Sturms Flug
verfügte über sechs Plätze, die mit den Buchstaben A bis F gekennzeichnet waren. Folglich befanden sich die Plätze A, B, und C auf der linken Seite der Passagierkabine, während D, E und F die Rechte bildeten. Zwischen den Plätzen C und D verlief der Gang, die Plätze A und F befanden sich an der Flugzeugwand mit Sichtfenster nach draußen.
Bernd hatte den Kopf gesenkt und stierte mit dahinter verschränkten Armen auf seine Oberschenkel. Nur keinen Blickkontakt mit einem dieser Mordgesellen, nur nicht auffallen! Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie die Frau, die in seiner Reihe auf dem Fensterplatz saß, eilig die Blende nach unten schob. Dann nahm er einen Schatten im Gang zwischen den Sitzreihen wahr, der auf ihn zukam. Das heißt, er spürte ihn mehr, als dass er ihn sah, doch als er verstohlen den Kopf hob, blickte er geradewegs in die Mündung der Maschinenpistole. Dabei handelte es sich um eine MP2A1 , wie er unterbewusst registrierte, also um das gleiche Modell, an dem er vor vielen Jahren als Wehrpflichtiger beim Bund ausgebildet worden war.
»Du da!«, blaffte Tyson ihn an und stieß den Lauf der MPi gegen seinen Ellbogen. »Sprichst du Englisch?«
Bernd sagte nichts, denn er wollte auf keinen Fall gegen das Redeverbot verstoßen. Also nickte er eifrig.
»Gut für dich«, lobte der Geiselnehmer. »Räum den Gang auf! Sieh zu, dass der Fettsack verschwindet! Na los, mach schon. Oder muss ich nachhelfen?«
Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, dass der Easy Rider gemeint war, der reglos im Gang lag. Herrje, dieser unsympathische Blödhammel, der ihm gleich am ersten Tag Schläge angedroht hatte, wenn er nicht seinen Platz im Jeep räumte. Auf einmal spukte ihm die Frage im Kopf herum, warum Tyson ausgerechnet ihn erwählt hatte, sich um den Kerl zu kümmern. Vermutlich, redete er sich ein, weil in der Sitzreihe vor ihm lediglich der Fensterplatz besetzt war, wodurch er gewissermaßen auf dem Präsentierteller saß.
»Beeilung!«
Hart traf ihn der Pistolenlauf am Kopf. In Sekundenschnelle wuchs eine Beule.
Er sprang auf, wand sich an dem Schwarzafrikaner vorbei, ohne ihn zu berühren, stakste ungelenk auf den Easy Rider zu und ging vor dessen Kopf in die Knie. Das Gesicht unter ihm sah zum Fürchten aus, war geschwollen, blau angelaufen und wirkte deformiert. Das galt vor allem für die Kieferpartie.
»Was ist?«, grollte Tyson. »Will der Fettsack nicht aufstehen?«
Bernd starrte ihn an. »Nein«, hörte er sich krächzen. »Er kann nicht aufstehen. Sie haben ihn totgeschlagen.«
Kapitel 14
Das Interview mit Omar Aidids Bruder Asad Aidid war zum Fiasko geworden, ehe es richtig begonnen hatte.
Als Folge der Katastrophe stand Mara mit dem Rücken an einem Mäuerchen, das ihr kaum bis zur Hüfte reichte. Dahinter ging es rund dreißig Meter steil in die Tiefe, während von unten das Rollen der Brandung zu hören war und das Donnern der Wellen, die sich an den Klippen brachen.
Sie hatte mit dem Leben abgeschlossen, denn vor ihr, vier, fünf Schritte entfernt, stand Asad Aidid, der eine Machete schwang. Der Kerl raste vor Zorn und ließ den Stahl durch die Luft fauchen, als deutliche Drohung. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass er sie ohne mit der Wimper zu zucken umbringen würde, wenn er nur an sie herankäme.
Doch das schaffte er nicht, noch nicht, denn dazu hätte er sich ihr bis auf Armlänge nähern müssen, was er nicht tat. Zunächst nahm sie an, der Grund dafür wäre Bodo, denn der kleine, tapfere Kerl hatte sich mit gesträubtem Fell vor ihr aufgebaut und versuchte, mit Knurren und Bellen den Angreifer in die Flucht zu schlagen. Dann ging ihr auf, dass sich ein Typ vom Kaliber Asads nicht von einem Kläffer abschrecken ließ. Nein, die Ursache für sein Zögern war eine andere, und die erschien ihr genauso offensichtlich wie trivial.
Zöllner versuchte indes, auf den Milizenführer einzuwirken. »Ich beschwöre Sie, Hoheit!«, rief er mit kaum beherrschter Panik in der Stimme, während er wie ein aufgescheuchtes Huhn um Asad herumlief. »Was hätten Sie damit gewonnen, eine wehrlose Frau zu töten? Ein unwürdiges Weib? Das wäre doch viel zu einfach. Sie, Hoheit, brauchen richtige Gegner.«
Netter Versuch, dachte sie, aber viel zu offensichtlich.
General Rashid rangelte derweil mit Karpinski, um ihn am Weiterfilmen zu hindern und ihm die Kamera abzunehmen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, dann würde das Spektakel Asads Schergen auf den Plan rufen, die er vorhin,
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