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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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gebt mir Bescheid, sobald ihr in Stockholm angekommen seid. Wenn die Belagerung vorüber ist, hole ich euch zurück.«
    Mit diesem Versprechen und einem kurzen Winken verabschiedete sich ihr Vater. Der Kutscher ließ die Peitsche über die Köpfe der Pferde knallen, worauf der Wagen anruckte.
    Sie hatten das Kontor schon zwei Straßen weit hinter sich gelassen, da fragte Hinrich: »Kannst wohl nicht ohne dein Federvieh leben, wie?«
    Seinen scharfen Augen entging einfach nichts.
    »Ich werde es bei meiner Freundin lassen«, entgegnete Anneke. »Da weiß ich wenigstens, dass ich es bei meiner Heimkehr wiedersehe.«
    Hinrich schnaubte verächtlich. »Behandelst es ja fast wie ein Schoßtier.«
    Anneke überhörte den Spott in seinen Worten. »Es ist meine Henne, ich kann damit tun und lassen, was ich will«, entgegnete sie trotzig.
    »Schon gut«, winkte Hinrich ab. »Das alles geht mich ohnehin bald schon nichts mehr an.«
    »Warum denn das?«, fragte Anneke verwundert.
    »Weil ich nicht mitreisen werde«, antwortete Hinrich, während er auf die Straße blickte.
    »Aber dein Vater hat doch …«
    »Was mein Vater sagt, kümmert mich nicht«, schnappte er. »Er wird denken, dass ich in Schweden bin. Ich werde derweil Sönke suchen. Ich muss Gewissheit haben, ob er noch lebt.«
    »Und was ist mit den Briefen, die wir nach Hause schreiben sollen?«
    »Du kannst für uns beide schreiben. Bist ja gewiss froh darüber, dass du mich los bist. Außerdem ist es fraglich, ob die Briefe ankommen. Wenn das geschieht, ist Stralsund vielleicht schon kaiserlich, und dann wird es vielleicht niemanden mehr geben, der sie annehmen kann.«
    »Das sind sehr grausame Worte«, entgegnete Anneke. »Willst du denn, dass unser Vater stirbt?«
    »Mein Vater wird nicht sterben«, gab Hinrich zurück und betonte dabei besonders das Wort ›mein‹. »Außerdem, was willst du dagegen tun, dass ich verschwinde? Du kannst mich nicht verpetzen, Hurenbalg.«
    Anneke hätte ihn am liebsten geschlagen, aber da war er schon vom Wagen herunter. Sie hätte es dem Kutscher sagen können, doch sie wusste, dass das nichts bringen würde. Hinrich kannte sich in der Stadt bestens aus, und bis sie ihn aufgetrieben hätten, wäre das Schiff fort.
    »Blödmann«, raunte sie ihm nach, als sie ihn in der Dunkelheit verschwinden sah.
    Der Wagen rumpelte weiter die Straße entlang und passierte schließlich das Haus von Martes Familie.
    »Könntet Ihr bitte einen Moment halten?«, fragte sie den Kutscher. »Ich muss etwas abgeben.« Sie hielt den Hühnerkäfig hoch. Die Henne stieß ein Gackern aus.
    »Willst du das Vieh loswerden?«, fragte der Mann. »Kannst es mir geben, ich werde es über dem Feuer rösten!«
    »Dieses Huhn ist nicht zum Essen da!«, protestierte Anneke. »Ich will es in Obhut geben.«
    Der Kutscher lachte. »Du machst mir Spaß, Mädchen. Ein Huhn in Obhut geben! Was meinst du, wie lange es am Leben bleiben wird, wenn die Leute erst einmal ausgehungert sind?«
    Anneke antwortete nicht darauf.
    Wenn es denn so kommen soll, dass das Huhn geschlachtet werden muss, dann soll Marte es essen und niemand sonst, ging es ihr durch den Sinn.
    Als der Wagen verlangsamte, sprang sie ab.
    Sämtliche Fenster im Haus ihrer Freundin waren beleuchtet. Aufgeregte Kinderstimmen waren zu vernehmen. Offenbar war die gesamte Familie gemeinsam mit dem Vater aus dem Bett gesprungen.
    Als sie die Tür öffnete, stürmte ihr Marte entgegen.
    »Anneke, was machst du denn hier?«
    »Ich muss nach Schweden reisen, zur Schwester meines Vaters.«
    Marte starrte sie sprachlos an.
    »Es ist nur vorübergehend«, fügte Anneke hinzu. »Wenn die Belagerung vorbei ist, komme ich zurück.«
    Plötzlich packte sie das schlechte Gewissen. Während sie nach Schweden reiste, musste Marte hierbleiben. Was, wenn die Kaiserlichen durchbrachen?
    »Das will ich hoffen!«, entgegnete Marte. »Warum nimmst du das Huhn mit?«
    »Ich wollte es eigentlich bei euch lassen.« Plötzlich schoss ihr eine Idee durch in den Sinn. »Wie wäre es, wenn du mit mir kommst?«
    Marte sah sie einen Moment lang an, als würde sie es tatsächlich in Erwägung ziehen. Dann schüttelte sie den Kopf.
    »Es geht nicht.«
    »Warum? Hinrich ist abgehauen, er will nach seinem Bruder suchen. Du könntest doch an seiner Stelle mitkommen!«
    Marte schüttelte traurig den Kopf. »Meine Mutter würde mich niemals von hier fortlassen, es wäre ihr zu gefährlich.«
    »Aber gefährlich könnte es auch hier in der Stadt

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