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Sturms Jagd

Titel: Sturms Jagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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leiseste Ahnung hatten, was ihr Anführer mit diesem Befehl bezweckte, quetschten sie sich der Reihe nach durch die Tür.
    »Aaaahhh«, rief Kippe, »jetzt bin ich doch glatt in die Kotze von dem Weichei getreten!«
    Pjotr, Dimitrij und Anastas lachten, doch Smertin sorgte augenblicklich für Ruhe. Er riss den Stecker des Radios aus der Dose und schleuderte das Gerät vor seinen Füßen auf den Boden. Dann trat er so lange darauf herum, bis nur noch ein Trümmerhaufen übrig war. Sein gefürchteter Jähzorn war erwacht.
    »Ihr sollt euch den verdammten Gondoschir ansehen und kein Kaffeekränzchen abhalten!«, fluchte er. » Dermo! «
    Sofort herrschte Schweigen. Alle Augen richteten sich auf Baumeister, der sich inzwischen wieder auf die Pritsche hochgekämpft hatte. An seiner Unterlippe hing ein Speichelfaden, an seinem Hemd klebte Erbrochenes. »Krankenhaus«, stöhnte er. Seine Worte waren kaum zu verstehen. »Ich flehe Sie an, Smertin, schaffen Sie mich in ein Krankenhaus. Mein Herz spielt verrückt.«
    Der Russe verzog keine Miene. Stattdessen nickte er dem Doktor zu, worauf sich dieser nach vorn drängte und neben Baumeister auf die Bettkante hockte. Zuerst fühlte er dem Kranken den Puls, was halbwegs professionell wirkte, dann betastete er vorsichtig die Hämatome, die von Smertins Tritten stammten. Zum Schluss forderte er Baumeister auf, die Zunge herauszustrecken.
    Der Polizist gehorchte.
    »Aha«, machte Stalin und drehte sich zu Smertin um, »sie fängt an, blau zu werden.«
    »Was … was bedeutet das?«, stammelte Baumeister. Er japste nach Luft. »Habe ich innere Verletzungen?«
    Niemand antwortete ihm.
    »Kann man ihm noch helfen?«, wollte Smertin wissen.
    Nachdenklich berührte Stalin seine Augenklappe, kratzte sich am Kinn. Dann nickte er. »Ja, wenn er sofort behandelt wird.«
    Smertin sog hörbar die Luft ein. Sogleich forderte er die Versammelten erneut auf, sich den verhassten Milizionär anzusehen, und zwar ganz genau. Das tat er so eindringlich, mit gefährlich leiser Stimme, dass niemand zu fragen wagte, wozu eine solche Musterung gut sein sollte. Schweigend betrachteten sie den zitternden Mann auf der Pritsche.
    Nach einer halben Schweigeminute löste Smertin die absurde Versammlung auf. »Raus jetzt!«, befahl er.
    Doktor Stalin und er waren die Letzten, die den Raum verließen. Baumeister streckte die Hände nach ihnen aus, wollte sie um Hilfe anflehen, schaffte es jedoch nicht mehr, sich zu artikulieren.
    Das Letzte, was er hörte, bevor die Tür wieder ins Schloss fiel, war Victor Smertin, der sich an den Doktor wandte. Sie sprachen Russisch miteinander. Hätte Baumeister Russisch verstanden, hätte er folgende Unterhaltung übersetzen können:
    »Sind unsere Leute unterwegs?«
    »Nicht nur das, sie sind längst in Frankfurt angekommen.«
    »Und sie wissen, was sie zu tun haben?«
    »Klar, ich habe sie selbst instruiert.«
    Smertin nickte zufrieden. »Gut.« Er streifte Baumeister mit einem abschätzigen Blick, dann wandte er sich wieder an seinen Kampfgenossen. »Wenn dieser Abfall endlich krepiert ist, weißt du, was du mit seinem Kadaver zu tun hast. Mach keine Fehler.«
    »Keine Sorge. Alles wird wie geplant ablaufen.
    Der Schlüssel drehte sich von außen im Schloss.

Kapitel 11
    »Guten Tag«, grüßte Bodo Lohmann förmlich und ein wenig verlegen. Das ist also Tamara Sturm , dachte er. Die Kriminalbeamtin, auf die Oberstaatsanwalt Kunze so große Stücke hält.
    »Hallo«, erwiderte Mara. Das ist also Bodo Lohmann , dachte sie, der Wunderknabe, auf den Oberstaatsanwalt Kunze so große Stücke hält.
    Lohmann war nervös. Er musterte Frau Sturm verstohlen. Sie sieht toll aus , stellte er verblüfft fest. Er wusste nicht warum, doch das hatte er nicht erwartet.
    Mara war genervt. Sie erwiderte den prüfenden Blick. Um Himmels willen, wie behämmert sieht der denn aus? , durchzuckte es sie. Die Klamotten sind doch hoffentlich nur als Witz gedacht, oder? So läuft doch kein normaler Mensch rum. Was für ein Fummel!
    Lohmanns Garderobe, der Fummel, stellte in der Tat eine Gratwanderung zwischen Extravaganz und Geschmacklosigkeit dar. Er war bekleidet mit einem weißen Hemd und einem schwarzen Sakko, zu dem er karierte Golfhosen trug. Eine senffarbene Seidenkrawatte, auf der das Konterfei der Micky Maus prangte, setzte dem Ganzen die Krone auf.
    »Alaaf!«, entfuhr es Schmitz in einer Mischung aus Bestürzung und Amüsement. Dann brummte er etwas von einem stolzen Prinz im Karneval

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