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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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während sie als eine der wenigen Wasser geschöpft hatte.
    Anneke rang mit sich, ob sie selbst nachschauen gehen sollte. Zum einen wegen Frieda Bollerstrues offensichtlicher Trauer, zum anderen wegen Tjorven.
    Doch dann sah sie davon ab und blieb im Haus. Sie hatte Angst davor, Tjorvens Name auf der Liste zu lesen.
    Sie fragte sich, was jetzt wohl in Inga vorging. Beim Auslaufen der Vasa war sie nicht dabei gewesen, aber sicher hatte sie mitbekommen, was geschehen war. Wenn sie wusste, dass Tjorven auf die Vasa wollte, musste sie jetzt auch um ihn bangen.
    Anneke hatte Mitleid mit der Frau. Jetzt war sie allein mit einem jähzornigen Ehemann und der Magd, die gern ihre Stelle einnehmen würde. Und neben ihrem ersten Ehemann musste sie auch noch um ihren Sohn trauern.
    Spät am Abend tauchte Ingmar in der Schenke auf.
    Da sie nicht hinausgehen konnte, bugsierte Anneke ihn in eine Ecke des Schankraums, um die sich Gitta für gewöhnlich nicht kümmerte. Dabei fielen ihr die Blicke auf, die einige Männer ihm zuwarfen. Vielleicht bildete sie es sich ein, aber sie sahen ihn so hasserfüllt an, als hätten sie einen Mörder vor sich.
    Wussten sie, dass Ingmar auf dem Schiffsbauhof arbeitete?
    Nachdem sich der Junge voll Unbehagen umgesehen hatte, begann er zu berichten.
    »Söfring Hansson, der Kapitän der Vasa, wird es wohl mittlerweile bereuen, dass er gerettet wurde. Er muss vor den Reichsrat kommen, um über das Unglück auszusagen.«
    Anneke nickte. Ähnliches war auch ihr zu Ohren gekommen, als sie an den Tischen vorbeieilte. Die Stockholmer machten den Kapitän und auch seine Seeleute für den Untergang verantwortlich. »Wenn es dem Kapitän gelingt, sich zu verteidigen, werden wohl wir den Unmut abbekommen.«
    »Und was, wenn es Sabotage war?«, fragte Anneke, nachdem sie sich zum Tresen umgesehen hatte. Noch wurde sie nicht gebraucht, also wollte sie so viel wie möglich von Ingmar erfahren.
    »Wer hätte das Schiff sabotieren sollen?«, gab der junge Schiffsbauer zurück.
    »Die Polen vielleicht. Immerhin hast du doch einmal gesagt, dass der erste Auftrag des Schiffes die Blockade der Weichselmündung gewesen sei.«
    »Ich glaube nicht, dass der Polenkönig seinem Verwandten Spione auf den Hals hetzen würde.« Ingmar blieb skeptisch.
    »Und was ist mit den Kaiserlichen?«, fragte Anneke. »Es könnte doch auch sein, dass es Spione des Kaisers waren, die das Schiff sabotiert haben.«
    Ingmar blickte sie verwundert an. »Wie kommst du denn darauf?«
    »Nun ja, hier in Stockholm leben doch zahlreiche Deutsche.«
    »Aber das sind keine Spione, sonst könnte ich dich ja auch für einen halten.«
    »Ich habe zwei Männer beobachtet, die sich in einer Gasse unterhalten haben. Sie sprachen von Stralsund und dass Wallenstein behauptet hat, dass er die Stadt auch dann erobern würde, wenn sie mit sieben Schlössern an den Himmel gekettet wäre.«
    »Aber es könnte doch auch sein, dass es ein Verbündeter von uns war, der diese Nachricht überbracht hat«, warf Ingmar ein.
    »Ich habe nicht vernommen, ob er Wallensteins Worte gutgeheißen oder verurteilt hat. Es könnte ebenso ein Protestant wie ein Kaiserlicher gewesen sein.«
    Ein kurzes Schweigen folgte ihren Worten, dann schüttelte Ingmar den Kopf. »Nein, ich bin sicher, dass sie versuchen werden, entweder den Matrosen oder den Schiffsbauern die Schuld zu geben. Mein Vater fürchtet nun, dass er selbst vor den Reichsrat geladen wird. Es ist anzunehmen, dass Hansson darauf beharrt, das Schiff ordnungsgemäß gesegelt zu haben.«
    »Und was wird dann geschehen?«
    »Man wird so lange suchen, bis man einen Schuldigen gefunden hat. Oder jemanden, dem man die Schuld in die Schuhe schieben kann.«
    Anneke konnte sich denken, was das bedeutete.
    »Anneke, wo bleibst du?«, brüllte Magnus und setzte murrend hinzu: »Verdammt noch mal, immer verkriecht sie sich.«
    »Du solltest gehen«, sagte Ingmar, während er sich erhob. »Am Sonntag hole ich dich wieder ab, vielleicht kann ich dir dann mehr berichten.«
    Sie nickte ihm zu, und obwohl Magnus erneut nach ihr rief und sie wusste, dass sie sich erst einmal eine Standpauke abholen konnte, sah sie Ingmar noch einen Moment nach, als er durch die Tür verschwand.
    *
    Weitere Tage gespannter Stille folgten. Im Hafen wurden immer wieder angeschwemmte Leichen von Besatzungsmitgliedern und Passagieren der Vasa geborgen. Die Identifizierung fiel schwer, weil das Wasser und die Fische den Körpern erheblich zugesetzt hatten. Doch

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