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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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eher mager als muskulös, doch die Brutalität stand ihm regelrecht ins Gesicht geschrieben. Das war vermutlich auch der Grund dafür, dass niemand einschritt und dem Kerl befahl, sich endlich wieder auf seinen Platz zu setzen, so wie es Grietje vorhin ein halbes Dutzend Mal in freundlichem Tonfall versucht hatte.
    »Birdie!«, tönte es aus dem Handy.
    Erstaunt registrierte Bernd, dass er es immer noch am Ohr hielt.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Georg. »Entschuldige, blöde Frage. Hast du schon eine Ahnung, wie du dich verhalten wirst? In Bezug auf Hanna … Tamara, meine ich?«
    Er schüttelte unwillkürlich den Kopf und trennte die Verbindung, ohne sich zu verabschieden. Dann schaltete er das Handy ganz aus. Die Stimme seines Freundes, die ihm den Brief vorlas, hallte als Echo durch seinen Kopf.
    Bernd, ich habe kürzlich erfahren, dass ich HIV -positiv bin!
    Mittlerweile hatte der rüpelhafte Schwarzafrikaner jenen Bereich betreten, der von der Crew Bordküche genannt wurde, dabei jedoch nichts anderes war als ein winziges Stückchen leerer Raum zwischen Cockpit und Kabine. Dort hantierte er ungeduldig an den Servicewagen herum, die normalerweise von den Stewardessen dazu benutzt wurden, den Passagieren das Essen zu bringen
    Bernd, ich habe kürzlich erfahren, dass ich HIV -positiv bin!
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, kaute Bernd an seinem Daumennagel. Endlich hatte er eine Frau kennengelernt, die seine Gefühle erwiderte, und dann das. Es war zum Verzweifeln. Wo blieben eigentlich die Busse? Er wollte so schnell wie möglich raus aus diesem verdammten Flieger und zu Hause in aller Ruhe ihren Brief lesen. Vielleicht hatte Georg irgendetwas übersehen?
    Indes mischte sich Grietjes Kollegin in die Auseinandersetzung mit dem renitenten Passagier ein. »Was machen Sie denn da?«, fragte sie ihn erst auf Englisch, dann auf Deutsch mit holländischem Akzent. Sie war wesentlich jünger als Grietje und ausnehmend hübsch, und ihre Muttersprache war vermutlich Afrikaans , ein mit dem Niederländischen verwandter Dialekt, den die Mehrheit der Weißen in Südafrika sprach. Ihr Tonfall verriet eine Mischung aus Unbehagen und Verblüffung. »Sind Sie taub?«
    Der Kerl ignorierte sie und ruckelte weiterhin an den Servicewagen herum. Diese befanden sich an der Rückwand zum Cockpit, eingepasst in schrankartige Aussparungen, wo sie von metallenen Bügeln am Wegrollen gehindert wurden.
    Bernd konnte die Szene genau beobachten, denn er saß in der zweiten Reihe und direkt am Gang. Er sah, wie der Schlägertyp einen der Wagen aus der Halterung befreite und zur Seite schob. Dann ließ er sich auf alle viere nieder und kroch in den Stauraum, als würde er dort am Boden etwas suchen. Für eine Minute oder so waren nur noch sein Hinterteil in der schäbigen Jeans sowie seine Füße zu sehen, dann verschwand er vollends. Doch nur für einen kurzen Moment, und als er wieder zum Vorschein kam, hielt er einen viel zu groß geratenen Saxofonkoffer in den Händen. Bernd konnte sich darauf keinen Reim machen und beobachtete, wie der Typ mit dem Koffer ins Cockpit stürmte.
    Er war kaum außer Sicht, als der hässliche Easy Rider nach vorn walzte, um sich bei Grietje zu beschweren, dass die Busse, die sie zum Terminal bringen sollten, wieder abgedreht waren.
    Die Ärmste schaute hilflos drein und versprach, dass sich das Problem sehr bald lösen würde, doch der Easy Rider ließ sich nicht besänftigen und schimpfte weiter auf sie ein, bis die Stimme des Piloten aus den Bordlautsprechern ertönte: »Verehrte Fluggäste …«
    Weiter kam er nicht. Stattdessen drang ein Schrei aus dem Cockpit, und einen Atemzug später flog die Tür auf. Grietje wich in den Gang zurück, und sogar der Easy Rider erschrak sichtlich.
    Tyson war auf einmal mit einer Maschinenpistole bewaffnet, deren Mündung bedrohlich auf die Passagiere zeigte. »Das Flugzeug befindet sich in meiner Gewalt!«, brüllte er auf Englisch.
    Weiter hinten lachte jemand schrill, da er offenbar an einen schlechten Scherz glaubte. Allerdings blieb ihm das Lachen im Halse stecken, als die ausklappbare Schulterstütze der Maschinenpistole ohne Vorwarnung in das Gesicht des Easy Riders krachte.
    Unwillkürlich biss sich Bernd auf die Unterlippe, als er meinte, das Brechen des Kiefers zu hören.
    Der Easy Rider fiel wie von der Axt gefällt zu Boden und klatschte der Länge nach in den Gang, wo er rücklings liegen blieb. Mit gefletschten Zähnen trat Tyson nach ihm, traf zum

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