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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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plötzlich aus Richtung Tür.
    Schmitz grunzte wie ein Eber, Mara starrte den Neuankömmling an, als wäre ihr soeben der Heilige Geist erschienen. Das war also B. L., Bodo Lohmann, ihr Patenkind wider Willen.
    Sie hätte nicht genau in Worte fassen können, wie sie sich den Ziehsohn des Herrn Oberstaatsanwaltes vorgestellt hatte, doch was sie jetzt sah, musste ein Hirngespinst sein.
    Walt Disneys Micky Maus lebte!

Kapitel 10
    Wenn die Statistik stimmte, die das Innenministerium im Mai veröffentlicht hatte, war über ein Drittel der deutschen Polizisten gänzlich unempfänglich für Bestechungsversuche.
    Annähernd zwei Drittel, exakt 65,8 Prozent, galten gleichermaßen als unbestechlich, hatten jedoch keine Bedenken, gelegentlich »kleinere Vergünstigungen« – so der Wortlaut der statistischen Erhebung – anzunehmen, beispielsweise einen Preisnachlass in der Stammpizzeria gleich neben der Wache oder eine kostenlose Tageszeitung vom Kioskbesitzer an der Ecke.
    Die Annahme solcher Vergünstigungen war legitim, allerdings nur unter strengen Voraussetzungen. So war Bargeld generell tabu und musste unter allen Umständen abgelehnt werden, während unbare Zugeständnisse auf keinen Fall zu üppig ausfallen durften, laut Verfügung des Ministeriums galt eine unumstößliche Wertgrenze von 7 Euro 50. Am wichtigsten war jedoch, dass die Beamten ihren Gönnern keinerlei Sonderbehandlungen zuteilwerden ließen, gewissermaßen als Gegenleistung für erhaltene Gefälligkeiten. Demzufolge durfte auch der Besitzer des Imbissstandes, der seine Hamburger bereits seit etlichen Jahren zehn Prozent billiger verkaufte, wenn der Kunde ein Polizist war, nicht über rote Ampeln fahren, betrunken in sein Auto steigen oder sich sonstige Verfehlungen erlauben, ohne dass diese geahndet wurden. Tat er es dennoch, wurde er genauso behandelt und bestraft wie alle anderen.
    Das waren die Regeln.
    Doch leider gab es auch Polizisten, die sich nicht an diese Regeln hielten, laut Statistik 0,7 Prozent. Sie galten als korrupt.
    Werner Baumeister war einer dieser korrupten Polizisten. Er leitete die Asservatenkammer im Präsidium, und er hatte sich von Victor Smertin schmieren lassen. Für 120 000 Euro hatte er dem Russen Informationen verkauft. Bisher waren allerdings erst 5000 dieser Summe zur Auszahlung gekommen, denn das war der Köder gewesen, den Baumeister gierig geschluckt hatte.
    »Den Rest bekommst du, wenn meine Geschäfte abgeschlossen sind«, versicherte ihm Smertin schon seit einer Woche.
    Was hatte der widerliche Russe vor? Was waren das für Geschäfte, die er abzuwickeln gedachte? Baumeister hatte eine vage Vorstellung, und der Gedanke ließ ihn schaudern.
    Am liebsten hätte er alles wieder rückgängig gemacht, doch zur Umkehr war es zu spät, denn man hatte ihn eingesperrt. Volle sechs Tage hockte er nun schon in einer fensterlosen Kammer, deren gesamte Einrichtung aus einem Feldbett und einer Kommode vom Sperrmüll bestand. Die Wände waren nackt, der Fußboden mit fleckigem Linoleum ausgelegt. Auf der Kommode stand ein altes Radio mit schlechtem Empfang, das seit sechs Tagen Baumeisters einziger Zeitvertreib war. Eine schwere Feuerschutztür, die von außen stets sorgfältig abgeschlossen wurde, versperrte den Weg in die Freiheit. Beleuchtet wurde das Ganze von trüben dreißig Watt.
    Außer zum Pinkeln hatte er seine Gruft bisher nur ein einziges Mal verlassen, gestern Nacht, um dieser sonderbaren Versammlung auf dem Waldparkplatz beizuwohnen. Wenn er an die Schläge und Tritte dachte, die er bei dieser Gelegenheit abbekommen hatte, wäre er liebend gern hiergeblieben.
    » Towarisch «, hatte ihm dieser Verbrecher Smertin vor ein paar Tagen den Grund für seinen Arrest erklärt, »es ist zu gefährlich, dich draußen herumlaufen zu lassen. Ich kann nicht riskieren, dass du dich verplapperst. Sollte irgendein verdammter Schnüffler wittern, welche Informationen du mir verkauft hast, würde er mir womöglich auf die Schliche kommen und mir das Geschäft meines Lebens versauen. Also bleibst du bis dahin unsichtbar. Wenn alles vorbei ist, darfst du gehen. Mit deinem Geld, versteht sich, Towarisch .«
    Nun, wenn sich Baumeister nicht täuschte, war es morgen so weit, was auch immer Smertin ausgeheckt hatte. Baumeister selbst würde dann vermutlich keinen müden Cent sehen, davon war er mittlerweile überzeugt. Mit einem heftigen Tritt würden sie ihn verabschieden, diese abscheulichen Russen, und er selbst würde als käuflicher

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