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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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werden.«
    Aber es blieb dabei, Marte wollte nicht.
    Anneke seufzte. Noch nie war sie gänzlich ohne Marte gewesen. Gut, vielleicht einen oder zwei Tage, aber nicht für Wochen oder gar Monate.
    »Marte!«, rief nun die Mutter, die bei den jüngeren Geschwistern stand. Und von draußen erklang die Stimme des Kutschers. »He, Mädchen, wo steckst du? Das Schiff wartet nicht.«
    »Ich komme!«, antworteten beide Mädchen im Chor und fielen sich dann in die Arme.
    »Pass auf dich auf«, flüsterten sie einander ins Ohr, dann lösten sie sich und Anneke verließ das Haus.
    »Wird auch Zeit«, brummte der Kutscher ungeduldig. »Wo ist eigentlich der Bengel abgeblieben? Vorhin war er noch da.«
    »Das weiß ich nicht«, entgegnete Anneke. Sie hätte dem Kutscher nun sagen können, dass sich Hinrich auf die Suche nach seinem Bruder machen wollte. Aber das tat sie nicht. Sie hatte noch immer Nettels Worte im Ohr, dass er seinen Bruder über alles lieben würde. Wäre sie an seiner Stelle, würde sie wahrscheinlich auch versuchen ihn zu finden.
    Der Kutscher sah sie an, als glaubte er ihr kein Wort. Dann nahm er die Zügel wieder auf. »Na, soll mir egal sein. Für eine Suche bleibt keine Zeit mehr. Kein Wort zu deinem Vater wegen des Bengels, hast du verstanden?«
    Anneke nickte. Was sollte sie auch sonst tun? Der Mann hatte ihr nicht gedroht, aber wahrscheinlich würde es ihm nicht schwerfallen, sie irgendwo außerhalb der Stadt abzusetzen.
    »Gut. Ich bringe dich allein auf dein Schiff und damit ist die Sache erledigt.«
    Der Kutscher ließ die Peitsche über die Köpfe der Pferde knallen. Als der Wagen ruckte, versuchte Anneke, Marte an einem der Fenster auszumachen, aber die Läden blieben geschlossen. Die Kinderstimmen verschwanden im Nebel, der sanft durch die Gassen waberte.
    *
    Der Hafen war in Fackelschein getaucht. Ein paar Schiffe ankerten am Kai, schwere, bauchige Ungetüme, deren Masten hoch in den Nachthimmel ragten und seltsame Schatten warfen. Trotz der späten Stunde und der drohenden Gefahr herrschte hier noch geschäftiges Treiben. Einige Männer schleppten Kisten und Ballen auf die Schiffe. Offenbar wollten die Bürger der Stadt nicht nur sich und ihre Familien in Sicherheit bringen, sondern auch ihr Hab und Gut.
    »Hier entlang, trödele nicht rum!«, brummte der Kutscher ungeduldig, als sie zurückblieb. Anneke lief schneller und folgte ihm in einen dunklen Gang. Ein wenig unheimlich war ihr nun doch zumute. Ihr Vater mochte dem Kutscher vielleicht vertrauen, aber was hielt diesen davon ab, ihr etwas anzutun?
    Schließlich machten sie vor einem Speicher halt. Der Mann öffnete eine kleine Tür, die in das große Tor eingelassen war, und bedeutete Anneke, dass sie eintreten sollte.
    Viel Licht gab es hier nicht, lediglich ein schwacher Schein fiel durch die schmutzigen Scheiben. Er reichte nicht aus, um genaue Details zu erkennen. Die Gegenstände, die in dem hohen Raum lagerten, waren für Anneke nichts weiter als undeutliche Schemen.
    »Bevor ich dich zum Schiff bringe, musst du noch was erledigen.« Mit diesen Worten drückte ihr der Mann ein Bündel in die Hand. »Dein Vater hat dir sicher erklärt, dass du dich als Junge verkleiden musst.«
    Anneke nickte beklommen, während die Unsicherheit in ihrem Bauch wuchs. Würde sie diese Rolle so gut spielen können, dass niemand etwas bemerkte? Und was, wenn herauskam, dass sie ein Mädchen war? Würde man sie dann über Bord werfen?
    »Schnell, sonst fährt das Schiff ohne dich los«, setzte der Mann hinzu und verschloss die Tür hinter sich.
    Anneke band ihre Haare mit dem blauen Haarband ihrer Mutter zu einem Zopf zusammen, wie ihn die Jungen in der Stadt trugen. Dabei fragte sie sich, ob sie wirklich keine andere Wahl hatte, als auf das Schiff zu gehen. Könnte sie nicht auch wie Hinrich versuchen, hierzubleiben? Oder wenn sie nun wirklich das Schiff verpasste? Viele andere Möglichkeiten, aus Stralsund fortzukommen, würde es sicher nicht mehr geben.
    Doch wohin sollte sie dann gehen? Wieder in ihre Hütte? Hinrich hatte immerhin ein Ziel vor Augen!
    Wenn sie wieder bei ihrem Vater aufkreuzte, würde es sicher ein großes Donnerwetter geben. Außerdem würde der Kutscher verstärkt ein Auge auf sie haben, besonders jetzt, wo Hinrich bereits verschwunden war.
    Ihr würde wohl wirklich nichts anderes übrig bleiben, als an Bord zu gehen und nach Schweden zu reisen. Und alles zu tun, damit niemand hinter ihre Verkleidung kam.
    Als sie mit ihren Haaren

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