, aber diese Genugtuung wollte er dem Mistkerl nicht gönnen. Also kämpfte er gegen Schmerz und Schwindel an und brachte sogar ein schiefes Grinsen zustande, als wäre die Attacke nur ein besserer Witz gewesen, die keinen wirklichen Schaden angerichtet hatte. Zugleich bemühte er sich, gerade zu stehen, auch wenn sich seine Knie wie Pudding anfühlten.
    Eine Sekunde starrte er Omar in die braungelben Augen, doch bevor der Somalier auf die Idee kam, eine weitere Kopfnuss auszuteilen, winkte er die Beamten heran. Die beiden, die draußen vor der Tür gestanden hatten, mussten Alarm ausgelöst haben, denn inzwischen wimmelte es vor der Tür von Uniformen. Diese stürzten sich sofort auf den Gefangenen und begruben ihn unter einer Flut aus Leibern.
    Lohmann spuckte blutigen Speichel aus. Mit zittrigen Fingern betastete er seinen Mund. »Ich glaube, die Zähne sind locker.«
    »Alles in Ordnung?«, fragte der Dolmetscher.
    Auch Rinderhälfte war zur Stelle. »Ich kann Sie auf die Krankenstation bringen«, bot er an.
    Lohmann stöhnte vor Schmerz, schüttelte jedoch den Kopf. »Geht schon. Danke.«
    »Wollen Sie das Verhör fortsetzen?«
    »Nein, für heute bin ich bedient.«
    Tolles Verhör. Keine Viertelstunde hatte der Zauber gedauert.
    Omar hatte sich inzwischen wieder beruhigt und wurde auf Hälftes Anweisung hin abgeführt. Er leistete keinen Widerstand mehr, warf Lohmann jdeoch einen

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