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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Stadt nicht zu überlassen.
    Schließlich zog der Bürgermeister mit seinem Gefolge weiter. Die Mauer war lang und gewiss wollte er allen Soldaten Mut zusprechen.
    Die beiden Mädchen erhoben sich wieder aus dem Stroh.
    »Ich glaube, wir sollten zurückgehen«, meinte Marte ein wenig traurig. »Meinen Vater werde ich ohnehin nicht sprechen können. Selbst wenn wir es schaffen, zu ihm zu kommen.«
    Kaum waren sie die Leiter zum Heuboden hinuntergeklettert, stürmten ein paar Uniformierte durch das Scheunentor. Sie blickten Anneke und Marte verdutzt an, dann rief einer von ihnen: »He, was sucht ihr denn hier? Seht zu, dass ihr in die Stadt kommt, sonst wird Tilly euch holen!«
    »Wenn schon, dann ist es Wallenstein«, murmelte Marte, aber so, dass es die Männer nicht hörten.
    Sie huschten aus der Scheune, die sogleich von den Soldaten als Quartier in Beschlag genommen wurde. Auf dem Weg zurück fragte sich Anneke, ob ihr Vater wohl auch an die Mauer ziehen und kämpfen würde. Immerhin besaß auch er ein Rapier, ein sehr schönes sogar, von dem Sanne behauptete, dass es in Spanien geschmiedet worden wäre. Bisher hatte sie aber noch nicht gesehen, dass er es getragen hätte. Aber es war möglich, dass es auf seinem Kaufmannswagen lag, wenn er unterwegs war.
    Nachdem sie sich von Marte verabschiedet hatte, kehrte Anneke ins Kaufmannshaus zurück. Die Henne empfing sie mit einem aufgeregten Gackern. Anneke war froh über den Willkommensgruß.
    Sanne war inzwischen ebenfalls wieder zurückgekehrt. Sie saß mit Nettel in der Küche. Ihre Augen waren feuerrot, ihre Wangen ebenfalls gerötet.
    »Und wenn sie ihn umbringen?«, hörte Anneke ihre Stimme beim Hereinkommen. »Was soll ich ohne ihn tun?«
    Nettel legte Sanne beruhigend die Hand auf den Rücken. Obwohl sie es war, die angesichts des Rattenkönigs Angst bekommen hatte, sagte sie nun: »Mal doch nicht den Teufel an die Wand, ihm wird schon nichts geschehen. Außer ihm sind ja auch noch andere Männer da, und solange die Papisten nicht durchs Tor kommen, wird auch ihnen nichts geschehen.«
    Doch Sanne schluchzte weiter. In Gedanken sah sie sich wohl schon am Grab ihres Liebsten stehen.
    Anneke hätte gern etwas zu ihrem Trost beigetragen, aber sie wusste nicht, was. Sie hatte keine Ahnung, wie es sich anfühlte, wenn man einen Mann liebte und um sein Leben fürchten musste.
    Plötzlich fiel ihr aber doch ein Ratschlag ein, den sie Sanne geben konnte. »Gib deinem Freund doch einen Glücksbringer.«
    Sanne blickte auf. Ebenso wie Nettel schien sie das Mädchen erst jetzt zu bemerken.
    »Was sagst du da?«, fragte sie und rieb sich mit ihrem Taschentuch weitere Tränen aus den Augen.
    »Ein Glücksbringer«, wiederholte Anneke. »Irgendwas von dir, das er betrachten kann. Etwas, das ihn daran erinnert, dass du hier auf ihn wartest und dass du ihn liebst. Vielleicht stürzt er sich dann nicht so unbesonnen in den Kampf.«
    Sannes Augen blieben an Annekes Gesicht kleben. Hin und wieder erschütterte ein Schluchzer ihren Körper, aber ihr Blick klärte sich.
    »Was sagt man denn zu so viel Weisheit bei so einer lütten Deern?«, bemerkte Nettel breit grinsend. »Bist wohl doch schon eine von uns, wie?«
    Anneke wusste, dass Nettel damit meinte, sie würde schon zu den erwachsenen Frauen gehören. Auch wenn ihr Blut bereits seit einem Jahr floss, war ihr dieser Gedanke dennoch fremd und ein wenig unangenehm.
    »Und was meinst du, soll ich ihm geben?«, fragte Sanne, die sich jetzt wieder ein wenig beruhigte.
    »Vielleicht ein Taschentuch oder ein Haarband, das er an seinem Schwert befestigen kann«, schlug Anneke vor und setzte sich zu den beiden Frauen an den sauber geschrubbten Küchentisch. »Oder ein Amulett, wenn du eines hast. Vielleicht hat ihm mal was an deinen Kleidern gefallen oder eine Spange in deinem Haar.«
    Bevor Sanne allerdings loslaufen und nach einem Glücksbringer für ihren Geliebten suchen konnte, kam Roland Martens mit Hinrich in die Küche. Anneke bemerkte, dass ihr Vater sein Rapier nicht trug. Wahrscheinlich würde er die Soldaten mit den Waren aus dem Kontor versorgen.
    »Na sieh mal einer an, die Frauen des Hauses sitzen bei einem Schwatz zusammen«, bemerkte er. Das sollte wohl fröhlich klingen, aber das tat es nicht. Die Stimmung war bei allen gedrückt. Sanne sah noch immer verheult aus, Nettels Miene war ernst und auch Anneke konnte nicht von sich behaupten, dass ihr nach einem fröhlichen Schwätzchen zumute gewesen wäre. Als sie

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