Sturms Flug
auf die Fehler! Darauf kommt es gar nicht an!«
Da schnellte er ebenfalls hoch, um sie seinerseits anzuschreien. »Ach, nein? Und worauf kommt es an, wenn ich fragen darf?«
»Das weißt du genau!«
»Nein, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass sich jeder normale Mensch freuen würde, wenn er urplötzlich ein Vermögen auf dem Konto hätte. Doch nicht meine liebreizende Schwester. Ich will dein Geld nicht .« Mit dem letzten Satz äffte er sie nach. »Aber bitte, erkläre deinem blöden Bruder, worauf es ankommt. Er ist ganz Ohr.«
Wieder erschienen die Vollzugsbeamten in der Tür und schauten fragend zwischen den Streithähnen hin und her.
Sie flüsterte, sodass nur er ihre Worte hören konnte. »Worauf es ankommt, du Idiot? Du versuchst, meine Freundschaft zu kaufen, das ist der Punkt. Mein Verständnis. Meine Liebe. Das hast du schon viel zu oft getan, und das tut weh. Ich bin kein Hund, Jo, dem man einen Knochen hinwirft, um sich seiner Treue zu versichern. Auch wenn es sich um einen Knochen aus Gold handelt.« Ihre Stimme wurde mit einem Mal so heiser, dass sie kaum noch zu verstehen war. »Dabei hättest du alles umsonst haben können. Gerade vorhin wollte ich dir etwas aus meinem Leben erzählen, dass mich fertigmacht. Hast du mir zugehört? Nein! Ich will dich nie wiedersehen!«
Mit feuerrotem Kopf stürzte sie an den Beamten vorbei auf den Flur.
Strasser starrte ihr noch hinterher, als sie schon längst nicht mehr zu sehen war. Er war sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, was konnte falsch daran sein, die eigene Schwester zu beschenken? Er begriff es nicht. Und das größte Geschenk stand sogar noch aus. In exakt siebenundzwanzig Tagen, am Heiligen Abend, der gleichzeitig ihr achtunddreißigster Geburtstag war, sollte die letzte Zahlung erfolgen, zumindest hatte er seinen Anwalt beauftragt, das zu veranlassen. Doch dann würden nicht zweitausend Euro auf ihrem Konto eingehen, sondern zwei Millionen!
»Ich hoffe nur, dass sie das Geld nicht der Wohlfahrt spendet«, brummte er in Richtung der überraschten Schließer, die keine Ahnung hatten, wovon er sprach. »Zuzutrauen ist ihr das jedenfalls.«
Kapitel 13
3 Minuten vor der Entführung des Fluges SWX 714
Bernd saß da, als hätte er einen Stock verschluckt. Mit zitternden Fingern presste er das Mobiltelefon an sein Ohr. Ihm war mit einem Mal speiübel, während sein Gesicht die Farbe eines Lakens angenommen hatte.
»Hammer!«, hörte er Georgs Stimme, die aus einem anderen Universum zu kommen schien. »Das ist der absolute Hammer! Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Das traf gleichermaßen auf Bernd zu, also schwieg er. Wie in Trance starrte er geradeaus, um am Ende des Ganges einen Mann zu sehen, der einer Stewardess mit der flachen Hand ins Gesicht schlug. Die Ohrfeige war heftig, fast brutal.
Wenn Bernd in diesem Moment seine Sinne beisammengehabt hätte, wäre er höchstwahrscheinlich erschaudert, so wie die meisten Passagiere in den ersten Sitzreihen, denen das heftige Klatschen nicht entgangen war. Der Kopf der Stewardess flog zur Seite, ihr Schiffchen sauste in hohem Bogen davon.
»Weg da, habe ich gesagt!«, blaffte der Schläger auf Englisch.
Die Stewardess musste eilig zurückweichen, um seinem auskeilenden Ellenbogen zu entgehen.
Wäre Bernd nicht wie paralysiert gewesen, hätte er sich vermutlich gefragt, warum niemand etwas gegen diesen Rüpel unternahm. Bei der Stewardess, so erkannte er, handelte es sich um Grietje. Der Name stand auf einem Messingschildchen an ihrer Bluse. Grietje war eine weiße Südafrikanerin, genau wie die übrigen Crewmitglieder. Sie mochte Mitte vierzig sein, recht alt für eine Stewardess, doch dafür war sie ungemein charmant und hatte während des gesamten Fluges stets einen lockeren Spruch in petto gehabt sowie ein Lächeln auf den Lippen.
Aber das war ihr inzwischen gründlich vergangen. Verzweifelt bückte sie sich nach ihrem Schiffchen, so als wäre auf der Stelle alles in Ordnung, sobald es wieder an seinem Platz saß. Ihre Kollegin stand derweil da und starrte den handgreiflich gewordenen Passagier an.
Bei diesem handelte es sich um einen Schwarzafrikaner, der penetrant nach Schweiß stank und ungemein gewalttätig wirkte. Deshalb taufte Bernd ihn in Gedanken Tyson, nach dem ehemaligen Boxer und Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson, der während seiner aktiven Zeit als hundsgemeiner Schläger gegolten hatte. Okay, dieser Tyson war wesentlich schmächtiger als der echte, im Grunde sogar
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