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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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anderes haben.«
    Plötzlich losbrechender Jubel ließ Anneke und Ingmar herumwirbeln.
    Als sie zu Tre Kronor aufsahen, betraten gerade ein paar prachtvoll gewandete Personen den Balkon. Der König selbst war gewiss noch nicht vom Feld zurück, also mussten die Männer Minister oder Adlige sein. Ein paar hübsch gekleidete Frauen waren auch darunter, eine von ihnen trug ein Mädchen auf dem Arm, das vielleicht zwei oder drei Jahre alt war.
    »Sogar Prinzessin Kristina will das neue Schlachtschiff ihres Vaters sehen«, flüsterte Ingmar ihr begeistert zu.
    »Ist sie das kleine Mädchen auf dem Arm der blonden Frau?«
    »Ja, das ist sie. Und die Frau ist ihre Gouvernante.«
    »Ist sie nicht ein wenig klein, um zu wissen, welche Bedeutung das Schiff hat?«
    »Sicher wird sie die Bedeutung noch nicht kennen, aber sie wird sich an dem Schiff erfreuen. Ich erinnere mich auch noch an das erste Mal, als mich mein Vater mit auf die Werft genommen hat.«
    »Da warst du doch sicher älter, oder?«
    »Ja, das schon. Aber ich bin sicher, dass sie den Anblick der Vasa unter Segeln nicht vergessen wird.«
    Als die Glocke der Jakobskirche vier Uhr läutete, gab der Kapitän den Befehl zum Auslaufen. Wenig später konnten die Zuschauer am Hafen beobachten, wie der Koloss vom Ausrüstungskai fortgeschleppt wurde.
    Nach und nach fielen die Segel. Noch waren sie schneeweiß, und ein wenig erinnerten sie Anneke an die Segel des Schiffes, das sie und ihre Freundin vor Stralsund beobachtet hatte.
    Ach, könnte Marte nur bei mir sein, dachte sie ein wenig wehmütig. Ihr hätte dieses Schiff gewiss auch gefallen.
    Aber sie konnte ihr nicht einmal in einem Brief berichten, wie wunderbar die Vasa ausgesehen hatte und wie stolz sie über das Hafenwasser glitt.
    Als spürte er den plötzlichen Anflug von Traurigkeit, griff Ingmar nach ihrer Hand. Anneke war darüber überrascht und auch ein klein wenig besorgt, dass die anderen es sehen könnten.
    Doch die Menschen ringsherum, auch Ingmars Vater, hatten jetzt nur noch Augen für das Schiff, das sich dem Königsschloss näherte.
    Auch Anneke richtete ihren Blick wieder auf die Vasa. Golden und rot leuchteten die Verzierungen und Skulpturen an den Bordwänden, die Löwen auf den Stückpforten fauchten die Betrachter bedrohlich an. Die Menschen, die sich an Deck befanden, wirkten winzig im Vergleich zu dem Schiff.
    Als es auf Höhe des Königsschlosses war, schossen die mächtigen Kanonen einen Salut. Die Zuschauer rissen sich daraufhin jubelnd die Hüte vom Kopf und winkten.
    Doch plötzlich erfasste eine Bö die Vasa und brachte sie in Seitenlage. Die Menschen schnappten erschrocken nach Luft. Auch Hendrick Svensson fuhr zusammen. Vom Oberdeck des Schiffes konnten die Zuschauer ebenfalls erschrockene Aufschreie vernehmen.
    »Das ist nicht richtig«, murmelte der Schiffsbauer.
    »Was meinst du, Vater?«, fragte Ingmar, der die Worte auch mitbekommen hatte.
    »Die Bö war nicht besonders stark. Das Schiff hätte, wenn überhaupt, nur schwach krängen sollen.«
    So schnell, wie sich die Vasa geneigt hatte, richtete sie sich aber wieder auf und setzte die Fahrt fort, als sei nichts geschehen.
    Majestätisch segelte sie am Schloss vorbei und näherte sich nun dem Skeppsholm, einer der Stadt vorgelagerten kleinen Insel.
    »Komm, laufen wir nach Süden, vielleicht sehen wir das Schiff dort noch mal«, flüsterte Ingmar ihr zu.
    Bevor Anneke anmerken konnte, dass sie seinen Vater fragen sollten, fasste er sie bei der Hand und zog sie mit sich.
    Ein paar Leute murrten, wenn sie sie anrempelten oder ihnen auf die Füße traten. Doch keiner von ihnen befasste sich länger mit den beiden, denn sie wollten das Schiff noch so lange wie möglich im Blick behalten.
    Nachdem sie sich durch die Schaulustigen geschlängelt hatten, liefen sie die Uferstraßen entlang. Hier und da trafen sie auf weitere Menschen, die sich die Vasa ansehen wollten.
    Inzwischen entfernte sich das Schiff immer weiter. Ein Sonnenstrahl traf den goldenen Löwen auf dem Achterkastell und brachte ihn zum Glitzern.
    »Sie wird weg sein, ehe wir die Brücke nach Süden erreichen«, wandte Anneke ein, als Ingmar abrupt stehen blieb.
    »Etwas stimmt da nicht«, sagte nun auch er und umklammerte ihre Hand fester. »Sieh nur, das Segel.«
    Anneke sah, dass das Segel schwankte und sich dem Wasser entgegenneigte. So weit, dass selbst sie es als besorgniserregend empfand.
    »Gott erbarme!«, presste Ingmar hervor und schlug die Hand vor den

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